Nord Stream 2 - Ukraine-Krise - Energieabhängigkeit

  • Putin ist es aber völlig wurscht wenn der Westen ihm ein Interessenausgleich bietet.

    Putin will die Ukraine, und er kann da jetzt auch keinen Rückzieher machen.

    Ich glaube, du plapperst ein gängiges Narrativ nach, was in den aktuellen Zeitgeist passt. Bitte überlege doch mal, was man brauchen würde, um ein Land wie die Ukraine a) völlig einzunehmen und b) auch dauerhaft zu besetzen. In der Ukraine wohnen gut 40 M Menschen, sie etwa so groß wie DACH + BENELUX + DK. Die Ukraine hat etwa 200 k reguläre Soldaten, noch einmal 200 k Territoriale Verteidungskräfte (sowas wie die Nationalgarde in den USA) und ca. 200 k Milizen / Reservisten.


    Ex-Militärs wie z.B. Douglas MacGregor sagen, dass man für eine erfolgreichen Angriff etwa eine Übermacht von ca 3:1 braucht. Auch wenn die Milizen nicht dieselbe Kampfkraft haben wie das reguläre Militär ist das Kräfteverhältnis eher umgekehrt 1:3 russische zu ukrainische bewaffnete Kräfte. Somit kann man nicht davon ausgehen, dass es das Ziel war, die ganze Ukraine einzunehnen - dafür war die Streitmacht von Anfang an zu klein ausgelegt. Und die Russische Armee kann man nicht mit der Soviet-Armee vergleichen, deren konventinelles Angriffsszenario war, bis zum Rhein durchzurollen - alleine 500.000 Truppen waren in der DDR stationiert.


    Mit 40.000 Soldaten, die Kiew in die Zange nehmen sollten (850 km2 groß, ca 3 M Einwohner) kann man nicht annehmen, das diese wirklich die Hauptstadt im Häuserkampf einnehmen können. Scott Ritter nimmt an, dass dies ein Manöver war, um ukrainische Truppen im Norden zu binden, um damit Druck aus den Kämpfen im Süden und im Donbas zu nehmen. Stalingrad war von der 6. Armee im Herbst 1942 fast zu 90% erorbert worden. Für diese Aktion hatte man rund 1 Mio Soldaten gebraucht, bevor dann die Einkesselung statt fand. Man kann also nicht wirklich davon ausgehen, dass mit einem Bruchteil dieser Kräfte eine viel größere Stadt eingenommen werden soll.


    Putin will vor allem eine neutrale Ukraine als Pufferzone und das will nicht nur er, sondern das will jede russische Führung, egal welcher Couleur. Das liegt an den fehlenden Bergen Richtung Westen, weil die nordeuropäische Tiefebene von Nordfrankreich, der Niederlande, Norddeutschland, Polen, über Weissrussland und die Ukraine einen Einflugschneise für uneingeladene Truppen darstellen (1941 DE, 1812 FR, 1708 SE, 1610 PL), vgl. mit Tim Marshalls Die Macht der Geographie. Und ich persönlich bin froh, dass noch Putin am Ruder ist und nicht ein Politiker aus dem extrem-nationalem Spektrum, die in Russland recht zahlreich sind und in den letzten 20 Jahren höchst wahrscheinlich gewachsen sind, wenn man die Prognose von George Kennan ernst nimmt.


    "Und vielleicht ist es noch nicht zu spät, um eine Ansicht zu vertreten, die, wie ich glaube, nicht nur die meine ist, sondern auch von einer Reihe anderer Personen geteilt wird, die über umfangreiche und in den meisten Fällen neuere Erfahrungen in Russlandfragen verfügen. Die Ansicht ist, ohne Umschweife gesagt, dass die Erweiterung der NATO der verhängnisvollste Fehler der amerikanischen Politik in der gesamten Nachkriegszeit wäre.

    Es ist zu erwarten, daß ein solcher Beschluß die nationalistischen, antiwestlichen und militaristischen Tendenzen in Rußland anheizen, sich nachteilig auf die Entwicklung der russischen Demokratie auswirken, den Ost-West-Beziehungen wieder die Atmosphäre des Kalten Krieges verleihen und die russische Außenpolitik in eine Richtung lenken würde, die uns ganz und gar nicht gefällt." (New York Times, 1997-02-05) ... und das schreibt einer der Väter der Containment-Politik.


    Gruß,

    Gunnar

    Ist die Wärme kraftgekoppelt, wird die Energie gedoppelt. (Ulli Brosziewski)

  • Wir sollten uns nicht zu Erfüllungsgehilfen der US Interessen machen lassen. Wir brauchen Frieden in Europa und russisches Gas. Um das zu erreichen, müssen wir der Ukraine auch Grenzen aufzeigen: Keine Nato Mitgliedschaft, falls EU Beitritt, dann auch für Russland.

    Inbetriebnahme von Nordstream 2, ein Teil der Erlöse fließt in den Wiederaufbau der Ukraine. Alles ist billiger und besser als ein Dauerkrieg und US Frackinggas.

  • BHKWFiasko ich höre einfach nur Eifersucht von dir. USA darf nicht profitieren, China und Indien darf nicht profitieren. Fakt ist, für jeder Entwicklung, gibt es Gewinner und Verlierer z. B. Bei Corona Krise gab es auch Gewinnern.


    Lass uns mal auf die wesentliche Fokussieren. Dann wird es vieles klar.


    Weil wenn wir das nicht tun und den Aggressor weiter unterstützen, dann können wir vielleicht die Profite von einige Parteien verhindern aber insgesamt mittelfristig werden wir deutlich mehr verlieren. Und nicht nur wir sondern das ganze Welt.

  • Die USA dürfen nicht auf Kosten anderer Staaten profitieren. Aus eigener Leistung heraus darf jeder profitieren. Ich sehe kein Geburtsrecht der wirtschaftlichen Vormachtstellung bei irgendeinem Land - egal welchem.

  • Die USA dürfen nicht auf Kosten anderer Staaten profitieren. Aus eigener Leistung heraus darf jeder profitieren. Ich sehe kein Geburtsrecht der wirtschaftlichen Vormachtstellung bei irgendeinem Land - egal welchem.

    Ich sehe jetzt nicht wo die USA ein Kriegsgewinner wäre.


    Abgesehen davon muss man Putin keine Brücke bauen. Putin hatte schon vor Jahren geschrieben, dass er Russland wieder zu alter größe bringen will.

    Musst doch nur sehen wo er in den letzten Jahren überall eingefallen ist. Bisher ist er auch überall ohne Gegenwehr durch gekommen. Erst jetzt sieht der Westen die Gefahren, wenn sie Putin alles durchgehen lassen.

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  • Die USA schwächen Europa wirtschaftlich und fördern ihre Frackingindustrie


    Der Einfall in Syrien war gewünscht und bestellt.

    Die Krim war extrem grenzwertig

    In der Ukraine wurde Grenzen überschritten

  • Was völlig unterbelichtet wird in der Presse, ist der Umgang Kiews mit der russ. Minderheit.

    Das sehe ich ebenfalls so, allerdings ist das ganze Thema der zahlreichen verschiedenen ethnischen Gruppen dort extrem komplex und die Ukraine hat nicht ganz zu Unrecht befürchtet, dass der Russische Teil der Bevölkerung sich mit Gewalt Vorteile verschafft, so wie es in der Vergangenheit ja immer der Fall war.


    Aber ich stimme Dir zu, dass auch der Umgang der Ukraine verpflichtet war, die Rechte der Einwohner und somit auch der Russen zu schützen. Jedoch ist mir von ernsthaften Versuchen internationale Institutionen ( OSZE, Europarat, EGMR )einzubeziehen nichts bekannt.


    Putin hatte schon vor Jahren geschrieben, dass er Russland wieder zu alter größe bringen will.

    Musst doch nur sehen wo er in den letzten Jahren überall eingefallen ist. Bisher ist er auch überall ohne Gegenwehr durch gekommen. Erst jetzt sieht der Westen die Gefahren, wenn sie Putin alles durchgehen lassen.

    Genau so ist es, erst jetzt wo er massiv und eindeutig Richtung Westeuropa zieht ist die rote Linie überschritten.


    Die Krim war extrem grenzwertig

    In der Ukraine wurde Grenzen überschritten

    Ja auf jeden Fall, allerdings muss auch das aus meiner Sicht nachhaltige unkluge Verhalten der Ukraine sehen, wozu auch die Ausladung des deutschen Bundespräsidenten Steinmeier gehört.


    Wir sollten uns nicht zu Erfüllungsgehilfen der US Interessen machen lassen. Wir brauchen Frieden in Europa und russisches Gas. Um das zu erreichen, müssen wir der Ukraine auch Grenzen aufzeigen: Keine Nato Mitgliedschaft, falls EU Beitritt, dann auch für Russland.

    Inbetriebnahme von Nordstream 2, ein Teil der Erlöse fließt in den Wiederaufbau der Ukraine. Alles ist billiger und besser als ein Dauerkrieg und US Frackinggas.

    Sehr guter Beitrag wie ich finde, schon gar nicht brauchen wir eine Ausweitung des derzeitigen Krieges.

  • Die Ukraine möchte möglichst viele Staaten in diesen Krieg einbeziehen. Aus Sicht der Ukraine sinnvoll, aus unserer Sicht brandgefährlich. Die USA sind weit weg. Das große Geheimnis, wie man optimal profitiert. Keine Flüchtlinge, keine Zerstörung im eigenen Land. Man produziert die Waffen, die man anderen in Rechnung stellt. Und verkauft überteuerte schmutzige Energie. Ganz nebenbei kann sich Sleepy Joe profilieren und die nächsten Wahlen gewinnen. In kriegerischen Auseinandersetzungen punktet der amtierende Präsident.


    Alles überhaupt nicht gut. Und wirklich lösen kann ich es auch nicht. Fehler und Fehlentscheidungen der Vergangenheit haben die heutige Situation erschaffen. Irgendwie muss sie entschärft werden.

  • Ich weiß es leider nicht. Der Westen hat jahrelang russische Sicherheitsinteressen ignoriert. Was wir gerade sehen, ist das Aufbäumen eines schwächelnden Riesen. Solche Dinge können eskalieren - Russland ist eine Nuklearmacht. Und den USA ist die Zerstörung von Teilen Europas egal. Der Ami verkauft seine Schwiegermutter. Wir sollten versuchen, einen Ausgleich zu finden. Weitere Eskalation und Zerstörung bringt nichts.

  • Solche Dinge können eskalieren - Russland ist eine Nuklearmacht. Und den USA ist die Zerstörung von Teilen Europas egal.

    Selbstverständlich verfolgen die USA Ihre Ziele und gehen den Weg des "American Life" und Amerka First. Es wurde auch nie etwas anderes gesagt oder behauptet.


    Es ist leider davon auszugehen, dass wir in Deutschland von einem Atomkrieg am schwersten betroffen sein werden oder anders gesagt, dass wir vernichtet werden.

  • Es ist leider davon auszugehen, dass wir in Deutschland von einem Atomkrieg am schwersten betroffen sein werden oder anders gesagt, dass wir vernichtet werden.

    Kann sich jemand von den älteren Semestern noch an die Friedensdemos Anfang der 1980er Jahre erinnern? Ich war damals ein Pimpf, der in die Grundschule ging. Damals hatte man gegen NATO-Doppelbeschluss und die Installation der Mittelstreckenraketen vom Typ Pershing-II demonstriert. Die Pershings hatten damals schon einen manövrierbaren Wiedereintrittskörper - die heute gehypten Hyperschallwaffen sind nichts anderes: auch klassische ballistische Raketen sind hyperschallschnell, aber heute lässt man sie mit dem aerodynamisch optimierten Gleitkörper länger in der oberen Atmosphäre "fliegen" und damit können sie Abwehrraketen ausweichen. Damit werden die sowieso unzuverlässigen Anti-Raketen-Raketen noch unzuverlässiger. Es wäre billiger gewesen, wenn man einfach den ABM-Vertrag hätte bestehen lassen.


    Ich finde die Schlagzeile der Sun sehr beunruhigend: Niamh Cavanagh: "DARK EAGLE HAS LANDED - US to arm nuclear unit in Germany with 4,000mph ‘Dark Eagle’ hypersonic missiles to ‘blitz Moscow in 21 MINS’" 2021-11-10. Das kann man auch hier und hier nachlesen, aber die Sun hat halt eben die knalligsten Titel. Die FAZ teilt das Dementi der Amerikaner mit: keine Stationierung von Raketen in Mainz-Kastel (Ortsteil von Wiesbaden). Genau: in der Clay-Kaserne wurde nur die Kommandozentrale des reaktivierten Raketenartilleriekommandos plaziert, die Raketen selber sind mobil auf Schwerlastern irgendwo sonst verteilt.


    Der Grund für die Vereinbarung des INF-Vertrages war der, dass die kurzen Vorwarnzeiten im Falle eines Raketenangriffs mit Mittelstreckenwaffen im Rahmen des MAD-Konzeptes für einen Gegenschlag nur sehr wenig Zeit ließ, so dass man dafür automatisierte Systeme brauchte, vgl. mit der Weltvernichtungsmaschine aus Dr. Strangelove. Eine falsch positive Auslösung, die durch beherzten Eingriff von Stanislav Petrov im Jahre 1983 verhindert werden konnte, ist damit leichter möglich. Das mag jetzt zynisch klingen aber die aktuellen Kämpfe in der Ukraine sind sekundär, das ist nur die Spitze des Eisbergs. Viel wichtiger für den Weltfrieden ist, dass sich Russen, Amerikaner und auch Chinesen Abrüstungsvereinbarungen im Segment ABM, INF und konventionelle Streitkräfte einlassen. Bisher sieht es so aus, also ob die Chinesen im aktuellen Tripol der Großmächte als Sieger im strategischen Kräftemessen um die Ukraine darstehen. Wenn Amerikaner sich trotz des angekündigten "Pivot to Asia" noch länger in Europa binden, dauert der Schwenk nach Asien, um dort China mit der Containment-Politik zu beglücken, länger und China hat mehr Freiräume. Das ist auch meine Hoffnung, den heissen Konflikt in der Ukraine demnächst zu beenden: dass die USA ein Interesse entwickeln, ihn bald zu befrieden und nicht noch medienwirksam Öl ins Gegenfeuer gegenüber Russland zu gießen. Das erlaubt, den Fokus von Europa auf Asien zu verlegen. John Mearsheimer hat allerdings eine andere Einschätzung ausgesprochen: Sowohl die USA als auch Russland können sich nicht leisten, die Ukraine-Krise als Verlierer zu beenden, wobei von Russland die Ukraine-Frage als existenzbedrohend angesehen werde und man daher wohl eher bereit ist, in die Vollen zu gehen. Daher werde der Krieg wohl noch länger andauern; er schätze die Auseinandersetzung gefährlicher ein als die Kubakrise.


    Gruß,

    Gunnar

    Ist die Wärme kraftgekoppelt, wird die Energie gedoppelt. (Ulli Brosziewski)