Nord Stream 2 - Ukraine-Krise - Energieabhängigkeit

  • Inbetriebnahme von Nordstream 2, ein Teil der Erlöse fließt in den Wiederaufbau der Ukraine. Alles ist billiger und besser als ein Dauerkrieg und US Frackinggas.

    Nordstream 2 ist erstmal "nur" eine Pipeline, die Teil der europäischen Gasinfrastruktur ist. Der Zweck war vor allem eine kürzere Verbindung der Westsibirischen Gasvorkommen incl. der Jamal-Halbinsel und Abnehmern in Westeuropa, nachdem die Gasförderung im Südural rückgängig ist. Der Umweg von der Arktis ans Kaspische Meer und dann über die Ukraine nach Mitteleuropa ist einfach länger als durch die Ostsee. Vgl. Hans-Jochen Luhmann: Die ungebremst auf uns zukommende Gasversorgungskrise Anfang 2020, 2018.


    Natürlich gibt es auch geopolitische Aspekte, weil dieser natürliche Trend die Ukraine als Transitland schwächt. Das sind nicht nur Einnahmen im Mrd € Bereich für die Ukraine, sondern auch Risikofaktoren wenn sich RU-UK wieder mal nicht über den Gastarif einigen können (UA ist zugegebenermaßen ständig knapp bei Kasse, vgl. mit dem BIP pro Nase - die Ukraine ist das Armenhaus Europas) und dann das mögliche Druckmittel wegfällt, die Gasversorgung zu stören. Es war richtig, Nordstream 2 auf Eis zu legen, weil man sie noch nicht gebraucht hat und weil es das Signal setzt, dass die Transgaz-Pipeline noch gebraucht wird - auch wenn die Bedeutung in den letzten Jahren zurückgegangen ist. Nicht nur wegen Nordstream 1, sondern auch wegen Jamal und auch der TurkStream-Pipeline durchs Schwarze Meer, das einen Teil des Balkans mitversorgt.


    Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Nordstream 2 so schnell aus politischen Gründen eine Betriebserlaubnis erhält, um Erdgas zu transportieren. Was ich mir vorstellen, wäre ggf. im Rahmen eines Zuckerbrot-Pakets die schon mal angesprochene Variante zu realisieren, über Nordstream 2 Wasserstoff in großem Umfang zu liefern. Damit das aber kein Lex Russia wird, müsste man auch eine der Europipes aus Norwegen umstellen und natürlich auch einen Strang durch die Ukraine. Ich habe mittlerweile meine Berührungsängste gegenüber endzulagerdem CO2 oder pyrolisiertem C abgelegt. Wenn man nicht warten will, bis man die Netztechnik und auch die Endverbraucher aus H2-Technik irgendwann in den 30er Jahren umstellen will, weil erst in ferner Zukunft EE-Überschussstrom in der notwendigen Volllaststundenzahl zur Verfügung steht (die kleineren Mengen werden zuerst von CAPEX-armen Alternativen wie E-Autos, Wärmepumpen, E-Heizern etc. aufgenommen) dann kann das die Defossilisierung der Gasnetze beschleunigen. Und wenn das C bzw CO2 gut und sicher gelagert wird, dann ist das auch klimatechnisch eine gute Option.


    Gruß,

    Gunnar

    Ist die Wärme kraftgekoppelt, wird die Energie gedoppelt. (Ulli Brosziewski)