Ölheizung in 1-2 Familienhaus ersetzen

  • Guten Tag Allerseits,


    ich hab mir zunächst mal verschiedene Themen hier durchgelesen, komme wohl aber nicht drum herum, selbst ein Thema dazu zu erstellen. Wir haben letztes Jahr ein altes Haus gekauft. Die Ölheizung wird noch ein paar Jahre ohne Probleme laufen, aber noch in diesem Jahrzehnt hatten wir definitiv vor, diese auszutauschen. Wenn ich mir aber die derzeitige Entwicklung anschaue, habe ich als Laie das Gefühl, dass sich eine Umrüstung in unter 10 Jahren amortisiert.


    Und jetzt sitze ich hier und lese mich in die verschiedenen Möglichkeiten ein und bin ein wenig überfordert. Einiges scheint bei Altbau ja schon wenig Sinn zu machen, aber dann hörts auch schon auf. Ich vermute, es läuft auf Pellets hinaus. Dann bin ich aber wieder auf diese Preisentwicklung angewiesen. Am Liebsten wäre mir eine Brennstoffzellenheizung und würde dann wohl noch Photovoltaik benötigen, um an meinen Wasserstoff zu kommen, da wir keinen Gasanschluss besitzen und auch erstmal nicht kommen wird.


    Hier die Daten, über ein paar Ideen würde ich mich freuen.



    Verbrauchsdaten

    Jährlicher Stromverbrauch: 3500kWh

    Jährlicher Brennstoffverbrauch: 3200l Öl


    Derzeitige Heizung

    Energieträger der Heizung: Öl

    Alter und Typ der der Heiztechnik: 1997 Ölzentralheizung

    Ist bereits eine Solarthermie vorhanden: Nein

    Vorhandener Heizungspufferspeicher und Größe: Nein

    Art der Warmwasserbereitung und Vorratsvolumen: Warmwasserspeicher

    Gibt es ein besonderes Strom-/Wärmeverbrauchsverhalten: meine Frau hats gerne warm. 😅

    Hydraulischer Abgleich durchgeführt: Nein

    Temperaturen der Heizkreise:

    Art der Heizkörper: Plattenheizkörper


    Immobilie und Rahmendaten

    Beheizte Fläche, Anzahl Bewohner: 170m2, 4

    Art und Baujahr der Immobilie: 1900, Anbau 1970

    Erfolgte Modernisierungen: Fenster

    Weitere geplante Modernisierungen: Dach dämmen

    Zweiter Abgasstrang für BHKW frei:

    Erdgasanschluss vorhanden oder möglich: Nein

    Zusammenschluss von Nachbarhäusern möglich: weiß ich nicht

  • Moin Hans,


    um hier einen besseren Rat geben zu können, fehlen noch die Heizkreistemperaturen. Aber mit den vorhandenen Daten lässt sich schon jetzt folgendes sagen:


    1) Mit einem Stromverbrauch von 3.500 kWh lässt sich keine Brennstoffzelle (und auch keine andere KWK-Lösung) wirtschaftlich betreiben. Also vergiss KWK. Wenn Du eigenen Strom erzeugen möchtest, empfehle ich Dir eine PV-Anlage aufs Dach zu legen, sobald das (angesichts der bevorstehenden Dachdämmung) möglich ist. Um zukunftsssicher zu sein, sollte die PV so groß werden wie die geeigneten Dachflächen hergeben. Ein Stromspeicher dürfte sich dagegen bei Dir erst mal kaum rechnen: Wenn Du ihn nicht fertig installiert für weniger als 5.000 EUR brutto kriegst, lass' ihn weg. Das dadurch gesparte Geld solltest Du besser in die energetische Sanierung des Gebäudes investieren. Und auch das mit dem Wasserstoff würde ich an Deiner Stelle erst mal vergessen. Bis es für Privathaushalte geeignete und auch wirtschaftlich einsetzbare H2-Anlagen gibt, werden bestimmt noch eher zwanzig als zehn Jahre ins Land gehen, und und niemand weiß ob es für die langfristige Energiespeicherung in EFH bis dahin nicht auch bessere Systeme gibt als H2.


    2) Nach Deinen Angaben verbraucht Ihr derzeit 3.200 l Öl für 170 m2. Umgerechnet ergibt das einen Energieverbrauch von 190 kWh/m2. Selbst wenn man annimmt, dass der Ölkessel nur auf 80% Wirkungsgrad kommt, wären das immer noch mehr als 150 kWh/m2 Wärmeverbrauch. Das ist gut für Putin, aber schlecht fürs Klima und zu aktuellen Energiepreisen auf die Dauer nicht bezahlbar. Ich würde Dir deshalb empfehlen, mit Hilfe eines Energieberaters ein Sanierungskonzept für das Gebäude aufzustellen: Das Dach dämmen ist schon mal gut, aber vermutlich gibt es noch weitere sinnvolle Maßnahmen zur Absenkung des Wärmeverbrauchs. Erst wenn der Wärmeverbrauch und die Heizkreistemperaturen im sanierten Zustand bekannt sind, sollte über Art und Dimensionierung des zukünftigen Wärmeerzeugers nachgedacht werden.


    Gruß, Sailor

    Viessmann Vitotwin 300-W (1 kWel, 6 kWth) seit 2012

    PV-Anlage 8,45 kWp (65 x Solarworld SW 130poly Ost/Süd/West, SMA 5000 TL und 3000) seit 2010

    Solarthermie Viessmann Vitosol 300 Vakuumröhren 13,8 qm (Vorgänger Flachkollektoren 14 qm 2004-2021, davor 8 qm 1979-2003)

  • Sailor hat gut zusammengefasst. Ich kann ihm nur zustimmen.


    Mit 3500 kWh hast du vermutlich momentan einen Stromkosten von etwa 1000€/Jahr (angenommen 0.30€/kWh). Eine Brennstoffzellenheizung hat allein eine Vollwartungskosten von mindestens 600€/Jahr und mindestens 336€ Brennstoffkosten (angenommen 80% Wirkungsgrad und 0.08ct/kWh Brennstoffkosten). Damit hast du im Papier eine ersparnis von 66€/Jahr.


    Mit diesem Ersparnis muss du folgende Kosten decken:

    1. Abweichung in deine Verbrauchsverhältnisse gegenüber Stromproduktion aus der BSZ

    2. Initialkosten für die Anlage (BSZ, Spitzenlastkessen, Installation)

    3. Unsicherheit über die Wartungskosten nach 10 Jahre Betrieb


    Also, keine Chance. Auch mit ein Paar Elektrowagen nicht.


    Generell hast du Recht, im Moment für alte, nicht gut isolierte Immobilien sieht Biomassheizung (Pellets) als die einzige Möglichkeit zu sein. Aber Mittel bis langfristig denke ich, wird es PV+Wärmepumpe mit Energetische-Sanierung als einzige sichere Option ergeben.

  • Biomassheizung (Pellets) als die einzige Möglichkeit

    langfristig passen sich die Pelletspreise auch an. Aktuell liegen sie bei €380/Tonne, was fast das doppelte ist von vor einem Jahr. (April 2021 €190)

    Das einzige was mittel- und langfristig spürbare Entlastung bringt ist PV+WP |__|:-)

    Lesen gefährdet die Dummheit! Denken gefährdet Vorurteile!
    Der geistige Horizont mancher Menschen hat einen Radius von NULL. Das nennen sie dann Standpunkt.

  • Danke. Ja, so in etwa habe ich es mir fast schon gedacht. Aber bzgl WP habe ich jetzt schon oft gelesen, dass das in einem Altbau schwierig wird. Wir haben weder Fußbodenheizung noch wollte ich 3x mehr Heizkörper anbringen.

  • Danke. Ja, so in etwa habe ich es mir fast schon gedacht. Aber bzgl WP habe ich jetzt schon oft gelesen, dass das in einem Altbau schwierig wird. Wir haben weder Fußbodenheizung noch wollte ich 3x mehr Heizkörper anbringen.

    Ja das stimmt. Wenn man aber eigene PV Anlage hat, dann die Stromversorgung kann darüber laufen. Tagsüber kann man die Wärmespeicher für Abends voll machen.


    Schwierig wird es im Winter wenn man die Heizung am meistens braucht und es gibt nicht genug Sonne. Dann kann man entweder traditionell mit Pellets (oder Fossilen-Rohstoffen) die Paar Monate überbrücken oder das Haus soweit isoliert dass, die Mehrkosten für die niedrige COP oder gar Heizung mit der eigebauter Heizpatrone (COP=1.0) in diese Zeit im Kauf nehmen kann.

  • Heizpatrone ist schon etwas pervers. Wenigstens eine Warmwasser-Wärmepumpe wäre gut.


    Was ich machen würde: Solar + Brauchwasserwärmepumpe. Das kannst Du so lassen, wenn die Gebäudehülle optimiert wird.


    Ich würde noch eine Batterie ergänzen, das bringt eine gewisse Absicherung bei Stromausfällen. Je mehr Erneuerbare, desto weniger Versorgungssicherheit. UND: Der Kühlschrank läuft dann weiter, die Gefriertruhe taut nicht auf. Alles irgendwie sexy.


    Wenn die Gebäudehülle optimiert ist, dann möglicherweise sogar eine Wärmepumpe für die Heizung.


    Dach dämmen ist möglicherweise sehr gut als Eigenleistung möglich. Gerade die Dämmung einer Geschossdecke ist sehr einfach zu realisieren.


    Schönes Beispiel: Wir haben bei meinen Eltern die Geschossdecke gedämmt. Das hat 30% Energie eingespart. Wir konnten das mit 25x50 Hölzern aus einem Abbruch und MiWo sehr günstig realisieren. Nur MiWo und OSB Platten mussten gekauft werden. Innerhalb von 3 Jahren war die Maßnahme wirtschaftlich.


    Vor der Sanierung lagen auf der Decke als Dämmung 50mm Styroporplatten (!!!)

    3 Mal editiert, zuletzt von BHKWFiasko () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von BHKWFiasko mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • Als Heizpatrone, meinte ich die Heizpatrone die in vielen Wärmepumpe eingebaut sind. Die schaltet sich an wenn das Gerät die nötige Leistung nicht mehr liefern kann.

  • Direktheizung mit Strom ist – wenn es um mehr als ein paar Dutzend kWh im Jahr geht – extrem teuer und klimaschädlich. Da wäre mir ein Kachelofen (ggf. mit Wärmetasche) als Backup lieber.


    Zum Thema Wärmepumpe im Altbau: Das Problem liegt nicht am Alter des Gebäudes, sondern an den meist zu hohen Vorlauftemperaturen (die sind Gift für den Wirkungsgrad der WP) und am hohen Wärmeverbrauch wegen schlechtem energetischem Zustand. Beides zusammen ist für Klima wie Geldbeutel eine Katastrophe.


    Die Good News sind, dass man durch energetische Sanierung des Gebäudes beide Probleme gleichzeitig beseitigen kann: Die Heizkörper sind auf den hohen Wärmebedarf des unsanierten Zustandes ausgelegt. Wenn die Räume weniger Wärme verlieren, kann man bei gleichen Heizkörpern die Vorlauftemperatur absenken und hat's trotzdem warm. Natürlich, wenn die HK noch gusseiserne Monster von Anno Tobak sind, sollte man die gegen gleich große moderne HK mit höherer Leistung austauschen, das gibt (zusammen mit einem hydraulischen Abgleich) noch mal Spielraum um die VLT abzusenken. Dann kann auch im Altbau eine Wärmepumpe unter vernünftigen Bedingungen betrieben werden. Aber in einem unsanierten Bestandsgebäude einfach den Heizkessel gegen eine Wärmepumpe zu tauschen wird in der Mehrzahl der Fälle zum Desaster.

    Viessmann Vitotwin 300-W (1 kWel, 6 kWth) seit 2012

    PV-Anlage 8,45 kWp (65 x Solarworld SW 130poly Ost/Süd/West, SMA 5000 TL und 3000) seit 2010

    Solarthermie Viessmann Vitosol 300 Vakuumröhren 13,8 qm (Vorgänger Flachkollektoren 14 qm 2004-2021, davor 8 qm 1979-2003)

  • Ergänzung

    Die Heizkörper im Altbau sind auf die hohe Heizleistung bei Kälte von Anno dazumal ausgelegt. Heute wird es nicht mehr so kalt und es gibt immer Phasen im Jahr mit geringerem Heizbedarf, wo die Vorlauftemperatur einer WP ausreicht. Gleichzeitig kann man in dieser Zeit auch mit PV viel für die WP beisteuern.

    und :
    man kann mit PV und WP auch den Rücklauf anheben, damit weniger Brennstoff verbraucht wird.

    Lesen gefährdet die Dummheit! Denken gefährdet Vorurteile!
    Der geistige Horizont mancher Menschen hat einen Radius von NULL. Das nennen sie dann Standpunkt.