Hallo,
Nach etwas mehr als einem Jahr Erfahrung mit dem Vitotwin möchte ich kurz unsere Erfahrungen mit dem Gerät schildern.
Das Gerät wurde im Frühjahr 2013 installiert, ging Anfang Mai vollständig in Betrieb und ersetzte unsere mehr als 20 Jahre alte Gastherme. Seid dem hat der Vitotwin etwa 6500kWh Strom produziert und zuverlässig unser Haus und das Trinkwasser erhizt. Zusammen mit unserer 3kWp PV-Anlage schaffen wir es zwischen 70 und 80% unseres Stromverbrauchs selber abzudecken (ohne Stromspeicher). Unser jährlicher Stromverbrauch liegt bei etwa 8000kWh. Verbaut wurde ein Set aus Vitotwin 300-W mit Vitocell 340-M (750 liter) und 3 Divicon Heizkreismischern.
Installiert wurde das Gerät von einem verwandten Heizungsinstallateur der vorher noch keinerlei Erfahrungen mit BHKW's oder Geräten der Firma Viessmann hatte. Da er sich für die neue Technik interessierte nahm er den Auftrag dennoch an. Durch das gute verwandtschaftliche Verhältnis zum Installateur bekamen wir auch Rückmeldung über seine Erfahrungen bei diesem Projekt, womit wir schon bei dem ersten Kritikpunkt sind ... die technische Beratung von Viessmann. Im nachhinein erscheint uns die Beratung von Viessmann etwas zu sehr auf Umsatz und Profit ausgelegt und weniger Kundenorientiert. So wurde uns z.B. eine externe 230V Erweiterung verkauft von der wir bis heute nicht Wissen wozu das Ding uns nützlich sein soll und im Kellerregal verstaubt. Außerdem wurde uns ein Funkrepeater für die Fernbedienung verkauft den wir aber auch nicht nutzen, da die Reichweite der Fernbedienung auch so völlig ausreichend für unsere Räumlichkeiten ist.
Um das Gerät überhaupt bei uns einbauen zu dürfen musste unser Installateur auch noch eine extra Vitotwin Schulung bei Viessmann absolvieren was ja an sich völlig richtig und verständlich ist. Allerdings bezog sich die Schulung wohl mehr auf die Brennwerttherme und ging nur am Rande und eher oberflächlich auf die Besonderheiten eines KWK-Gerätes ein. Gerade mit Blick auf die umständliche und eher schlecht dokumentierte Steuerung des Gerätes sollte Viessmann hier vielleicht nachbessern.
Die Installation des Gerätes verlief unproblematisch und reibungslos innerhalb von 5 Werktagen wobei auch noch der hausseitige Wasseranschluss erneuert wurde. Lediglich die Enthärtung des Heizungswassers dauerte recht lang da in der alten Heizungsanlage offensichtlich noch viel Wasser stand welches erst durch mehrmaliges Umwälzen (mit Hilfe einer Bohrmaschinenpumpe) durch die extra mitgekaufte Enthärteanlage von Viessmann auf die fast unmessbaren 0,1°dH reduziert werden konnte.
Die Inbetriebnahme durch den Viessmann Mitarbeiter verlief ebenfalls Reibungslos bis auf die Codierungsschalter (Dip Schalter) am Netzteil, deren Stellung in der Anleitung falsch oder zumindest unklar abgebildet sind und so zu Fehlermeldungen und einem nichtstarten des Stirlings führten.
Der Viessmannmitarbeiter war sehr freundlich und kompetent schien aber mit detalierten Fragen bezüglich der Steuerung ebenfalls leicht überfordert und konnte uns da nicht wirklich weiterhelfen.
Im Betrieb erzeugt das Gerät ein deutlich hörbares Brummen. Daher kann ich es nur Leuten empfehlen die über einen Keller verfügen. Ohne Keller sollte der Heizungsraum schon sehr gut Schallisoliert sein um es akustisch vom Rest der Etage zu isolieren. Der Körperschall wird durch die Aufhängung sehr gut gedämpft. Obwohl das Gerät bei uns an einer Kellerwand hängt, die direkt unter unserem Wohnzimmer verläuft, ist es im Wohnzimmer nicht hörbar.
Im Winter hat der Stirlingmotor drei mal wegen Gehäuseübertemperatur abgeschaltet. An diesen Tagen lagen die Außentemperaturen allerdings unterhalb von -15°C und der Stirling und der Brennwertkessel liefen wohl nahe der Volllast bei Vorlauftemperaturen jenseits der 70°C (Radiatorenheizung). Scheinbar ist das thermische Design auf so ein Szenario nicht ausgelegt, denn irgendwo zwischen 65 und 70°C Gehäusetemperatur scheint der Striling abzuschalten.
Die Steuerung des Gerätes scheint auf einen technisch unversierten und sehr komfortorientierten Betreiber/Besitzer ausgelegt, der es einmal vom Fachmann einstellen lässt und sich dann nicht mehr damit beschäftigt so lange es im Haus warm wird und irgendwie Strom rauskommt.
Leider passe ich nicht ganz in diese Zielgruppe, weshalb mein größter Kritikpunkt auch die undurchschaubare, schlecht dokumentierte und starre Steuerung ist. Es ist ja schön das sich das Gerät, angeblich selbstlernend, an meinen Wärmebedarf anpasst und wäre es eine reine Brennwerttherme wäre das auch absolut akzeptabel und wünschenswert. Der Vitotwin ist aber keine reine Brennwerttherme, sondern ein Stirlingmotor mit Zusatzbrenner, und das scheint Viessmann nicht zu berücksichtigen. Wer sich so ein Gerät anschaft will damit möglichst viel Strom für den Eigenbedarf erzeugen und nebenbei noch Heizen und warmes Wasser haben.
Viele, aus meiner Sicht wichtige Einstellungen, sind gar nicht möglich. Gerade was das verhalten des Zusatzbrenners betrifft kann man einfache Dinge gar nicht einstellen. Wie z.B. das der Zusatzbrenner erst unterhalb einer bestimmten Außentemperatur aktiviert wird oder auch bei welchen kriterien der Zusatzbrenner wieder deaktiviert wird.
Dafür gibt es dann völlig unsinninge Einstellungen, bei denen man sich fragt wer sowas braucht.
Beispiel Speichertemperaturregelung (bei uns S.163 der Montage- und Serviceanleitung):
Zitat„Erst'Lad. Stirl', Zu'br sonst“
Zur ersten Trinkwassererwärmung des Tages wird nur der Stirling-Brenner freigegeben. Nur bei einer Störung am Stirling-Brenner wird der Zusatzbrenner freigegeben. Bei jeder weiteren Trinkwassererwärmung des Tages wird nur der Zusatzbrenner freigegeben (außer, wenn der Stirling-Brenner bereits in Betrieb ist).
Welcher Kunde stellt denn sowas bei diesem Gerät ein?! Wenn ich Warmwasser brauche bin ich vermutlich zu Hause und verbrauche dann auch Strom. Mir will kein Szenario einfallen bei dem diese Funktion irgendeinen Vorteil für einen Kunden haben könnte.
Überhaupt ist der größte Teil der Anleitung ziemlich nichtssagend. Die Tabelle mit den ganzen Funktionen ist zwar vollständig aber da steht größtenteils nur das drin was schon auf der Fernbedienung steht. Bei vielen Funtionen fehlt eine Beschreibung, außer bei den ganz einfachen Sachen wie z.B. die Heizkurveneinstellung.
Um das Ganze mal auf den Punkt zu bringen. Uns ist es sehr schwer gefallen eine vernünftige Einstellung zu finden die halbwegs gut unseren Wärme- und Strombedarf abdeckte, unter Berücksichtigung der Stromerzeugung unserer PV-Anlage und Minimierung der Laufzeiten des Zusatzbrenners. Gerade den Zusatzbrenner müssen wir im Sommer immer manuell deaktivieren weil das Ding sonst wild an und aus geht und die Laufzeiten vom Stirling versaut. Das könnten wir zwar über andere Menüpunkte für den Sommer einstellen und optimieren aber dann passt es wieder nicht im Winter.
Fazit:
Trotz der schlechten Steuerung bereuen wir den Kauf des Vitotwin nicht. Das Gerät scheint gut verarbeitet zu sein und alle Teile machen einen qualitativ hochwertigen Eindruck. Sorgen machen mir die teilweise schlechten Erfahrungen anderer Leute mit Defekten am Stirling. Ich hoffe unser Gerät schafft mindestens die 50000 Stunden auf die der Stirlingmotor ausgelegt sein soll, denn die Mehrinvestition gegenüber einer einfachen Brennwerttherme soll sich ja auch rechnen.
Ob ich mir das Gerät mit meinem heutigen Wissen noch einmal kaufen würde weis ich ehrlich gesagt nicht so genau. Auf jeden Fall würde ich mich mehr über alternative Geräte informieren die evtl. bessere Einstellungsmöglichkeiten in der Steuerung bieten. Daher kann ich den Vitotwin für technisch versierte Benutzer mit PV-Anlage nur bedingt empfehlen.
Wer allerdings auf der Suche nach einem hochwertig verarbeiteten Gerät zur komfortablen Beheizung des Hauses ist und nebenbei noch die Stromrechnung drücken will ohne besondere Ansprüche an die Steuerung ist mit dem Vitotwin gut bedient. Was das reine Heizen angeht ist die Steuerung gut zu gebrauchen und machts was sie soll.