Wie gesagt: Alle diese Sachen stammen aus dem Jahr 1990. Damals war Putin noch ein KGB-Beamter im höheren Dienst. Was immer damals vielleicht gesagt wurde, ist jedenfalls insoweit gegenstandslos als später im Rahmen der NATO-Russland Grundakte davon abweichende Vereinbarungen getroffen wurden. Soweit ich weiß enthält dieser Vertrag kein Verbot einer NATO-Osterweiterung, und nur zwei Jahre nach dem Unterzeichnen dieses Vertrages sind Polen und andere Ex-WP-Länder der NATO beigetreten. Dass man in Russland nicht schon im Jahr 1997 davon wusste, halte ich für ausgeschlossen (die Verhandlungen liefen über Jahre). Wenn das also für Russland dermaßen wichtig war (warum eigentlich?), hätte man es ja in die Grundakte hineinverhandeln oder deren Unterzeichnung ablehnen können. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass von Russland nach dem NATO-Beitritt Polens etc. lautstarke Proteste oder gar Vorwürfe eines Vertragsbruches gekommen wären. Wenn man das also 1999 nicht gemacht hat (und zwar einfach, weil es dafür keine Begründung gegeben hat), dann braucht man uns heute erst recht nicht damit zu kommen. Das ist alles nur Propaganda und sonst nix.
Dass die Ukraine den Wunsch geäußert hat der NATO beizutreten, hat nur einen einzigen Grund, nämlich dass die Ukraine Angst vor Russland hat. Und jetzt soll bloß keiner sagen, dass es dafür keinen Anlass gebe. Ob sich die NATO damit einen Gefallen tun würde, die Ukraine aufzunehmen und sich damit diesen Konflikt ans Bein zu binden, ist eine andere Frage und wurde von Deutschland und anderen NATO-Staaten schon längst negativ beantwortet.
Aus exakt dem gleichen Grund kann ich sogar verstehen, dass ein hypothetischer NATO-Beitritt der Ukraine für Russland ungemütlich wäre, so lang dort ungelöste territoriale Konflikte existieren. Die Antwort auf diese Frage kann eigentlich nur (nach Lösung der territorialen Probleme z.B. durch UN-kontrollierte demokratische Referenden) eine Neutralitätserklärung der Ukraine sein, nach dem Vorbild beispielsweise von Österreich oder Finnland. Nur müsste diese Neutralität von Schutzmächten garantiert werden. Und damit sind wir "back to square one", denn welchen Wert eine russische Schutz - und sogar Freundschaftsgarantie unter Putin hat, wurde ja soeben anschaulich demonstriert.
Übrigens, wenn wir uns hier schon mit ollen Kamellen aus den frühen 90ern beschäftigen: Was ist eigentlich mit den Garantien (einschl. territorialer Integrität), die Russland der Ukraine (ich glaube 1993) anlässlich deren Auslieferung der sowjetischen Atomwaffen gegeben hat? Soweit ich weiß waren die nicht gerüchtweise von irgend jemand vor sich hin gemurmelt, sondern hochoffiziell schriftlich und mit heiligen Eiden besiegelt. Hätte die Ukraine die Atomwaffen damals stattdessen einfach behalten, könnte sich die dortige Regierung jetzt aufführen wie Kim Jong-Un in Nordkorea und niemand würde ihr etwas tun, auch nicht Russland. Man möge doch bitte hier nicht ausgerechnet Russland als den stets von allen Verratenen darstellen.
(Ich sollte hier gerechterweise nicht immer "Russland" schreiben, sondern "Putin" bzw. "das in Russland herrschende Regime". Ich bitte meine Ausführungen in diesem Sinne zu lesen.)