Das bidirektionale Laden ist m.E. nur für Menschen geeignet, die 1) eigenen Strom in ausreichender Menge günstig erzeugen (PV-Anlage, BHKW oder BlueGen) und 2) einen Arbeits- und Lebensablauf haben, der ein Laden des Autos zu den Zeiten ermöglicht, wo viel (überschüssiger) Strom da ist. Das dürfte die meisten Pendler-Autos, sowie z.B. alle Außendienstler, die mit dem Auto regelmäßig tagsüber unterwegs sind und hohe jährliche Fahrleistungen erreichen, schon mal ausschließen.
Zukünftig könnte es auch die Möglichkeit geben, in Zeiten von EE-Überschussproduktion (z.B. tagsüber am Arbeits- oder P&R-Platz, oder nachts zu Hause) günstigen Bezugsstrom zu laden. Aber das bringt nur was, wenn der Strom zu diesen Zeiten weniger als – sagen wir – 10 ct/kWh kosten würde. Um das zu erreichen, müsste dieser Strom von Steuern, Umlagen und Netzgebühren weitgehend befreit werden. Bis wir so weit sind, wird es noch einige Jahre dauern. Bis dahin nützt das bidirektionale Laden wohl nur Menschen, deren E-Auto meistens zu Hause herumsteht, weil sie es hauptsächlich für Einkaufsfahrten etc. sowie gelegentliche Fernfahrten nutzen ("Pensionärs-Auto"), und das mit Überschuss-Strom aus einer PV-Anlage o.dgl. regelmäßig auf 80% geladen werden kann.
Die Zusatzbelastung für die Batterie hält sich m.E. in Grenzen. Probiert man das Autarkie-Tool für einen Standardhaushalt mit 4.000 kWh Stromverbrauch, 6 kWp PV-Anlage und 20 kWh nutzbarer Batteriekapazität (mehr erlaubt das Tool nicht, aber mehr sollte man beim bidirektionalen Laden auch nicht einstellen), so könnte der Haushalt neben 1.360 kWh Direktverbrauch weitere ca. 1.760 kWh Strom aus der Autobatterie beziehen. In der Praxis wird es weniger sein, weil das Auto ja nicht immer zum Entladen zur Verfügung steht und die Nutzung als Stromspeicher im Winter mangels Leistung aus der PV-Anlage eingeschränkt ist. Aber angenommen dieser Haushalt hätte einen VW ID.4 mit einer 77 kWh Batterie, dann entsprechen 1.760 kWh einer Batteriebelastung von ca. 23 zusätzlichen Zyklen bzw. (bei 17,6 kWh/100 km) einer zusätzlichen Fahrstrecke von 10.000 km im Jahr. Berücksichtigt man dabei, dass sich das bidirektionale Laden und Entladen i.d.R. in dem für die Batterie schonendsten Bereich zwischen 20% und 80% Kapazität abspielen dürfte (und die Tatsache, dass ein Auto mit dem genannten Nutzerprofil definitionsgemäß keine hohen jährlichen Fahrleistungen hat), dann sollte die Batterie trotz bidirektionalem Laden jedenfalls so lang halten wie das Auto.