Brennstoffzellen für Mehrfamilienaltbau

  • Hallo zusammen,

    Ich bin neu hier, aber schon seit einigen Wochen fleißig am mitlesen. Daher vielen Dank für all die tollen Beispielrechnungen und Erläuterungen.


    Als Vorsitzender unserer kleinen Wohnungseigentümergemeinschaft mit sechs Wohneinheiten habe ich die ehrenvolle Aufgabe mich mit dem Thema Zentralheizung vs. Etagenheizung auseinander zu setzen. Da es sich um einen denkmalgeschützten Altbau handelt, ist das mit der Fasadendämmung so eine Sache und daher auch mit dem Energiebedarf fürs Heizen. Zudem steht bei zwei Parteien ein Thermentausch an. Dabei ist mindestens der Wechsel von Heiz- auf Brennwert-Etagenheizungen geplant (auch wenn sich das aktuell mit den alten Gussradiatoren nur bedingt lohnt, aber die werden ggf. Auch noch getauscht.)


    Da der Eigentümer mit den Elektroheizungen keinerlei Wasserkreislauf hat, wäre es für ihn interessant, in wie weit sich die Bedarfe mit einer Stromerzeugungen Heizung decken lassen.


    Insbesondere die Brennstoffzellenheizung ist für uns wegen des hohen Förderanteils und der geringeren Geräusche interessant (im Souterrain neben dem potentiellen Heizraum ist eine Wohnung), da wir dann - wenn ich den Energieberater richtig verstanden habe - darüber auch die Zusammenlegung der Heizkreisläufe fördern lassen können, sowie die Erneuerung der elektrischen Anlage (was ebenfalls ansteht, da In zwei Wohneinheiten alles über eine Phase läuft =O, die Zähler in den Wohnungen liegen, die Steigleitungen unterdimensioniert sind, ... ) Außerdem gibt es bei uns in der schwäbischen Landeshauptstadt noch ein paar extra Euro Förderung für die Einführung von KWK-Anlagen, sowie die Einrichtung von Zentralheizungen. Pro WE 1500 Euro für das Zusammenlegen der Heizung und 6000Euro für die Errichtung einer KWK-Anlage. In wie weit das mit welchen Förderungen kombinierbar ist, klärt die Energieberatung.


    Zudem bin ich bzgl. Zentralheizung auch immer wieder auf das Thema Legionellen - und vor allem auch auf die Legionellenprüfung und die damit verbundenen wiederkehrenden Kosten gestoßen. Da fast alle Wohneinheiten eigentümerbewohnt sind, lässt sich das daher auch nicht angenehm auf die Mieter umlegen. Deshalb: in wie weit kann bei deiner Brennstoffzellenheizung mit Wärmeübergabestationen für Heizung, vor allem aber für Warmwasser gearbeitet werden?


    Wie sollte man bestenfalls den Warmwasserspeicher dimensionieren? Da die Mehrzahl der Eigentümer für sich selbst investieren, sollte es für komfortables Duschen und ggf. Auch Baden ausreichen. Meine Rechnung war für Mieteinheiten bislang die Faustregel: 45 Liter*WE*2,5(Pers. p. WE)*0,7. das würde in unserem Fall 472,5 also ca. 500 Liter machen. Aber ist das plausibel? Vom Gefühl wäre ich eher bei 800 Litern. Insbesondere bei einer Brennstoffzellenheizung, die auf Wärmeerzeugung gesteuert wird und damit das halbe Jahr vorrangig Dusch- und Badewasser produzieren soll?


    Und: mit welchen Vorlauftemperaturen kann man eine Brennstoffzellenheizung noch effizient fahren? Wie gesagt, im ganzen Haus dürfte es noch etwa 40 bis 50 alte Gussradiatoren haben. Deutlich unter 60 Grad sollten wir also nicht gehen.


    Und bevor jetzt eines der Nordlichter (also alles ab Hessen) verächtlich über Schwaben lästert: ja ihr habt recht :saint: Die schwäbische Sparsamkeit hat zugeschlagen. In all ihren Formen, Farben und Facetten. ;)


    Aber hier zum Steckbrief:


    Verbrauchsdaten

    Jährlicher Stromverbrauch: ca. 25.000 kWh (ohne Elektroheizung)

    Jährlicher Brennstoffverbrauch: ca. 90.000 kWh (Gas)


    Derzeitige Heizung

    Energieträger der Heizung: 5x Gas, 1x Strom

    Alter und Typ der der Heiztechnik: 4x Heizwerttherme bj. Zw. 2000 bis 2013, 2x Gaseinzelofen bj. 95, 1 WE mit Nachtspeicherofen

    Ist bereits eine Solarthermie vorhanden: nein, könnte aber, Flachdach.

    Vorhandener Heizungspufferspeicher und Größe: nein

    Art der Warmwasserbereitung und Vorratsvolumen: aktuell jede Wohnung eigenständig, meist zwei Badezimmer, ( Bad1 über Etagenheizung WW, Bad2 mit Elekto-Durchlauferhitzer oder Gasboiler)

    Gibt es ein besonderes Strom-/Wärmeverbrauchsverhalten: Altbau mit mittelmäßiger Fassadendämmung, eine Wohneinheit mit Stromheizung.

    Hydraulischer Abgleich durchgeführt: nein

    Temperaturen der Heizkreise: meist 60-70 Grad

    Art der Heizkörper: meist Gussradiatoren, keine Fußbodenheizung oder derlei Schnickschnack


    Immobilie und Rahmendaten

    Beheizte Fläche, Anzahl Bewohner: 4x135qm+1x165qm+1x45qm=750qm

    Art und Baujahr der Immobilie: 1900

    Erfolgte Modernisierungen: Dach isoliert, Fenster teilweise einfachverglast, teilweise Isolierverglasung

    Weitere geplante Modernisierungen: Fenster, Hauselektrik erneuern,

    Zweiter Abgasstrang für BHKW frei: insgesamt 8 Kamine im Haus vorhanden, zwei Kamine aktuell von 4 Heizwertthermen belegt, 2 weitere von den Gaseinzelöfen.

    Erdgasanschluss vorhanden oder möglich: ja

    Zusammenschluss von Nachbarhäusern möglich: nicht gewünscht.


    Weitere Fragen? Gern her damit!


    Ansonsten freue ich mich sehr auf eure Antworten, Einschätzungen und wie schnell ihr meiner Wohnungseigentümergemeinschaft die fixe Idee wieder ausreden könnt :)


    Viele Grüße und Danke vorweg!

  • Moin,


    ich fühle mich für die Gesamtbeurteilung Deines Projektes nicht kompetent, kann aber vielleicht ein paar Informationen beisteuern.


    Zunächst mal geht es bei einer Brennstoffzelle nicht in erster Linie um die Heizung, sondern um die Stromerzeugung. Deswegen ist die thermische Leistung einer BZ eher gering und reicht zur Beheizung eines 750 qm Gebäudes nicht mal ansatzweise aus.


    Beispiel: Bei einem Stromverbrauch von 25.000 kWh könnte man (mal losgelöst von der Frage ob sich das rechnet) zwei BlueGen Brennstoffzellen installieren. Die würden ganzjährig mit 2x1,5 kW durchlaufen und dann zusammen ca. 26.000 kWh Strom, aber nur knapp 15.000 kWh Wärme erzeugen, d.h. ca. 40 kWh Wärme am Tag. Das reicht, um ca. 700 Liter Wasser von 10°C auf 60°C zu erwärmen. Die Warmwasserversorgung könnte damit vsl. ganzjährig gesichert werden, aber für die Beheizung des Gebäudes müsstet ihr euch etwas anderes ausdenken: Entweder die Modernisierung der Etagenthermen oder halt doch eine Zentralheizung mit Brennwerttherme.


    Was die Förderung betrifft: Brennstoffzellen werden von der KfW gefördert, und zwar mit 6.800 EUR plus 550 EUR je angefangene 0,1 kW(el). Für 3 kW(el) würde es also EUR 23.300 geben, gedeckelt auf 40% der Gesamtkosten. Dass eine Zusammenlegung von Heizkreisläufen bei der KfW-Förderung mit berücksichtigt werden kann, halte ich für zweifelhaft. Es wäre aber auch erst dann von Bedeutung, wenn die Installation von Brennstoffzellen + Speicher in dem Beispiel weniger als (23.300/0,4=) 58.250 EUR kosten würde, so dass noch nutzbares Fördervolumen verbleibt. Eine Sanierung von Stromleitungen im Haus über die BZ-Förderung zu ziehen halte ich für rechtlich ausgeschlossen und wegen der Förderbegrenzung auch für irrelevant.


    Ich würde Euch daher empfehlen, für derartige Vorhaben mit Hilfe des Energieberaters andere Fördermöglichkeiten zu suchen: Die regionale Förderung hattest Du ja bereits genannt. Manche Sachen lassen sich ggf. auch im Rahmen der seit 2021 geltenden Bundesförderung für effiziente Gebäude fördern: Für den – anscheinend dringend notwendigen – Austausch der Fenster gilt das auf alle Fälle. Noch besser wäre es, ihr würdet euch von dem Energieberater einen Sanierungsfahrplan aufstellen lassen, dann könnt ihr eine Maßnahme nach der anderen abarbeiten und würdet die (dann auch höhere) Förderung für das Gesamtpaket bekommen. Die Brennstoffzelle hat aber mit all dem nichts zu tun: Deren Förderung läuft über die KfW und fertig.


    Sofern ihr allerdings die Einrichtung einer Zentralheizung in Erwägung zieht und wegen des Denkmalschutzes eine energetische Vollsanierung (insbesondere mit Dämmung der Wände) nicht möglich ist, würde ich bei dem auch nach der Sanierung verbleibenden beachtlichen Wärmebedarf trotz allem raten, auch den Einsatz eines konventionellen BHKW zu überlegen. Beispielsweise ein NeoTower 4.0 könnte bei angenommenen (verbleibenden) 70.000 kWh Wärmebedarf – davon ca. 10.500 kWh für Warmwasser – über 6.000 Volllaststunden erreichen und gut 24.000 kWh Strom sowie 54.000 kWh Wärme erzeugen. Eine zusätzliche Gastherme für die Spitzenlast würdet ihr in jedem Fall brauchen, sowohl mit Brennstoffzellen als auch mit einem BHKW.


    Mit vergleichsweise hohen Vorlauftemperaturen kommen sowohl die BlueGen als auch die meisten BHKW's klar. Bei BHKW's mit Abgaskondensatoren (und natürlich bei Brennwertthermen) wird halt nur der Wirkungsgrad dadurch um bis zu 10% schlechter. Deswegen lohnt es sich m.E. schon, bei der Gelegenheit die Uralt-Heizkörper durch leistungsfähigere zu ersetzen. Fördermittel gibt es dafür auch, nur halt nicht im Rahmen der 40% KfW-Förderung für eine Brennstoffzelle.


    Auch noch wichtig ist, dass bei einer zentralen Stromversorgung der in den Wohnungen verbrauchte Strom als "Lieferung an Dritte" gilt und darauf die volle EEG-Umlage abzuführen ist. Das sind zwar neuerdings nur noch 3-4 ct/kWh, aber bei Wirtschaftlichkeitsrechnungen sollte man das berücksichtigen.


    Gruß, Sailor

    Viessmann Vitotwin 300-W (1 kWel, 6 kWth) seit 2012

    PV-Anlage 8,45 kWp (65 x Solarworld SW 130poly Ost/Süd/West, SMA 5000 TL und 3000) seit 2010

    Solarthermie Viessmann Vitosol 300 Vakuumröhren 13,8 qm (Vorgänger Flachkollektoren 14 qm 2004-2021, davor 8 qm 1979-2003)

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  • Hallo,


    Ist das Thema noch aktuell?

    Bei den angegebenen Verbrauchszahlen würde ich gerne unser 5kW-Brennnstoffzellen-BHKW vorschlagen.

    Gerne Kontaktaufnahme.


    Beste Grüße