Umsatzsteuer auf Wärme - wie viel kWh gebe ich an

  • Hallo zusammen,


    Ich bin neu hier und habe mich bereits durch mehrere Unterforen durchgelesen. Allerdings habe ich noch keine Info bezüglich meines Anliegens gefunden.


    Es geht um die Berechnung der Umsatzsteuer für Wärme welche ich an das Finanzamt abführen muss über die jährliche Umsatzsteuervoranmeldung. Ich habe eine Vitovalor PT2 die im Jahr ca. 30.00 kWh Gas verbraucht und ca. 5.000 kWh Strom erzeugt. Bei der Berechnung der Umsatzsteuer für Wärme würde ich der Einfachheit halber den bundesweiten durchschnittlichen Fernwärmepreise nehmen von 11,3 Cent/kWh brutto.


    Nun zu meiner Frage: Ich habe 30.000 kWh Gas verbraucht. Wenn ich daraus 5.000 kWh an Strom generiert habe, dann müsste ich doch folglich 25.000 kWh (30.000 - 5.000) an Wärme produziert haben, oder?

    Damit wären meine "Kosten" für Wärme 25.000 kWh * 0,113 €/kWh = 2.825 € brutto.

    Der Netto Preis wäre demnach 2.825 € / 1,19 = 2.373,95€.

    Die zu leistende Umsatzsteuer an das Finanzamt wäre demnach 451,05€ (Brutto - Netto: 2.825€ - 2.373,95)


    Ist das so richtig mit den 25.000 kWh für Wärme? Oder muss ich bei der Berechnung der Umsatzsteuer doch die vollen 30.000 kWh für den Gasverbrauch nehmen?


    Schon mal vorab ein großes Danke schön an die Community und viele grüße

    Lucas

  • Moin Lucas,


    die Methode deiner Rechnung ist richtig, allerdings hast Du die Wirkungsgrade bzw. die Verluste außer Acht gelassen. Deshalb sieht mit Deinen Beispielzahlen die modifizierte Rechnung wie folgt (etwas günstiger) aus:


    Laut Datenblatt erzeugt die Brennstoffzelle in der PT2 705 W(el) und 900 W(th). Der Gesamtwirkungsgrad (Hi) wird mit 92% angegeben. Umgerechnet auf Hs (das ist der Brennwert, also der Gasverbrauch, den Du bezahlst) sind das 82,9%. Damit verbraucht die Brennstoffzelle pro Betriebsstunde (0,705+0,9)/0,829= 1,936 kWh Erdgas. Wenn sie in Deinem Beispiel 5.000 kWh Strom erzeugt hat, so ist sie 5.000/0,705= 7.092 Stunden gelaufen. In dieser Zeit hat sie 7.092*1,936= 13.730 kWh Erdgas verbraucht und 7.092*0,9= 6.383 kWh Wärme erzeugt.


    Wenn in dem Beispiel insgesamt 30.000 kWh Gas verbraucht wurden, so entfielen davon 30.000-13.730= 16.270 kWh auf den Betrieb der Zusatztherme. Diese hat einen Wirkungsgrad von 98% (Hs). Aus den 16.270 kWh Erdgas hat die Therme somit 16.270*0,98= 15.945 kWh Wärme gemacht.


    Die insgesamt erzeugte Wärme errechnet sich dann mit 6.383+15.945= 22.328 kWh.


    Bei der Umsatzsteuer ist zu beachten, dass ab 01.10.2022 der Umsatzsteuersatz auf Wärme nur noch 7% beträgt. Das hat zunächst einen Einfluss bei der Umrechnung von dem genannten Bruttopreis (11,3 ct/kWh) auf den Nettopreis. Wenn sich der durchschnittliche Bruttopreis auf das Gesamtjahr 2022 bezieht, so kann man (nach der Tabelle, die man bei unterjährigem Mieterwechsel für die Heizkostenabrechnung nimmt) davon ausgehen, dass 36% der Wärme zum niedrigeren USt-Satz enthalten sind und 64% zum höheren Satz. Damit lag der durchschnittlich in 2022 auf Wärme erhobene USt-Satz bei 19%*0,64 + 7%*0,36 = 14,68%. Aus den 11,3 ct/kWh brutto werden somit 11,3/1,1468= 9,85 ct/kWh netto.


    In Ermangelung eines Wärmezählers und monatlicher Ablesungen würde ich bei der USt-Erklärung die Wärme ebenfalls nach dem Tabellenwert abgrenzen. Will heißen: In dem Beispiel würden dann 22.328*0,64= 14.290 kWh Wärme bzw. 14.290*0,0985= 1.407,57 EUR netto auf Januar bis September 2022 entfallen und 22.328*0,36= 8.038 kWh Wärme bzw. 791,76 EUR netto auf Oktober bis Dezember. In der USt-Erklärung wäre dann der erstgenannte Wert in Zeile 39 (unentgeltliche Wertabgaben zu 19%) einzutragen, der zweite Wert in Zeile 42 (ermäßigter Steuersatz).


    Die Umsatzsteuer auf die Wärme lässt sich daraus mit 1.407*19% + 791*7% = EUR 322,70 errechnen. Wie viel Du am Ende des Tages ans FA abführen musst, hängt aber auch von anderen Daten ab, insbesondere vom Stromverkauf und von der gezahlten Vorsteuer.


    Gottlob musst Du diese ganzen Rechenschritte nicht dem Finanzamt erläutern, sondern nur deren Ergebnisse an der richtigen Stelle in das ELSTER-Formular eintragen. (Ich mache jetzt seit 2010 USt-Erklärungen für PV und BHKW und habe bei der USt noch nie eine Nachfrage erlebt.)


    Alles klar? :)

    Viessmann Vitotwin 300-W (1 kWel, 6 kWth) seit 2012

    PV-Anlage 8,45 kWp (65 x Solarworld SW 130poly Ost/Süd/West, SMA 5000 TL und 3000) seit 2010

    Solarthermie Viessmann Vitosol 300 Vakuumröhren 13,8 qm (Vorgänger Flachkollektoren 14 qm 2004-2021, davor 8 qm 1979-2003)

  • Hallo Sailor,


    Zunächst einmal ein Riesen Dankeschön für diese umfangreiche Antwort! Es ist wirklich unglaublich wie detailliert du mein Anliegen (und auch das Anliegen von anderen Usern) in diesem Forum beantwortest. Das ist für mich und vermutliche auch für andere wahnsinnig hilfreich.


    Zwei Fragen hätte ich noch.


    Zitat

    Der Gesamtwirkungsgrad (Hi) wird mit 92% angegeben. Umgerechnet auf Hs (das ist der Brennwert, also der Gasverbrauch, den Du bezahlst) sind das 82,9%


    Online finde ich die Formel Hs = 1,1 * Hi (https://www.sbz-monteur.de/allgemein/hi-oder-hs-heizwert-oder-brennwert). Demnach wäre der Brennwert stets größer als der Heizwert bzw. Gesamtwirkungsgrad. Nach meiner Formel ist der Brennwert = 1,1*0,92 = 1,0212. Ist das richtig? Kann es sein, dass du versehentlich den Faktor von 1,1 dividiert hast anstelle zu multiplizieren?

    Zitat

    .... Betrieb der Zusatztherme. Diese hat einen Wirkungsgrad von 98% (Hs)

    Ich habe mir das Datenblatt der Vitovalor PT2 nochmal angeschaut. Ich habe nirgendswo die Info gefunden, dass der Wirkungsgrad der Zusatztherme gleich 98% (Hs) ist. Kannst du mir sagen wo du diese Info her hast?


    Die restlichen Informationen waren für mich alle sehr schlüssig. Nochmals Dank und viele Grüße


    Lucas

  • Online finde ich die Formel Hs = 1,1 * Hi (https://www.sbz-monteur.de/all…s-heizwert-oder-brennwert). Demnach wäre der Brennwert stets größer als der Heizwert bzw. Gesamtwirkungsgrad. Nach meiner Formel ist der Brennwert = 1,1*0,92 = 1,0212. Ist das richtig? Kann es sein, dass du versehentlich den Faktor von 1,1 dividiert hast anstelle zu multiplizieren?

    Die Online-Formel passt schon, d.h. der Brennwert ist um den Faktor 1,1 größer als der Heizwert. Wenn also der Wirkungsgrad mit 92% bezogen auf den (niedrigeren) Heizwert angegeben ist, so liegt er bezogen auf den (höheren) Brennwert – den Du dem Gasversorger zahlst – um den Faktor 1,1 niedriger. In dem Fall kommt man auf 92%/1,1= 83,6% (Hs). Ich hatte eine etwas andere Formel (Hi = 0,901*Hs) und kam damit auf 82,9% – ist aber egal, so genau ist das alles nicht, auch nicht die Wirkungsgrad-Angabe im Datenblatt. Ich würde an Deiner Stelle mit 83% (Hs) rechnen.

    Ich habe mir das Datenblatt der Vitovalor PT2 nochmal angeschaut. Ich habe nirgendswo die Info gefunden, dass der Wirkungsgrad der Zusatztherme gleich 98% (Hs) ist.

    Stimmt, das steht da nicht drin. Aber die in der PT2 eingebaute Zusatztherme ist baugleich mit der Viessmann Vitodens 100, und für die werden im Datenblatt Wirkungsgrade um 98% angegeben.


    Die 98% (Hs) gelten standardmäßig für Niedertemperaturbetrieb, d.h. Kessel-Rücklauftemperaturen von 30°C. Sofern bei Dir routinemäßig höhere Kesselrücklauftemperaturen herrschen, kannst Du mit niedrigeren Wirkungsgraden rechnen. Der Zusammenhang ist in dem Diagramm in dem angehängten Paper dargestellt, wobei hier die Kesselwirkungsgrade auf Hi bezogen sind. Um auf Hs zu kommen, muss man sie auch hier wieder durch 1,1 teilen. Man sieht, dass der ca. 10% höhere Wirkungsgrad aus dem Brennwerteffekt nur bei Kondensattemperaturen unter ca. 30°C voll da ist. Bei etwa 45° ist er schon nur noch halb so hoch und bei ca. 60°C ist er weg, weil dann aus dem Abgas kein Wasser mehr kondensiert und dementsprechend keine Kondensationswärme mehr abgegeben wird.

    Dateien

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    Einmal editiert, zuletzt von sailor773 ()

  • Danke Sailor! Nun passt die Erklärung für mich und ich kann mich an die Umsatzsteuervoranmeldung ran machen :)


    Viele Grüße

    Lucas