Mini-BHKW mit Wärmepumpe oder doch Gas-Brennwertkessel?

  • Hallo zusammen.


    Ich bin auf der Suche nach einer neuen, preisgünstigen, zukunftssicheren Heizung und bin sehr angetan von der BHKW-Idee. Die Frage ist nur: Lohnt sich das für mich?


    Es geht um dreigeschossiges Zweifamilienhaus mit ca. 220 qm Wohnfläche aufgeteilt in zwei Wohnungen. Im Erdgeschoss (ca. 90 qm) ist eine 40 Jahre alte FB-Heizung installiert, alle anderen Räume werden mit klassischen, mindestens ebenso alten Guss-Radiatoren beheizt. Ein Erdgasanschluss ist vorhanden, die Brauchwasseraufbereitung erfolgt ausschließlich über Durchlauferhitzer. Der jährliche Stromverbrauch liegt bei ca. 6.000 kWh, eine PV Anlage ist aufgrund Denkmalschutzvorgaben nicht zugelassen. Ein Anbieter für Gasthermen hat den Wärmebedarf des Hauses mit knapp über 20 kW ermittelt und mir einen 25 kW Brennwertkessel von Viessmann angeboten.


    Ich habe verstanden, dass BHKWs sich nur bei einem relativ hohen Eigenverbrauch von Strom rechnen. Aufgrund der Brauchwasseraufbereitung mit Durchlauferhitzern kann die Heizung im Sommer komplett abgeschaltet werden. Damit käme ich auf nur noch rund 4.000 kWh, die ich maximal vom BHKW benötigen würde - eher weniger. Wie stelle ich sicher, dass die Anlage nur dann läuft, wenn ich Strom benötige? Und gibt es überhaupt so kleine BHKWs am Markt? Wenn das BHKW gerade mal nicht läuft (sofern es überhaupt ausreicht, um das Haus zu wärmen), brauche ich vermutlich noch eine zusätzliche Heizung, richtig? Wäre es eventuell sinnvoll, das BHKW mit einer Luft-/Wasser-Wärmepumpe zu kombinieren, um damit die Fußbodenheizung zu versorgen und mit dem BHKW nur die Radiatoren zu beschicken? Oder soll ich die Dimensionierung des BHKW am Gesamt-Wärmeverbrauch des Hauses ausrichten und den überschüssigen Strom dann doch einspeisen (bei der aktuellen Gaspreis-Entwicklung vermutlich hoch defizitär)? Welchen ehrlichen Rat würdet Ihr einem guten Freund geben?


    Fragen über Fragen. Aber vielleicht habt Ihr ja eine (oder mehrere) interessante Ideen auf Lager.


    MfG Scala

  • Moin scala,

    käme ich auf nur noch rund 4.000 kWh, die ich maximal vom BHKW benötigen würde - eher weniger.

    in dieser Größenordnung käme allenfalls eine kleine Brennstoffzelle in Frage wie die Viessmann Vitovalor mit 0,75 kW. Aber mit einem Stromverbrauch von 4.000 kWh minus X würde sich ein solches Gerät voraussichtlich nur knapp innerhalb der technischen Lebensdauer amortisieren, und passieren darf dann gar nichts mehr. Ich rate deshalb bei Stromverbräuchen um oder unter 4.000 kWh unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten von einer BZ eher ab – außer die Wirtschaftlichkeit ist zweitrangig und Du betreibst das eher unter Hobby-Gesichtspunkten.

    Wie stelle ich sicher, dass die Anlage nur dann läuft, wenn ich Strom benötige?

    Das geht bei einer Brennstoffzelle nur sehr eingeschränkt. Acht Monate im Jahr läuft sie i.d.R. sowieso durch. In der restlichen Zeit versucht das Gerät über den sog. "Energiemanager" die täglichen Laufzeiten (mehrere Stunden) vorzugsweise in die Zeiten hohen Stromverbrauchs zu legen. Das klappt aber auch nur eingeschränkt.

    Wenn das BHKW gerade mal nicht läuft (sofern es überhaupt ausreicht, um das Haus zu wärmen), brauche ich vermutlich noch eine zusätzliche Heizung, richtig?

    Richtig, wobei das Problem nicht die Laufzeit ist, sondern die (sehr geringe) Wärmeleistung einer BZ. Aber man kann alle Brennstoffzellen-Geräte dieser Klasse mit eingebauter Gas-Brennwerttherme kaufen.

    Wäre es eventuell sinnvoll, das BHKW mit einer Luft-/Wasser-Wärmepumpe zu kombinieren, um damit die Fußbodenheizung zu versorgen und mit dem BHKW nur die Radiatoren zu beschicken?

    Könnte man machen, aber die Wärmeleistung einer BZ reicht für Deine Radiatoren nicht aus und die elektrische Leistung nicht zum Betrieb einer WP. Außerdem würde sich so etwas kaum rechnen. Was es gibt, sind Hybridheizungen aus Wärmepumpe und Gastherme. Dabei übernimmt die WP die Heizung i.W. außerhalb der Wintermonate. Aber so etwas würde ich lieber in Kombination mit einer großen PV-Anlage machen: In einem unsanierten Haus würden Dir ansonsten die Stromkosten für die WP die Haare vom Kopf fressen. Und PV geht ja bei Dir nicht.

    Oder soll ich die Dimensionierung des BHKW am Gesamt-Wärmeverbrauch des Hauses ausrichten und den überschüssigen Strom dann doch einspeisen (bei der aktuellen Gaspreis-Entwicklung vermutlich hoch defizitär)?

    Aus genau diesem Grund würde ich das nicht machen. Außerdem könnte ein so dimensioniertes BHKW (selbst wenn man die Leistung moduliert, was z.B. beim Dachs 5.5 bis auf ca. 50% der Nennleistung möglich ist) so wenig laufen, so dass Du in 2/3 der Jahresstunden keinen eigenen Strom aus dem BHKW hättest. Und dass sich so etwas rechnet, halte ich für völlig ausgeschlossen – im Zweifel wäre da eine Brennstoffzelle jedenfalls noch besser.

    Welchen ehrlichen Rat würdet Ihr einem guten Freund geben?

    Auf alle Fälle müssen die Durchlauferhitzer 'raus, aber das hast Du ja schon auf dem Zettel.


    Den Heizwärmeverbrauch kennen wir nicht, aber wenn ein Fachmann für 220 qm Wohnfläche mehr als 20 kW Nennheizleistung ansetzt, ist der bestimmt üppig. Deshalb würde ich als erstes einen Energieberater (der sich mit denkmalgeschützten Häusern auskennt) konsultieren, welche Maßnahmen – neben dem Austausch der Heizung – zur energetischen Sanierung des Gebäudes in Frage kommen (und was davon sich für Dich einschl. Förderung rechnet).


    Sofern durch energetische Maßnahmen ein erheblicher Rückgang beim Wärmebedarf erreicht werden kann und die Vorlauftemperaturen durch Maßnahmen und Ertüchtigung der Heizkörper unter 40-50°C gedrückt werden können, käme evtl. doch eine Wärmepumpe in Frage (monovalent oder bivalent mit Gastherme). Für solche Lösungen gibt es Förderung.


    Evtl. hast Du die Möglichkeit, eine Pelletheizung einzubauen. Dafür gibt es auch ordentliche Förderung. Aber Du bräuchtest einen Lagerraum für die Pellets, und die Lage des Hauses (Zufahrt) muss eine Anlieferung möglich machen.


    Ansonsten bleibt eigentlich nur eine Gastherme. Förderung gibt es dafür aber nur, wenn eine alte Ölheizung ersetzt wird.


    Gruß, Sailor

    Viessmann Vitotwin 300-W (1 kWel, 6 kWth) seit 2012

    PV-Anlage 8,45 kWp (65 x Solarworld SW 130poly Ost/Süd/West, SMA 5000 TL und 3000) seit 2010

    Solarthermie Viessmann Vitosol 300 Vakuumröhren 13,8 qm (Vorgänger Flachkollektoren 14 qm 2004-2021, davor 8 qm 1979-2003)

  • ...was soll ich sagen? GANZ HERZLICHEN DANK, Sailor, für diese umfassende Analyse und Beratung. Ich bin echt platt.: "You made my day". Dann werd' ich mich mal auf die Suche nach einem Energieberater machen.


    BG, Scala


    P.S.:

    An Pellets hatte ich auch schon gedacht. Aber leider verfügt die Immobilie weder über einen geeigneten Lagerraum noch über eine gute Zufahrtmöglichkeit.