IAB im BMF-Schreiben 17.7.2023 zu Ertragssteuern § 3 Nummer 72 Einkommensteuergesetz - EStG

  • Siehe Seite 7:

    Investitionsabzugsbeträge, die in vor dem 1. Januar 2022 endenden Wirtschaftsjahren in Anspruch genommen und bis einschließlich zum 31. Dezember 2021 noch nicht gewinnwirksam hinzugerechnet wurden, sind nach § 7g Absatz 3 EStG rückgängig zu machen, wenn in nach § 3 Nummer 72 EStG begünstigte Photovoltaikanlagen investiert wurde.

    (Rn20) Soweit die Photovoltaikanlage Betriebsvermögen eines Betriebes ist, dessen Zweck nicht nur die Erzeugung von Strom aus Photovoltaikanlagen ist, sind die Regelungen zu den Investitionsabzugsbeträgen nach § 7g EStG (vgl. BMF-Schreiben vom 15. Juni 2022, BStBl I S. 945) weiterhin anzuwenden (vgl. Aussagen unter Rn. 24 - 26).

  • Fragen/Gedanken dazu nochmal etwas ausführlicher beschrieben, da bisher keine Reaktion kam:


    Meine "Energie GBR" betreibt seit März 22 ein BHKW und seit Oktober 22 eine PV.

    Der Geschäftszweck lautet "Energieerzeugung und damit verbundene Dienstleistungen".


    Kann man da von einem einheitlichen Betrieb entsprechend Rn20 ausgehen und eine gemeinsame Gewinnermittlung vornehmen ?


    Es gibt ja organisatorische, wirtschaftliche und finanzielle Verflechtungen untereinander:

    Selbes Gebäude, gleiche Leitung, gemeinsame Konten, gemeinsame Betriebseinrichtungen (Schaltschrank), identisches Produkt und Kunde ...

    Das BHKW erzeugt den Strom vorzugsweise im Winter und nachts, die PV eher im Sommer und tagsüber.

    Beide können einen vorhandenen Speicher (als Hilfsfunktion) nutzen.

    Ist das eine gleichartige Tätigkeit die sich gegenseitig fördert oder ergänzt ?


    Kann ich auch die Totalgewinnprognose insgesamt gemeinsam machen, oder muß ich in BHKW und PV trennen ?


    Ist das jetzt ein gemeinsamer Betrieb ("DER NICHT NUR STROM AUS PV ERZEUGT"), so daß ich meinen IAB aus 21 für die PV doch noch nutzen kann ???

  • Also nachdem sich hier überhaupt keiner meldet (auch nicht unsere Spezialisten), kann ich zumindest mal meine Meinung als steuerrechtlicher Laie zum Besten geben.


    Zunächst glaube ich schon, dass es sich hier rein formal um einen gemeinsamen Betrieb im Sinne der Randnummer 20 handelt. Der Wortlaut der Definition "(Betrieb,) der nicht nur Strom aus PV erzeugt" kann m.E. kaum anders interpretiert werden. Die Frage ist nur ob Dir das was nützt.


    In Rn. 24 wird festgelegt, dass in einem solchen Fall § 3 Nr. 72 Satz 1 EStG (nur) insoweit anzuwenden ist als der Strom eingespeist, entnommen (d.h. für nichtbetriebliche Zwecke verbraucht) oder an Dritte veräußert wird. Der PV-Strom bleibt also auch bei einem solchen Betrieb insoweit steuerfrei, als er für Zwecke außerhalb des Betriebes verwendet wird. Im Gegenzug gilt aber insoweit auch das Betriebsausgaben-Abzugsverbot. Nachdem Dein Betrieb nichts als eine PV-Anlage und ein BHKW enthält, nehme ich an, dass bei Dir so gut wie kein PV-Strom "eigenbetrieblich" genutzt wird (in Frage käme dafür m.E. höchstens PV-Strom zum Starten des BHKW oder vielleicht noch zum Betrieb irgendwelcher Pumpen). Daraus folgt, dass in Deinem Betrieb auch die mit der PV-Anlage zusammenhängenden Betriebsausgaben so gut wie nicht steuerlich berücksichtigungsfähig sind.


    Und jetzt kommen wir aus meiner Sicht zum Knackpunkt.


    So wie ich den Mechanismus der Investitionsrücklage begriffen habe, muss diese in den ersten drei Jahren nach Inbetriebnahme des jeweiligen Wirtschaftsgutes (hier also der PV-Anlage) gewinnsteigernd aufgelöst werden (§ 7g Abs. 2 EStG). Im Gegenzug können "die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Wirtschaftsgutes (entsprechend bis 50%) gewinnmindernd herabgesetzt werden" (Satz 3). Dafür vermindert sich die AfA-Basis für das Wirtschaftsgut in gleicher Höhe. De facto wirkt sich die Vorschrift nach Satz 3 also wie eine 50% Sofortabschreibung aus. Entscheidend dabei ist, ob es sich bei der gewinnmindernden Herabsetzung nach Satz 3 auch de jure um AfA, d.h. um eine Betriebsausgabe handelt, oder um irgendwas anderes. Sofern die Herabsetzung nach Satz 3 als Betriebsausgabe (AfA) zu werten ist, hättest Du mit Zitronen gehandelt, da Betriebsausgaben im Zusammenhang mit der PV-Anlage gemäß Rn. 24 in Deinem Fall (so gut wie) nicht abziehbar sind. Du müsstest also nach § 7g Abs. 2 Satz 1 EStG die Rücklage gewinnerhöhend auflösen, könntest aber im Gegenzug den Gewinn nicht durch einen Abzug nach Satz 3 mindern.


    Ob das wirklich so gesehen werden muss, können nur Juristen entscheiden. Ich bin aber überzeugt, dass die Vorschriften der Rn. 20 ff genau so gemeint sind, d.h. dass die Investitionsrücklage auch in einem Betrieb unter Rn. 20 nur für die rein betriebliche Nutzung des PV-Stroms erhalten bleiben soll, für den privaten Eigenverbrauch oder die Einspeisung ins Netz dagegen nicht. Auf eine gerichtliche Klärung mit dem FA würde ich mich deswegen lieber nicht einlassen – außer Dein Steuerberater sieht das anders.


    Wie gesagt, |__|:-)

    Viessmann Vitotwin 300-W (1 kWel, 6 kWth) seit 2012

    PV-Anlage 8,45 kWp (65 x Solarworld SW 130poly Ost/Süd/West, SMA 5000 TL und 3000) seit 2010

    Solarthermie Viessmann Vitosol 300 Vakuumröhren 13,8 qm (Vorgänger Flachkollektoren 14 qm 2004-2021, davor 8 qm 1979-2003)

  • De facto wirkt sich die Vorschrift nach Satz 3 also wie eine 50% Sofortabschreibung aus. Entscheidend dabei ist, ob es sich bei der gewinnmindernden Herabsetzung nach Satz 3 auch de jure um AfA, d.h. um eine Betriebsausgabe handelt, oder um irgendwas anderes. Sofern die Herabsetzung nach Satz 3 als Betriebsausgabe (AfA) zu werten ist, hättest Du mit Zitronen gehandelt, da Betriebsausgaben im Zusammenhang mit der PV-Anlage gemäß Rn. 24 in Deinem Fall (so gut wie) nicht abziehbar sind. Du müsstest also nach § 7g Abs. 2 Satz 1 EStG die Rücklage gewinnerhöhend auflösen, könntest aber im Gegenzug den Gewinn nicht durch einen Abzug nach Satz 3 mindern.

    Da hast Du den Knackpunkt super herausgearbeitet - war mir gar nicht so bewusst.


    Deshalb hab ich mal in beigefügtem Schreiben nachgesehen (insbesondere Seite 11) - so ganz klar ist es mir trotzdem nicht.


    Ich sehe den IAB 2021 wie eine Sofortabschreibung um 50% im Jahr 2021(!).


    Die Hinzurechnung und Herabsetzung in 2022 allerdings lediglich als "technischen Vorgang" zur Auflösung.


    Bitte nicht falsch verstehen: Die ganzen Steuerbefreihungsmaßnahmen für kleine PV sehe ich grundsätzlich als gut und richtig an - langfristig positiv für mich selbst.


    Es ist für mich sogar OK, wenn ich die 20% Sonderabschreibung in 2022 verliere, nur weil Ende Dezember 2022 das Datum von 1.1.2023 auf 1.1.2022 vorgezogen wurde.


    Dass allerdings mein IAB 2021 unter den Tisch fallen soll, nur weil man ihn mangels auszufüllenden Formular technisch nicht auflösen können soll, ist für mich nicht in Ordnung.


    Da ich für das BHKW ja ein Formular ausfüllen muss, kann ich ihn ja dort auflösen - das wäre der technische Vorteil des gemeinsamen Betriebs.


    Leider warte ich seit 9 Monaten auf den Bescheid für die Anerkennung des 2021 IAB - das wird die erste Hürde werden.

    In der Zeit bekommen die meisten Menschen ein Kind ;)

  • Da ich für das BHKW ja ein Formular ausfüllen muss, kann ich ihn ja dort auflösen

    Also das geht sicher nicht. Ein IAB kann für die Anschaffung bestimmter Wirtschaftsgüter gebildet und dann auch nur genau über diese Wirtschaftsgüter aufgelöst werden (vgl. Wortlaut § 7g EStG).

    Dass allerdings mein IAB 2021 unter den Tisch fallen soll, nur weil man ihn mangels auszufüllenden Formular technisch nicht auflösen können soll, ist für mich nicht in Ordnung.

    Das hängt nicht am fehlenden Formular sondern an der Tatsache, dass für ein Wirtschaftsgut, aus dem keine (steuerpflichtigen) Einnahmen anfallen, auch keine Betriebsausgaben geltend gemacht werden dürfen. (Immer unter der Voraussetzung, dass – wie ich glaube – die gewinnmindernde Herabsetzung der AfA-Basis nach § 7g Abs. 2 Satz 3 wie eine Sonderabschreibung als Betriebsausgabe anzusehen ist.)


    Zur Klarstellung: Rein rechtlich kannst Du ja den IAB gewinnsteigernd (!) auflösen, bzw. – sofern der IAB in 2021 überhaupt anerkannt wurde – musst Du das binnen drei Jahren sogar tun. Du hättest dann in 2021 eine Gewinnminderung gehabt (und dadurch zunächst Steuern gespart). Jetzt steigt Dein steuerpflichtiger Gewinn durch die Auflösung in gleicher Höhe, was halt entsprechend höhere Steuern zur Folge hat. Das einzige was meiner Meinung nach wegen des Betriebsausgaben-Verbotes nicht geht, ist diese Gewinnsteigerung durch die gewinnmindernde "Sonderabschreibung" nach Satz 3 auszugleichen. (Außer es gelingt Dir das Finanzamt mit Hilfe deines Steueranwaltes davon zu überzeugen, dass es sich bei der Herabsetzung nach Satz 3 rein rechtlich nicht um eine – verbotene – Betriebsausgabe handelt, sondern um etwas anderes. Wie gesagt, das können nur Juristen klären.)


    Das ist meiner Meinung nach auch völlig schlüssig. Am Ende des Tages stehst Du ja jetzt nicht schlechter da als alle PV-Betreiber, die von vornherein keinen IAB geltend gemacht und ihre Anlagen stattdessen regulär abgeschrieben haben. Nur wer seinen IAB für die PV-Anlage bis 2021 unter Inanspruchnahme von Satz 3 auflösen konnte, hat Schwein gehabt: Er konnte auf diese Weise (völlig legal) vorab den Steuervorteil kassieren, ohne später über vermindertes Abschreibevolumen entsprechend höhere Gewinne versteuern zu müssen.

    Viessmann Vitotwin 300-W (1 kWel, 6 kWth) seit 2012

    PV-Anlage 8,45 kWp (65 x Solarworld SW 130poly Ost/Süd/West, SMA 5000 TL und 3000) seit 2010

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    6 Mal editiert, zuletzt von sailor773 () aus folgendem Grund: Präzisierung

  • Also das geht sicher nicht. Ein IAB kann für die Anschaffung bestimmter Wirtschaftsgüter gebildet und dann auch nur genau über diese Wirtschaftsgüter aufgelöst werden (vgl. Wortlaut § 7g EStG).

    Ich meinte dazu das gemeinsame Formular BHKW+PV, so wie ich den IAB für die PV in 2021 in einem gemeinsamen Formular beantragt habe.


    Die Gewinnsteigerung durch Hinzurechnung in 2022 gehört ja zur "Sparte PV", welche in 2022 steuerfrei ist. Ich wollte das Formular also quasi nur "technisch" für die Neutralisierung nutzen.


    Aber ich werd das natürlich nochmal mit einem Steuerberater besprechen ...


    Nur wer seinen IAB für die PV-Anlage bis 2021 unter Inanspruchnahme von Satz 3 auflösen konnte, hat Schwein gehabt

    Das ist genau das ärgerliche. Inbetriebnahme in 2022 ist in den Allerwertesten gekniffen. Weder die Vorteile der alten Welt bis 2021, aber auch noch nicht alles Positive ab 2023 ...

    Einmal editiert, zuletzt von krimhild () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von krimhild mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • Ich meinte dazu das gemeinsame Formular BHKW+PV, so wie ich den IAB für die PV in 2021 in einem gemeinsamen Formular beantragt habe.

    Das ist wohl OK. Wie ich schon sagte, am Formular als solchem liegt's nicht.

    Die Gewinnsteigerung durch Hinzurechnung in 2022 gehört ja zur "Sparte PV", welche in 2022 steuerfrei ist.

    Im Prinzip ja, aber in dem Schreiben Rn. 25 wird explizit festgelegt:

    Zitat

    Die Hinzurechnung nach § 7g Absatz 2 Satz 1 EStG fällt nicht unter § 3 Nummer 72 Satz 1 EStG.

    Die Hinzurechnung – obgleich formal zur PV gehörig – ist also definitiv nicht steuerfrei.


    Was Du mit Deinem Steuerberater klären musst ist, ob die Herabsetzung nach § 7g Abs. 2 Satz 3 EStG rechtlich als eine Art von Abschreibung (und somit als verbotene Betriebsausgabe) anzusehen ist oder nicht. Sofern es sich nicht um eine Betriebsausgabe handelt, könntest Du die Herabsetzung nach Satz 3 ganz normal auf dem Formular geltend machen. Ansonsten bleibt die gewinnerhöhende Hinzurechnung nach Satz 1 stehen, und Du musst auf diesen Gewinn Steuern zahlen – in etwa so viel wie Du 2021 durch den IAB gespart hast.


    Aber ob die Herabsetzung nach Satz 3 rechtlich als Betriebsausgabe anzusehen ist oder nicht, kann ich als juristischer Laie (mit lediglich je einem Semester BGB, HGB und Steuerrecht) nicht beurteilen. Ich vermute, dass das nur per Einspruch und dann gerichtlich geklärt werden kann, zumal das Schreiben unter Beitrag #1 jedenfalls von einem Abzugsverbot ausgeht – sonst hätte man das völlig anders formulieren müssen. Wie hoch die Erfolgsaussichten dabei sind, kann vielleicht Dein Steuerberater beurteilen.

    Inbetriebnahme in 2022 ist in den Allerwertesten gekniffen. Weder die Vorteile der alten Welt bis 2021, aber auch noch nicht alles Positive ab 2023 ...

    Na ja, nicht ganz.


    Zugegeben: Du stehst jetzt definitiv schlechter da als die Leute, die ihren IAB bis zum Jahr 2021 unter Inanspruchnahme aller steuerlichen Vorteile auflösen konnten. Die konnten im Idealfall bei Auflösung in 2021 durch die Neuregelung einen Vorteil von ca. 50% des Investitionsvolumens, multipliziert mit dem individuellen Grenzsteuersatz, einstreichen – bei einem Gutverdiener mit einem PV-Investitionsvolumen von beispielsweise 20.000 EUR also 20.000*0,5*44,3%= EUR 4.430. Immerhin. Mit jedem Jahr einer früheren Inbetriebnahme vermindert sich dieser Vorteil um ein Zwanzigstel. Bei unserer Anlage (IBN 2010) wären es ca. 8/20 gewesen, bezogen auf EUR 20.000 also "nur" 1.770 EUR. Da nimmt der Ärger mit zunehmenden Jahren langsam ab.


    Aber Du stehst jetzt ab dem Steuerjahr 2022 nicht schlechter da als die vielen PV-Betreiber, die (aus Unkenntnis des Steuerrechts, oder weil ein aus damaliger Sicht vorübergehender Liquiditätsvorteil nicht attraktiv genug erschien um die zusätzliche Bürokratie zu rechtfertigen) von vornherein keinen IAB in Anspruch genommen haben – egal ob die Inbetriebnahme 2021, 2022, 2023 oder davor oder später erfolgt ist. Ohne die Rückverlegung auf den 01.01.22 würdest auch Du halt zu denen gehören, die "Schwein gehabt" haben. Dann würden sich die ärgern, die ihren IAB im Jahr 2022 genommen haben und ihn jetzt 2023 nicht ergebnisneutral auflösen können. Andererseits ärgern sich jetzt außer Dir auch alle, die für ihre PV-Anlage in den letzten 20 Jahren – aus den genannten Gründen – auf den IAB verzichtet haben und jetzt feststellen, dass sie auf diese Weise einen Steuervorteil in vierstelliger Höhe vergeigt haben. Ich kann nur sagen, welcome to the club. Als Optimist freue ich mich aber lieber über die Steuerfreiheit für Vergütungen und Entnahmen, die ich für die Restlaufzeit meiner Anlage genießen kann. Das ist wie wenn man im Flugzeug neben einem sitzt, von dem man erfährt dass er denselben Flug für die Hälfte gebucht hat. Es gibt immer welche, die mehr Schwein haben als man selbst. Ab er man sollte sich davon nicht den Urlaub verderben lassen. 8)

    Viessmann Vitotwin 300-W (1 kWel, 6 kWth) seit 2012

    PV-Anlage 8,45 kWp (65 x Solarworld SW 130poly Ost/Süd/West, SMA 5000 TL und 3000) seit 2010

    Solarthermie Viessmann Vitosol 300 Vakuumröhren 13,8 qm (Vorgänger Flachkollektoren 14 qm 2004-2021, davor 8 qm 1979-2003)

    Einmal editiert, zuletzt von sailor773 () aus folgendem Grund: Ergänzung