Hallo Pfleger,
Es macht aber keinen Sinn die KWK-Anlage zu betreiben wenn die Sonne und Wind im Überschuß vorhanden ist oder sogar ausgeschaltet werden muß, zu den Stunden wenn Deutschland am meisten konventionellen Strom benötigt ausgeschalltet wird.
Im Prinzip gebe ich Dir ja Recht. Meine Bedenken gelten in erster Linie für Kleinanlagen, also Nano-BHKW wie unser 1-kW-Vitotwin, sowie Mikro-und Mini-BHKW, die zur Raumheizung und (teilweisen) Strom-Selbstversorgung in größeren Häusern und kleinen Gewerbebetrieben laufen. (Wo man die Grenze zieht? M.E. irgendwo zwischen 10 und 50 kW elektrischer Leistung.) Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass der tatsächliche Beitrag solcher Anlagen zu der von Dir beschriebenen Regelleistung so gering ist, dass sich einfach der Aufwand nicht lohnt.
Warum?
Ausgeschaltet werden soll zum Einen bei Sonnen-Überschuss. Der tritt aber nur im Sommer auf, und da sind die meisten BHKW's sowieso aus. Das gilt insbesondere, wenn man wie wir ein ordentlich isoliertes Haus mit einer Solarthermie hat. Im Szenario 2050 trifft das hoffentlich auf die meisten Wohnhäuser zu.
Ausgeschaltet werden soll zum Anderen bei Wind-Überschuss. OK, das wird zukünftig im Winterhalbjahr häufiger auftreten (Situation "Weihnachten 2012"). Der Punkt geht klar an Dich.
Eingeschaltet werden soll bei Wind- und Sonnenmangel. Das hinwiederum kommt doch praktisch nur im Winter vor. In einer Situation wie im Februar 2012 würde unser Vitotwin in der Tat mit Vollast laufen, aber ganz freiwillig ohne Zwangseinschaltung, weil es bei solcher Kälte und von Ende November bis Anfang März sowieso durchläuft. Auch nachts, wenn die Franzosen ihre Elektrospeicherheizungen aufladen. Außerhalb der Kern-Winterzeit (wo die BHKW zeitweise und v.a. nachts aus sind) hatten wir m.W. noch nie eine Mangelsituation, insbesondere nicht in der Nacht. Mit zukünftig mindestens verdoppelter PV- und Windkapazität wird das noch seltener auftreten. Im Sommerhalbjahr ist das Einschalten von BHKW energetisch sinnlos (auch z.B. während der Abendspitze), weil die Wärme dann nicht genutzt werden kann.
Die ganze Mimik mit Rundsteuerempfänger etc. wäre also im Wesentlichen nur dazu da, um bei Windüberschuss im Winterhalbjahr die BHKW's abschalten zu können. Und ich frage mich eben, ob's das wirklich bringt. Aber gut: Wenn sich das Ausschalten bei Windüberschuss eines Tages tatsächlich für die Netzbetreiber rechnet, mache ich gerne mit. Natürlich müssten diese die Steueranlage auf eigene Kosten installieren und uns zusätzlich beim Ausschalten für jede entgangene kWh die Differenz zwischen den Grenzkosten für den selbst erzeugten Strom und dem Bezugsstrompreis zahlen, derzeit also ca. 24 Cent brutto (bzw. 18 Cent nachts und am Wochenende). Einschalten gibt's gratis, solange der Puffer nicht voll ist.
Eine ganz andere Frage wäre, ob man massenhaft installierte BHKW's mit Rundsteuerempfängern zukünftig in Notfällen als Minutenreserve nutzen könnte. Unser Stirling bringt nach einer Minute 50%, nach zwei Minuten 80% Leistung; ein Motor (z.B. Vaillant oder Dachs) ist wahrscheinlich noch schneller. Lange laufen müssten sie ja nicht, nur bis die "richtigen" Kraftwerke (z.B. GuD) hochgefahren sind. Da geht's dann aber nicht um Energie, sondern um kurzfristig verfügbare Kapazität zur Netzstabilisierung.
Gruß, Sailor