Also was die Langstrecke angeht, hält sich meine Begeisterung in Grenzen. Da fahre ich jetzt wieder Diesel.
Die von bluwi geschilderten Probleme sind glaube ich das, was Otto Normalverbraucher (d.h. Leute wie mich) bisher noch davon abhält, ein E-Auto zu kaufen. Die Autos als solche sind (von der Frage mit der Reichweite mal abgesehen) inzwischen meist prima, man hört sehr wenig über Pannen, die Leistung ist absolut OK. Laden zu Hause und Fahrten im <100 km Radius, alles easy. (Dass nahezu alle E-Autos, die ich kenne, über futuristisch-minimalistische Cockpits mit riesigen Touchscreens – und sonst nix – bedient werden müssen, ist etwas, das ich persönlich hasse – zumal das weder technisch noch wirtschaftlich notwendig wäre, wie man an den meisten – auch den neuesten – Verbrenner-Modellen sieht. Aber das ist eine idiotische Modespielerei der Hersteller und hat nichts mit der Funktionalität der E-Autos an sich zu tun.)
Nur was ich beim Fahren nicht brauchen kann (insbesondere auf Langstrecken-Reisen) ist Stress. Und für mich als digital emigrant bedeuten diese Ladesäulen mit ihren Dutzenden von Karten, Apps, immer neuen Einlock-Systemen, komplexer Bedienung (mit mehr unterschiedlichen Systemen als bei Duschapparaturen in Hotels), häufigen Störungen und oft (wenn man den Berichten glaubt) schneckenhaften Ladegeschwindigkeiten Stress.
Wenn ich mit meinem Diesel unterwegs bin, habe ich beim Tanken
- europaweit ein einziges Bezahlsystem, nämlich meine Kreditkarte (deren "Bedienung" nichts Komplizierteres erfordert als entweder eine vierstellige Geheimzahl oder eine Unterschrift) – oder wenn die mich ausnahmsweise mal im Stich lässt, eben Bargeld
- Tanksäulen, die mit einem einzigen Griff händisch bedienbar sind, und zwar in allen mir bekannten Nationen auf die gleiche Weise, die jeder mit einem IQ >70 sofort begreift
- unabhängig von der Marke eine weitgehend einheitliche Geschwindigkeit beim Füllen des Tanks
- wenn ich will eine App, die mir alle Tankstellen entlang meiner Fahrstrecke einschl. deren Preise anzeigt (Info über die Betriebsbereitschaft der Tanksäulen und deren Belegung braucht man beim Diesel erfahrungsgemäß nicht)
- und in mittlerweile 50 Jahren Auto-Erfahrung alles zusammengenommen vielleicht 10-20 Tanksäulen, die nicht funktioniert haben – im allgemeinen war es dann möglich, einfach eine Säule weiter zu tanken.
Dass beim E-Auto das Laden erheblich länger dauert als beim Verbrenner, kann ich akzeptieren, das ist halt die Technik. Ladezeiten deutlich über 30 Minuten halte ich allerdings für kaum noch zumutbar, zumal sich der Vorgang auf der Autobahn alle 250-300 km wiederholt (bei 5-600 km Reichweite könnte man das schon weniger eng sehen). Aber der Rest ist einfach nur ärgerlich. Was ich verlangen würde – bevor ich mir ein E-Auto kaufe – sind flächendeckend (jedenfalls an allen Autobahnen)
- Ladesäulen, die europaweit mit einem einzigen Bezahlsystem arbeiten, welches auch ohne Handy funktioniert (Kreditkarte oder – wenn es denn unbedingt sein muss – eine separate Ladekarte, die dann aber an allen öffentlichen Säulen einsetzbar sein muss)
- Ladesäulen, die europaweit einheitlich und nicht komplizierter zu bedienen sind als ein Geldautomat: D.h. man steckt den Stecker ins Auto, die (Kredit)karte in einen Schlitz, gibt die Geheimzahl ein, drückt OK und das Laden beginnt
- Ladesäulen mit einer Ausfallrate, die wenigstens nicht höher ist als bei Geld- oder Fahrkarten-Automaten: zu "Ausfall" zähle ich auch alle Säulen, die (aus Gründen, die nicht am Auto liegen) deutlich langsamer laden als die Autobatterie zulassen würde
- und schließlich eine zuverlässige Anzeige im Navi oder auf dem Smartphone über freie und betriebsbereite Ladesäulen entlang meiner Fahrstrecke.
Aber bis die Lieferzeit für das von mir gewünschte E-Auto abgelaufen ist, gibt es das vielleicht schon alles...