Statistische Erfassung von KWK-Strom aus Erdgas

  • Hallo Zusammen,

    ich habe mal rein interessehalber eine Frage, wie unsere eingespeist bzw. selbstverbrauchter BHKW Strom in diese Statistik von heute Morgen 9:00 Uhr einfließt. Ich vermute mal er wird garnicht erfasst bzw. unter Erdgas und die CO2 Ersparnis durch KWK wird ebenfalls nicht abgebildet! Ist dies korrekt?

    Beste Grüße

    Bernd

  • Moin Bernigo ,


    erstmal danke für diesen Link. Ich kannte diese Website noch nicht, ist ja hochinteressant.


    Dass die Daten unserer Mikro- und Nano-BHKW's hier aber irgendwie eingehen, kann ich mir kaum vorstellen. Wir melden unsere Erzeugung ja nicht wie bei dieser Seite stundenscharf, sondern nur nachträglich zu jedem Quartalsende. Ich nehme also an, dass hier nur die Daten von größeren Anlagen eingehen, deren Leistungsdaten tatsächlich stundenscharf z.B. von den Netzbetreibern gemessen werden. Bei den PV-Anlagen dürfte das ähnlich laufen, da sind sicher auch nur die größeren Anlagen dabei.


    Immerhin, wenn demnächst mal alle Anlagen ab 7 kW Leistung einen Smart Meter bekommen, könnten deren Daten hier schon mit einfließen. Bei PV-Anlagen betrifft das schon größere EFH-Anlagen, aber bei BHKW's würde bei einer 7 kW-Grenze nicht mal ein Dachs 5.5 erfasst. Hier wird das also auch für etwas größere Anlagen noch eine Weile dauern.


    Gruß, Sailor

    Viessmann Vitotwin 300-W (1 kWel, 6 kWth) seit 2012

    PV-Anlage 8,45 kWp (65 x Solarworld SW 130poly Ost/Süd/West, SMA 5000 TL und 3000) seit 2010

    Solarthermie Viessmann Vitosol 300 Vakuumröhren 13,8 qm (Vorgänger Flachkollektoren 14 qm 2004-2021, davor 8 qm 1979-2003)

  • Danke Sailor,


    hatte ich mir fast schon gedacht. Obwohl es doch sicherlich eine ganze Menge Strom ist, die zehntausende von Mini BHKW's bereitstellen.


    Die App heißt electricityMap, und ist im Google playstore zu finden ich finde die Daten sehr spannend, insbesondere die Europakarte und Frankreich finde ich interessant! Die AKW Technik, glaube ich, steht vor einer Renaissance!

    Beste Grüße

    Bernd

  • Die App heißt electricityMap, und ist im Google playstore zu finden ich finde die Daten sehr spannend, insbesondere die Europakarte und Frankreich finde ich interessant! Die AKW Technik, glaube ich, steht vor einer Renaissance!

    Weisst Du wie die electricityMap die CO2-Emissionen pro kWh berechnet? Ist das ein Durchschnittswert pro Land, oder wird der Ansatz per Grenzkraftwerk bemüht (Differentialrechnung)? Wie sieht es aus mit dem Stromtransport über Ländergrenzen? Wenn man da nicht den What-if-Ansatz (Differenz vorher nachher) nutzt, ist das "du fromage" (Käse) bzgl. einer Entscheidungsunterstützung.


    Wenn man heute eine Wärmepumpe anschmeisst, dann wird in der Regel das Grenzkraftwerk ein bischen besser ausgelastet. Kein Windpark wurde vorher angedrosselt betrieben und hat nur auf neue Kunden gewartet. Gleiches gilt für E-Autos. Was nicht nicht heisst, dass man WP und E-Auto nicht nutzen sollte, da der Anteil von grünem Strom stetig zunimmt und wir irgenwann auch echte Überschüsse haben. Dann sollte man solche Geräte haben, die diese Überschüsse aufnehmen - statt abregeln. NSA = nutzen statt abregeln.


    Die Kernkraft ist so gut wie tot - vor allem aufgrund der schlechten ökonomischen Parameter. Zumindest in wettbewerblich organisierten Märkten wird sich kein EVU leisten können, signifikant in neue Kernkraftwerke investieren zu können. Die sind dann zügig pleite. Alte Bestandsanlagen weiterzubetreiben ist eine andere Baustelle, aber selbst das ist schwierig. In den USA sind z.B. schon einige KKW stillgelegt worden, weil die kein Geld verdient haben, obwohl das abgeschriebene Altanlagen mit noch ordentlich Restlaufzeit waren. Ein Beispiel Ist Three Mile Island I - der Block, der 1979 keine Kernschmelze hatte, sondern erst 2019 endgültig abgeschaltet wurde, erhielt kein Geld für eine Kapazitätsprämie vom Bundesstaat.


    Kernenergie hat eine negative Lernkurve, d.h. je mehr Reaktoren wir bauen, desto teuer werden sie. Das liegt auch daran, dass die Sicherheitstechnik immer aufwendiger wird, welche das Risiko für einen Störfall minimiert, aber eben nicht den Output erhöht. Vor zehn Jahren wurde Hinkley Point C mit einer Einspeisevergütung (Contract for Differences) in Höhe von 92,5 GBP/MWh (~110 €/MWh) bedacht, 35 Jahre lang und inflationskompensiert. Sowas kann man heute gegenüber dem Wahlvolk nicht mehr gut verkaufen, wenn Wind und Solar um die Hälfte billiger ist und man den Rest mit Gas (Erd- oder Bio- oder E-Gas) auffüllen kann. Eine Renaissance der Kernenergie - die in der Vergangenheit auch nur eine Renaissance der Ankündigungen war - wird es aus sich von prognos nicht geben: "Wir erwarten bis zum Jahr 2030 keine Renaissance der Kernenergienutzung. Vielmehr werden die altersbedingten Abschaltungen dazu führen, dass die Zahl der Reaktoren, die installierte Leistung und die Stromerzeugung in Kernkraftwerken deutlich zurückgeht."


    Dazu muss man sich nur die Altersverteilung des KKW-Parks anschauen, oder auch in dem oben verlinkten Renaissance-Dokument die Abbildung 2: Anzahl der Reaktor-Inbetriebnahmen pro Jahr weltweit von 1950 bis 2009, S. 17. In den 70er und 80er Jahren war die Hochzeit der Kernenergie in der Energiewirtschaft: im Durchschnitt wurden 15-20 Reaktoren pro Jahr in Betrieb genommen. Seit den 90er Jahren sind das eher 5 p.a. - und davon hat das meiste China gestemmt. China produziert nun etwa genausoviel Kernenergie wie Frankreich: in CN macht es 5 % vom Strommix aus und in FR knapp 70 %. Die Alterung des Kraftwerksparks wird für Frankreich noch ein gewaltiges Problem, weil die alle innerhalb von 1-2 Dekaden zu ersetzen sind, und frag dich mal, wie lange schon an Flamanville gebaut wird. 43 von 56 Reaktoren sind 30-40 Jahre alt. in 2030 ist diese Gruppe 40-50 Jahre alt. Auch weltweit sieht es nicht anders aus: 280 von 415 Reaktoren sind über 30 Jahre alt, und die wurden auf 40 Jahre ausgelegt - mit der Option zu verlängern aber dazu gehören in der Regel auch noch ein paar Nachrüstungen, die vom Regulator eingefordert werden. Von den bisher weltweit stillgelegten Reaktoren waren nur 34 von knapp 200 älter als 40 Jahre – gut dazu gehörten auch noch viele Experimentalreaktoren der ersten Generation und die Leistungsreaktoren aus den 60er und frühen 70ern bei denen man in der Designphase auch noch nicht viel Betriebserfahrungen vorweisen konnten. Hier sieht man die Entwicklung des Stillsetzungsalters.

    Gruß,

    Gunnar

    Ist die Wärme kraftgekoppelt, wird die Energie gedoppelt. (Ulli Brosziewski)

  • Sehr gut zusammengefasst Gunnar, es gibt immer noch welche die den Knall noch nicht gehört haben bzw. 1 und 1 nicht zusammen zählen können.

    Frankreich hat (wie du geschrieben hast) einen hundsmiserablen atomaren Kraftwerkspark rumstehen.


    Der kostet Frankreich noch sehr viel Geld.

    - Ersatzbeschaffung bei außerplanmäßigem runterfahren

    - Auch Frankreich hat noch kein Endlager

    - Rückbaukosten der Teile


    Frankreich hätte außerordentlich gute geographische Möglichkeiten zur EE Nutzung.

    Atlantikküste und Mittelmeerküste für Windkraft, kurze Anbindung nach GB zum Windkraftaustausch

    PV in Südfrankreich, kurze Anbindung auf dem Landweg nach Spanien für Austausch

    Warum in Gottes Namen nutzen die davon nichts ?

    50kw elektrisch Erdgas BHKW von Yados

    25kw Absorptionskältemaschine aus BHKW-Abwärme

    Photovoltaikanlage 99,9 kwp

  • Zur Übersicht empfehle ich den World Nuclear Report, der jedes Jahr neu aufgelegt wird. Federführend ist Mycle Schneider. Dieser Bericht stammt nicht noch den klassischen Atomlobbies, sondern es wird mit Bezug auf die offiziellen Statistiken und zusammentragen von Publikationen zu einzelnen Projekten der Finger in die Wunde gelegt.


    Zur Kernkraftnutzung in Frankreich gibt es im aktuellen 2021er Report einige Infographiken:


    FIGURE 21 · OPERATING FLEET AND CAPACITY IN FRANCE


    FIGURE 22 · STARTUPS AND CLOSURES IN FRANCE


    FIGURE 23 · NUCLEAR ELECTRICITY PRODUCTION IN FRANCE 1990–2020


    FIGURE 24 · STARTUPS AND CLOSURES IN FRANCE


    FIGURE 25 · REACTOR OUTAGES IN FRANCE IN 2020 (IN NUMBER OF UNITS AND GWE)


    FIGURE 26 · FORCED AND PLANNED UNAVAILABILITY OF NUCLEAR REACTORS IN FRANCE IN 2020


    FIGURE 27 · AGE DISTRIBUTION OF FRENCH NUCLEAR FLEET (BY DECADE)


    FIGURE 28 · OPINION SURVEY ON ENERGY SOURCES IN FRANCE (IN 2020)

    Ich für meinen Teil habe keine Angst vor der Kernkraft. Wenn man sich die nackten Statistiken anschaut, dann ist der Parameter Tote pro TWh erzeugte elektrische Energie gar nicht mal so schlecht. Es ist natürlich ein großes Klumpenrisiko. Man darf auch nicht vergessen, dass Wasserkraft auch nicht ganz unkritisch ist, wenn man sich z.B. die Katastrophen in Vajont-Tal oder des Banqiao-Staudamms anschaut. Aber Kernenergie blockiert den Weg in eine regenerative Zukunft, auch weil sich die KKW-Betreiber nur ungern von fluktuierenden Einspeisungen durch Solar und Wind den Preis kaputt machen lassen und wie jeder auch ihre Besitzstände verteidigen.


    Gruß,

    Gunnar


    PV in Südfrankreich, kurze Anbindung auf dem Landweg nach Spanien für Austausch

    Die HGÜ-Verbindung zwischen Spanien und Frankreich hat bis zur Fertigstellung ewig gebraucht. Ich habe gehört, dass man schon in den 80er Jahren nach einer klassischen Drehstromtrasse zur Erweiterung der ES-FR-Übertragungskapazitäten (die nach wie vor mit <4 GW recht klein ist) gesucht hat: aber not in my backyard! Viele Varianten durch die Pyrenäen wurde angeplant und wegen örtlicher Widerstände wieder aufgegeben. Am Ende hat man sich dann für eine teure HGÜ-Kabel-Variante entschieden, incl. Vertunnelung auf einer Teilstrecke, für die extra die Fa. Herrenknecht Tunnelbohrmaschinen fertigte.


    Ich vermute, es geht einfacher und schneller (weil man da nur eine Behörde fragen muss, die für die marinen Angelegenheiten zuständig ist) ein Kabel ins Wasser zu werfen und es entlang der Küste zu ziehen, so wie man es mit Telegraphenkabeln tut. Vgl. mit dem Western HVDC Link, der Schottland mit Wales verbindet.


    Gruß,

    Gunnar

    Ist die Wärme kraftgekoppelt, wird die Energie gedoppelt. (Ulli Brosziewski)

    Einmal editiert, zuletzt von gunnar.kaestle () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von gunnar.kaestle mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • Mag ja alles richtig sein, auch dass Strom aus AKW wirtschaftlich nicht mehr darstellbar ist, aber Geld spielt bei der Energiewende keine Rolle. AKW sind CO2 arm und darüber hinaus grundlastfähig! CO2 frei und grundlastfähig, dass sind für mich die Fakten, die gelten. Was bringt mir EEG-Strom zum Nulltarif wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint!

    Übrigens dass wir jetzt alle Kohlekraftwerke abschalten und durch teures Erdgas aus politisch fragwürdigen Staaten importieren bringt weder dem Klima was und darüber hinaus ist es sehr teuer. Mich würde auch mal gern interessieren, wieviel Erdgas und Methan pro Kubikmeter geliefertes Erdgas bei der Förderung und Transport ungenutzt in die Umwelt entweicht.

    Das kommt davon, wenn statt Physiker und Ingenieure Philosophen, Theaterwissenschaftler und Juristen Energiepolitik betreiben!

    Ich hoffe, ihr schmeißt mich nicht aus dem Forum, weil ich mich nach wie vor zur Atomkraft bekenne!

    Beste Grüße und einen guten Start in die neue Woche Bernd

  • Ich hoffe, ihr schmeißt mich nicht aus dem Forum, weil ich mich nach wie vor zur Atomkraft bekenne!

    Das wäre aber sehr extrem gegen die Meinungsfreiheit und würde sicherlich dazu führen, dass mehrere gehen ( ich ebenfalls und das als AKW Gegner )


    Aber auch als AKW Gegner hätte ich die deutschen AKW`s laufen lassen.

    Gaskraftwerke mit der jetzt angedachten Laufzeit sind der absolute Wahnsinn.

    Spanien hat selbst Stromprobleme und die riesigen Sonnekraftwerke ( ich habe mehrere besichtigt ) benötigen riesige Flächen und sind sehr teuer. Der Vorteil der Technik ist, dass hier mit riesigen Spiegel Wärme erzeugt wird, die eingelagert ist und zur Spitzenstromerzeugung herangezogen wird bzw werden kann. Denn mit normalen Dampfkraftwerken wird die Wärme in Strom umgewandelt. Auch die wenigen spanischen AKW`s sind weiterhin in Betrieb. Mit 22 % genauso viel wie alle Windkraftwerke sind sie auch weiterhin notwendig und werden auch weiterhin betrieben.


    So hätte Deutschland dies ebenfalls machen sollen, anstatt unter dem EIndruck des Wärmepumpenzubau sowie Elektrofahrzeug Zuwachs AKW`s und Kohlekraftwerke abzuschalten.

  • Ich bin da vollkommen derselben Meinung. Hätten wir in Deutschland die AKW's – so wie es bis 2011 geplant war – zumindest teilweise noch 10-20 Jahre länger betrieben, so wäre (den entsprechenden politischen Willen vorausgesetzt) ein vollständiger Ausstieg aus der Braunkohle bereits bis Ende 2022 möglich gewesen. In der Zeit hätte der Staat über eine verfassungskonforme Abwandlung der Brennelemente-Steuer die Gewinne der AKW-Betreiber noch kräftig abschöpfen und so wenigstens einen Teil der (aus heutiger Sicht sinnlosen) Kernkraft-Subventionen zurückholen können.


    Aber das ist Theorie. Der Beschluss (egal ob irrational oder voreilig) ist gefallen. Für einen Weiterbetrieb der deutschen KKW – selbst wenn der technisch nach 10 Jahren Ausstiegs-Vorbereitung noch möglich wäre – gibt es keine Mehrheit. Also müssen wir (bis wir die 100% EE geschafft haben) noch mindestens 20 Jahre mit verstärkter Erdgasverstromung leben. Das bedeutet selbstverständlich auch in Zukunft den Bezug von Erdgas aus Russland (und zwar eher mehr als jetzt), egal ob wir das für politisch opportun halten oder nicht. Vielleicht können wir zukünftig auch etwas mehr Erdgas aus Norwegen, bzw. als LNG aus Ländern mit konventioneller Förderung beziehen. Fracking-Gas z.B. aus USA ist dagegen keine Alternative: Das ist einschl. Förderung so klimaschädlich, dass wir stattdessen auch gleich noch ein paar Jahre länger Steinkohle verstromen könnten.


    Anders zu beurteilen ist der in manchen Ländern aktuell erwogene oder gar durchgeführte Neubau von Kernkraftwerken (Stichwort "Taxonomie"). Dass sich das ohne massive staatliche Subventionen selbst zu aktuellen Strompreisen nicht rechnet, ist ja wohl inzwischen nachgewiesen. Und auch ökologisch ist das ein zweifelhaftes Geschäft, denn Kernkraft aus neuen KKW hat lt. UBA mit Emissionen (über die gesamte Wertschöpfungskette) von ca. 117 g CO2/kWh einen beachtlichen Klima-Fußabdruck, immerhin etwa 1/4 von Erdgas. Hinzu kommt, dass sich KKW technisch wegen der schlechten Regelbarkeit nicht als Stromerzeuger für die Residuallast eignen. Bei hohen Anteilen von Wind und Sonne führen viele KKW im Netz zu einer erhöhten Abregelung von EE, wodurch sich die Bilanz der KKW nochmals verschlechtert. Ich hoffe daher sehr, dass nicht (z.B. aufgrund der neuen Taxonomie-Regeln) mit meinen Steuergeldern zukünftig der Bau von AKW in anderen EU-Ländern gefördert wird.

    Viessmann Vitotwin 300-W (1 kWel, 6 kWth) seit 2012

    PV-Anlage 8,45 kWp (65 x Solarworld SW 130poly Ost/Süd/West, SMA 5000 TL und 3000) seit 2010

    Solarthermie Viessmann Vitosol 300 Vakuumröhren 13,8 qm (Vorgänger Flachkollektoren 14 qm 2004-2021, davor 8 qm 1979-2003)

  • Hinzu kommt, dass sich KKW technisch wegen der schlechten Regelbarkeit nicht als Stromerzeuger für die Residuallast eignen. Bei hohen Anteilen von Wind und Sonne führen viele KKW im Netz zu einer erhöhten Abregelung von EE, wodurch sich die Bilanz der KKW nochmals verschlechtert.

    ....eine Frage zum Verständnis, wäre es nicht sinnvoll, in der oben darstellten Situation aus überschüssigen KKW-Strom Wasserstoff herzustellen und ins Erdgasnetz einzusetzen? Das wäre doch viel sinnvoller als EE Strom abzuregeln, oder? Wo ist mein Denkfehler?


    Beste Grüße

    Bernd

  • Wasserstoff herzustellen und ins Erdgasnetz einzusetzen? Das wäre doch viel sinnvoller als EE Strom abzuregeln, oder? Wo ist mein Denkfehler?

    Kommt darauf an, was Du meinst.

    Um dann z.B. mit dem Wasserstoff zu heizen ?

    Da wäre der Umweg über Wasserstoff nicht sinnvoll wegen des Gesamtwirkungsgrad der sicherlich lediglich bei 35 % liegen dürfte. Den Strom in Pumpspeicherkraftwerke einzuspeichern ( inkl nach Norwegen, Österreich ) oder ähnliches wäre sinnvoller.

    Allerdings setzt dies vorhandene Leitungskapazitäten voraus.

  • Alles ist besser als EE abzuregeln. Wenn die einzige Alternative die Abregelung von Wind- und PV-Produktion ist, wäre mir auch der Wirkungsgrad völlig Mumpe. "25% von X ist besser als 100% von Nix" (wie mal ein Politiker sagte). So lange es bessere Alternativen wie Pumpspeicher in Norwegen gibt, nimmt man natürlich die zuerst.


    Was die zukünftige Verwendung von grünem Wasserstoff betrifft, sehe ich die Priorität entsprechend der Wertigkeit der Anwendung und der (Nicht-)Ersetzbarkeit durch Strom. Das bedeutet:

    • Erste Priorität dürfte die stoffliche Verwertung in der Industrie haben, d.h. insbesondere in der Roheisenproduktion und in der chemischen Industrie (Ersatz von Kohle, Öl und Erdgas).
    • Die zweite Priorität werden Anwendungen in der Mobilität haben, wo der direkte Einsatz von Strom nicht möglich ist: Also die Herstellung synthetischer Kraftstoffe z.B. für den Flugverkehr und Sonderfahrzeuge, sowie der Einsatz in Brennstoffzellen im ÖPNV, Liefer- und Schwerlastverkehr, vielleicht auch in PKW's mit hauptsächlichem Langstrecken-Einsatz (Ersatz von Öl).
    • Speicherfunktion für Strom: Strom zur Einspeisung ins Netz wird man zukünftig (ungeachtet des miesen Gesamtwirkungsgrades) aus H2 machen müssen, um Kraftwerke in der Residuallast damit an Stelle von Erdgas zu betreiben (soweit Pumpspeicher das nicht leisten können).
    • Und erst wenn alle diese Verbraucher versorgt sind, wird man wahrscheinlich anfangen, mit H2 auch zu heizen. Der Grund dafür ist einfach, dass es beim Heizen so viele (meist bessere) Alternativen auf Basis Strom und/oder EE gibt, und dass es volkswirtschaftlich zweifellos günstiger ist, erst mal durch flächendeckende energetische Sanierung den Bedarf zu senken, bevor man anfängt, nur fürs Heizen zusätzliche teure H2-Infrastrukturen aufzubauen.

    Viessmann Vitotwin 300-W (1 kWel, 6 kWth) seit 2012

    PV-Anlage 8,45 kWp (65 x Solarworld SW 130poly Ost/Süd/West, SMA 5000 TL und 3000) seit 2010

    Solarthermie Viessmann Vitosol 300 Vakuumröhren 13,8 qm (Vorgänger Flachkollektoren 14 qm 2004-2021, davor 8 qm 1979-2003)

  • Auch die wenigen spanischen AKW`s sind weiterhin in Betrieb. Mit 22 % genauso viel wie alle Windkraftwerke sind sie auch weiterhin notwendig und werden auch weiterhin betrieben. So hätte Deutschland dies ebenfalls machen sollen, anstatt unter dem EIndruck des Wärmepumpenzubau sowie Elektrofahrzeug Zuwachs AKW`s und Kohlekraftwerke abzuschalten.

    Nettostromerzeugung aus Kernenergie in Spanien 2021

    Nettostromerzeugung aus Solarenergie in Spanien 2021

    Das verträgt sich nicht miteinander. Die Solarenergie frisst den Kernkraftwerken die Marge (Merit-Order-Effekt) weg und wird auch dazu führen, dass die Vollbenutzungsstunden von KKW zurückgehen. Jeder Betreiber eines AKWs hat jedes Jahr etwa 300 Mio gute Gründe (das war noch vor der Strompreisexplosion im 2. Halbjahr 2021), gegen den weiteren Ausbau von Solar- und Windenergie zu opponieren. Während Solar- und Windenergie noch ein gewaltiges Ausbaupotential haben, sieht es aufgrund der schlechten ökonomischen Situation bei der Kernkraft eher schlecht aus. Mit WEA und PV kann man vielleicht die Welt retten, mit KKWs eher nicht.


    Gruß,

    Gunnar


    Hinzu kommt, dass sich KKW technisch wegen der schlechten Regelbarkeit nicht als Stromerzeuger für die Residuallast eignen.

    Hier muss ich Kernkraftwerke in Schutz nehmen. Im Rahmen der üblichen Betriebsspannweite von z.B. 50%-100% Teillast können die ganz schön mit ihrer Laständerungsgeschwindigkeit flitzen und die Franzosen machen das schon seit Jahrzehnten. Der Knackpunkt war das vollständige Runterfahren und Wiederanfahren, was wegen der Xenonvergiftung einige Tage Wartezeit im Aus-Zustand bedeutet, bis das kurzlebige Zeug (Iod 135 + Xenon 135 als Reaktorgift) abgeklungen ist. Wenn man nur einen Reaktorblock hat, ist das eine Einschränkung, aber wenn man einen ganzen KKW-Park betreibt, kann man das so optimieren, dass immer ein Block zumindest so lange schon steht und "ausgekühlt" ist, dass man ihn sofort hochfahren kann um schnell Mehrleistung darzustellen.


    Das würde technisch klappen, wenn man sich einen Kraftwerkspark in der Größenordnung Frankreichs anschaut. Es macht nur ökonomisch keinen Sinn, mit Kernkraftwerken (CAPEX sehr hoch) nur Auslastungsdauern von Mittel- oder gar Spitzenlastkraftwerken anzustreben. Für so einen Anwendungsfall sind KKW ökonomisch nicht gut geeignet und in liberalisierten, wettbewerbsorientierten Märkten wird ein Betreiber, der so eine Strategie auch mit Neubauten verfolgen will, schnell von der Konkurrenz in den Ruin getrieben.


    Gruß,

    Gunnar

    Ist die Wärme kraftgekoppelt, wird die Energie gedoppelt. (Ulli Brosziewski)

    Einmal editiert, zuletzt von gunnar.kaestle () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von gunnar.kaestle mit diesem Beitrag zusammengefügt.