Gewinnerzielungsabsicht bei kleinen PV-Anlagen und vergleichbaren BHKW

  • Moin Marcus,


    So wie ich @rquermann verstanden habe, kann man Deine Fragen ganz allgemein wie folgt beantworten:

    - Kann Max Mustermann seinen "gewinnbringenden" Stahlhandel weiter betreiben aber die PV Anlage auf Liebhaberei setzen lassen??

    Ja, weil die Liebhaberei nur die ESt betrifft, und dort werden beide Betriebe getrennt behandelt. Voraussetzung dafür (wie auch für alle nachfolgenden Ausführungen) ist natürlich, dass die PV auf Max Mustermanns Privatvilla steht und auch seinerzeit aus Privatmitteln errichtet wurde (und nicht etwa als Teil des Gewerbebetriebs Stahlhandel).

    - wenn ja, bleibt trotz festgestellter Liebhaberei für den "Teilbetrieb" PV-Anlage die Regelbesteuerung bestehen ?

    Ja, weil die ESt-Frage der Liebhaberei nichts mit der USt-Frage der Regelbesteuerung zu tun hat.

    oder kann der "Teilbetrieb" aus Vereinfachungsgründen in die KUR wechseln

    Nein, weil bei der USt "die unternehmerische Tätigkeit sämtliche Tätigkeiten des Unternehmers erfasst" und es deswegen für die USt so etwas wie einen abgrenzbaren "Teilbetrieb" nicht gibt. Ein Wechsel in die KUR wäre nur möglich, wenn der Gesamtumsatz aller Tätigkeiten unter der gesetzlichen Grenze (neuerdings 22.000 EUR) liegt.

    - wie können die Anteiligen Einnahmen/Ausgaben aus in "Liebhaberei" betriebener PV nachgewiesen bzw. von den Einnahmen/Ausgaben des Stahlhandels in der Gewinnermittlung/ EÜR / Einkommensteuererklärung abgegrenzt werden oder müssen sie das gar nicht??

    Die Einnahmen und Ausgaben für die PV (einschl. AfA) lässt man – unabhängig vom Vorzeichen – beim Ausfüllen der EÜR einfach weg. Die EÜR enthält dann nur noch die Zahlen für den Stahlhandel.


    Die USt-Erklärung des Unternehmers Max Mustermann enthält dagegen auch weiterhin die Umsätze und ggf. unentgeltlichen Wertabgaben (sowie allfällige Angaben zu gezahlten Vorsteuern z.B. aus Reparaturrechnungen) aus der PV-Anlage.

    Herr X betreibt im Nebenerwerb PV + BHKW Regelbesteuert, zufällig fallen beide Anlagen im selben Jahr aus den Förderungen. Wenn er zu diesem Zeitpunkt zur KUR wechselt und gleichzeitig die zitierte neue Regelung nutzt beendet er ja quasi die Gewinnerzielende Tätigkeit ?

    Ob Herr X zur KUR wechseln kann, hängt davon ab die USt-pflichtigen Umsätze aus der Haupttätigkeit zusammen mit den Umsätzen aus PV+BHKW im jeweiligen Vorjahr unter der Grenze (22.000 EUR brutto) lagen. Lag der Gesamtumsatz höher, ist ein Übergang zur KUR nicht möglich. (Was ich nicht weiß ist, ob die unentgeltliche Wertabgabe dabei mitzählt. Aber das dürfte nur in Grenzfällen eine Rolle spielen.)


    Wenn Herr X für PV & BHKW die neue Regelung nutzt, beendet er insoweit die gewinnerzielende Tätigkeit, und zwar egal ob er gleichzeitig zur KUR wechselt (sofern er das kann) oder nicht. Ob mit der Haupttätigkeit Gewinne erzielt werden, spielt dabei keine Rolle.

    Was passiert mit den angehäuften vortragsfähigen Gewerbeverlusten ??

    Wenn damit Verluste aus PV&BHKW gemeint sind, verstehe ich nicht, warum es nicht möglich war, sie schon in früheren Jahren mit Gewinnen aus der Haupttätigkeit (oder anderen Einkünften) zu verrechnen. Oder gab es solche Gewinne bzw. Einkünfte nicht?


    Jedenfalls: Wenn aus früheren Jahren ein Verlustvortrag festgestellt wurde, unterscheidet der diesbezügliche Bescheid ja nicht danach, wo die Verluste herkamen. Dementsprechend müsste der festgestellte Verlust gem. § 10d EStG mit zukünftigen Einkünften verrechenbar sein, egal ob Herr X für PV/BHKW die Neuregelung in Anspruch nimmt oder nicht.

    Muß er nach diesem Zeitpunkt noch irgendwelche Betrieblichen Aufzeichnungen führen bzw. noch eine Gewinnermittlung erstellen ?

    Wenn ein Übergang zur KUR wegen der Umsätze aus der Haupttätigkeit nicht möglich ist, müssen für PV&BHKW betriebliche Aufzeichnungen noch insoweit geführt werden wie das für die USt-Erklärung erforderlich ist. Eine Gewinnermittlung wäre dagegen nur für die ESt-Erklärung erforderlich und muss daher für PV & BHKW nicht mehr gemacht werden.


    Gruß, Sailor

    Viessmann Vitotwin 300-W (1 kWel, 6 kWth) seit 2012

    PV-Anlage 8,45 kWp (65 x Solarworld SW 130poly Ost/Süd/West, SMA 5000 TL und 3000) seit 2010

    Solarthermie Viessmann Vitosol 300 Vakuumröhren 13,8 qm (Vorgänger Flachkollektoren 14 qm 2004-2021, davor 8 qm 1979-2003)

  • Hallo,

    da war sailor773 schneller und hat auch recht.
    Ein kleiner Kustgriff geht vielleicht, wenn Mustermann die PV-Anlage als Kleinunternehmer betreiben will. Gemeinsam mit seinem Stahlhandel bekommt er das nicht hin. Er kann aber -nur- die PV-Anlage z. B. an seine bessere Hälfte (m/w/d ;) verkaufen oder gemeinsam betreiben. Das Duo bessere Hälfte + Max gilt als eigener Unternehmer - und der kann dann die Kleinunternehmerregelung beanspruchen. Das wird aber einigen Schreibaufwand mit Netzbetreiber und Finanzamt verursachen.

  • Das Duo bessere Hälfte + Max gilt als eigener Unternehmer - und der kann dann die Kleinunternehmerregelung beanspruchen. Das wird aber einigen Schreibaufwand mit Netzbetreiber und Finanzamt verursachen.

    Und ich sehe dann je nach Gestaltung zumindest Risiken, was die EEG-Umlage auf den Eigenverbrauch betrifft.

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  • Danke nochmal euch beiden für die Erklärungen :thumbup:

    Die Fragestellung von mir war vielleicht Missverständlich gestellt. Herr X ist Angestellter, er hat lediglich PV+BHKW im Nebenerwerb. Insoweit ist Wechsel in die KUR unproblematisch und die Verluste konnten über die Jahre nicht durch andere Einnahmen abgtragen werden. Es blieb bislang nur das ungute Gefühl das nach Aufgabe der Tätigkeit das FA die letzten 7 Jahre neu berechnen könnte, wie bei Aufgabe von VuV üblich.

  • Eigentlich ist ja schon alles gesagt, aber für evtl. mitlesende Dritte stelle ich hier noch mal zwei Links ein:


    Bei Haufe gibt es eine leicht verständliche Erklärung zu der Neuregelung, einschl. Hinweis darauf wie es mit der Umsatzsteuer weiter geht (natürlich genau so wie von @rquermann erläutert :))


    und auf der Website des Bayerischen Landesamtes für Steuern findet man noch mal das Schreiben, ein Merkblatt dazu sowie ein Musteranschreiben für den Antrag.

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  • Umsatzsteuerrechtlich kommt es nicht auf Gewinnerzielungs-, sondern auf Einnahmeerzielungsabsicht an,

    sodass Einnahmen aus Liebhaberei umsatzsteuerbar sein können.

    Der umsatzsteuerrechtliche Begriff des Unternehmers wird mithin nicht durch die Grundsätze der Liebhaberei eingeschränkt. Da das Umsatzsteuerrecht keine besondere Liebhabereiregelung kennt, können hier die nicht umsatzsteuerbaren Sachverhalte mithilfe des Unternehmerbegriffs ausgeschieden werden. Für die Anwendung der Umsatzsteuerfreiheit von Einrichtungen nach gilt nach der Rechtsprechung, dass sie auch auf natürliche Personen mit Gewinnerzielungsabsicht bezogen ist.

    Rechtsgrundlage § 2 UStG.


    Es besteht nach wie vor das Recht, zu Votieren, also zum Kleinunternehmer, wenn die Voraussetzung erfüllt ( weniger 17500 Euro Umsatz ) sind.

    Bitte dann dem Energiedienstleister mit teilen!

    Vorsicht bei Neu Anlagen; Vorsteuerabzug dann nicht möglich, deshalb erst nach 5 Jahren votieren.

  • Ja.

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  • BMF hat mittlerweile ein neues Schreiben mit Stand 29.10,2021 herausgegeben, wodurch das alte Schreiben vom 02.06.2021 ersetzt wird.

    Hierbei werden einige Fragen klargestellt.

    Ich habe aktuell eine PV-Anlage mit einer Leistung von 8,64 kWp im Einsatz und ein BHKW Ecopower 1,0. Auf meinen Antrag auf Anwendung der Vereinfachungsregel teilte mir mein Finanzamt mit, dass ich diese Vereinfachungsregel entweder für die PV-Anlage oder für das BHKW in Anspruch nehmen kann. Ich habe mich hierbei für die PV-Anlage entschieden. Wenn ich das neue BMF-Schreiben richtig deute, kann ich die Vereinfachungsregel jetzt für beide Anlagen (Einsatz im selbstgenutzten EFH) anwenden bzw. neu beantragen. Unter Ziffer I ist ja jetzt von und/oder die Rede. Aktuelles BMF-Schreiben anbei.

    Seht Ihr das auch so?


    Grüße aus Niederbayern.

  • Wenn ich das neue BMF-Schreiben richtig deute, kann ich die Vereinfachungsregel jetzt für beide Anlagen (Einsatz im selbstgenutzten EFH) anwenden bzw. neu beantragen. Unter Ziffer I ist ja jetzt von und/oder die Rede. Aktuelles BMF-Schreiben anbei.

    Seht Ihr das auch so?

    Meiner Meinung nach ist das so, wobei – siehe Punkt 2 – bei mehreren Anlagen die Leistungen zu addieren sind und insgesamt unter 10 kW bleiben müssen. Mit (8,64 + 1 =) 9,64 kW Gesamtleistung kannst Du also die Vergünstigung für beide Anlagen in Anspruch nehmen.


    Hättest Du statt des Ecopower 1.0 ein NeoTower 2.0, so wäre die Gesamtleistung 10,64 kW. Ich lese das so, dass Du in diesem Fall für keine der beiden Anlagen die Vergünstigung beantragen könntest, obgleich jede für sich unter der 10 bzw. 2,5 kW-Grenze liegt (Beispiel 2).


    Übrigens hat unser Finanzamt bereits im Juli den Antrag für unsere beiden Anlagen (8,45 kWp + 1 kW, siehe Signatur) problemlos akzeptiert.

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  • Hallo Sailor773,

    Danke für die schnelle Rückmeldung. Eigentlich ein Unding, dass die Finanzämter hier unterschiedlich unterwegs sind.

    Ich hoffe, dass das neue Regelwerk jetzt alle gleich umsetzen.

  • Der Bundesrat hat am Freitag angeregt, die steuerliche Bagatellgrenze auf 30 kWp für PV und 7,5 kW für BHKW anzuheben und nich nur die Ertragssteuern, sondern auch die Umsatzsteuer zu entbürokratisieren: https://www.bundesrat.de/Share…_blob=publicationFile&v=1


    Die Behandlung im Bundestag ist für den 11. November angesetzt: https://www.bundestag.de/dokum…-umsatzsteuerrecht-867582

    Man achte darauf, dass der BHKW-Lieferant nicht gegen § 312 StGB verstößt. :neo:

  • Ertragsteuern ja, Umsatzsteuer nicht. Das Ganze läuft zwar unter der Überschrift "Umsatzsteuer", aber wenn man den Text genau liest, ist da immer nur von Ertragsteuern die Rede. Die Umsatzsteuer ist keine Ertragsteuer.


    Ich nehme an, dass der Vorschlag (angenommen er geht durch) an ein laufendes Steuergesetzgebungsverfahren angehängt werden soll, in dem es eigentlich um ganz was anderes geht. So etwas würde nicht zum ersten Mal passieren und hat den Zweck, dass nicht für eine eigentlich kleine Sache ein eigenes langwieriges Gesetzgebungsverfahren angeleiert werden muss. Ob aber überhaupt was draus wird, hängt davon ab, wie die "Ampel" diese Thematik sieht.

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  • Die Stellungnahme betrifft die Änderungen im Umsatzsteuerrecht und im Text ist von einer „(Ertrags-)Steuerbefreiung“ die Rede. Hier ist im Sinne einer anlagenbetreiberfreundlichen und energiewendeförderlichen Auslegung eher zu vertreten, dass eine Vereinfachung im gegenständlichen Umsatzsteuerrecht und auch im Hinblick auf die in Klammern gesetzten Ertragssteuern erfolgen sollte.

    Man achte darauf, dass der BHKW-Lieferant nicht gegen § 312 StGB verstößt. :neo: