Brennstoffzelle und Wärmepumpe mit Stromspeicher - Dimensionierung?

  • Hallo Sailor, 😃

    Von den insgesamt 25.000 kWh entfallen 5.200 hWh auf Wohnung; Rest ist gewerblich.

    Gewerbliche Öffnungszeiten sind an 4 Tagen pro Woche über 8 Stunden und an 2 Tagen pro Woche über 4 Stunden. Durchgehend über 52 Wochen. Während der Öffnungszeiten liegt der Gewebestromverbrauch konstant bei 4,5 kW/h. Habe das im 15 Minuten Takt analysiert. Ist sehr stabil und auch ohne saisonale Schwankungen. Retail-Geschäft mit Hauptlast durch PCs, Lampen, Lager-Roboter mit Fördertechnik und Kühlschränken.

  • Moin frankya ,


    Danke, mit diesen Angaben kann man was anfangen. (4*8+2*4)*4,5 gibt 180 kWh Stromverbrauch pro Woche. In 52 Wochen (macht Ihr echt nicht mal Weihnachtspause!?) macht das 9.360 kWh Stromverbrauch während der Öffnungszeiten. Nachdem der gewerbliche Anteil aber 19.800 kWh ausmacht, entfallen die restlichen 10.440 kWh gewerblicher Stromverbrauch auf die Grundlast außerhalb der Öffnungszeit. Zieht man die 2.080 Geschäftsstunden von den 8.760 Jahresstunden ab, bleiben 6.680 Stunden. Die Grundlast im Gewerbebetrieb ist somit (10.440/6.680=) ca. 1,6 kW, wahrscheinlich hauptsächlich für Kühlgeräte, Nachtbeleuchtung und weiter laufende Büroelektronik.


    Hinzu kommt der Bedarf im Haus: Bei 5.200 kWh Jahresverbrauch könnte das Gebäude eine Grundlast von 200 W haben. Insgesamt dürfte die Grundlast für Gewerbe + Wohnung damit um 1,8 kW liegen.


    Nachdem Du möglichst wenig Strom einspeisen möchtest, wäre meine Empfehlung, eine BlueGen Brennstoffzelle mit 1,5 kW(el) und 0,85 kW(th) plus Gastherme anzuschaffen.


    Die Brennstoffzelle würde 8.760 Stunden im Jahr durchlaufen. Da die Leistung der BG schon niedriger ist als die Grundlast im Gewerbeteil, kann man mit 100% Eigenverbrauchsquote rechnen. Dann könntet Ihr mit der BG ca. 13.100 von den 19.800 gewerblichen kWh sparen (immerhin zwei Drittel). Die restlichen 6.700 kWh im Gewerbe und den gesamten Strombedarf für die Wohnung (5.200 kWh) müsstet Ihr zukaufen, so dass Ihr unterm Strich auf eine Autarkie von 52% kommt. (Da der gesamte BlueGen Strom im Gewerbe verbleibt, ist nur auf den 10.000 kWh übersteigenden Eigenverbrauch – also auf ca. 3.100 kWh – 40% der EEG-Umlage zu zahlen.)


    Die BG 15 erzeugt am Tag 20,4 kWh Wärme. Die werdet Ihr außerhalb der Heizperiode (90 Tage) nur fürs Warmwasser nicht ganz wegbringen (die o.g. 300 l entsprechen ca. 11-12 kWh), aber der Löwenanteil der erzeugten Wärme (ich schätze 7.000 kWh) lässt sich bestimmt nutzen. Der Gesamtwärmebedarf dürfte (je nach Wirkungsgrad des Ölkessels) bei 40-45.000 kWh liegen, so dass ca. 33-38.000 kWh in den Monaten September bis Mai übrig bleiben. Diesen Bedarf würde ich mit einer Brennwert-Gastherme decken.


    Besser wäre natürlich eine Brennstoffzelle mit 2 kW(el, nur die gibt es nicht am Markt. Jetzt könnte man stattdessen eine zweite BG15 anschaffen: Beide zusammen könnten pro Tag 72 kWh Strom erzeugen. Das würde sogar für einen Achtstundentag mit (8*4,5+16*1,6=) 61 kWh Stromverbrauch im Gewerbe reichen, und es blieben noch 10 kWh für die Wohnung übrig. Aber dafür müsste zusätzlich ein Stromspeicher mit 12 kWh nutzbarer Kapazität beschafft werden, und ich habe Zweifel ob sich der rechnet (er käme im Jahr auf 260 Zyklen). Die Alternative wäre, ohne Speicher die zweite BG nur während der Öffnungszeiten – sowie wenn im Haus viel Strom verbraucht wird – mit Volllast laufen zu lassen und nachts (sowie ggf tagsüber am Sonntag) auf 0,5 kW(el) zu drosseln. Ich schätze, dass sie dann auf ca. 9.000 kWh Stromerzeugung käme, die zum weit überwiegenden Teil selbst verbraucht werden könnten. Die Autarkie würde so auch ohne Speicher vielleicht auf 80-85% steigen, aber ob sich eine zweite BG rechnet ist die Frage. (In dem Fall ist außerdem zu berücksichtigen, dass auf den an die Wohnung gelieferten Strom möglicherweise die volle EEG-Umlage zu entrichten ist.)


    Ich habe probeweise auch mal ein BHKW gerechnet, aber ein NeoTower 2.0 käme mit ca. 12.000 kWh auf eine niedrigere Stromerzeugung als die BG 15. Auch das größere 4.0 wäre mit 14-15.000 kWh nicht so viel besser, dass sich das lohnt. Es ist halt ein Jammer, dass eine PV-Anlage für die Stromversorgung im Sommer nicht in Frage kommt – sonst könnte das anders aussehen.


    Fazit:

    • Eine BlueGen Brennstoffzelle ist fast sicher wirtschaftlich und würde bei fast 100% Eigenverbrauchsanteil für ca. 52% Autarkie sorgen. Ein Stromspeicher wäre hier vollkommen sinnlos.
    • Bei zwei BlueGen könnte die zweite grenzwertig wirtschaftlich sein und für insgesamt gut 85% Autarkie sorgen. Um die Stromeinspeisung zu minimieren, kann die (zweite) BG 15 bei Bedarf auf 0,5 kW gedrosselt werden. Mit einem zusätzlichen 12 kW Stromspeicher halte ich – bei zweifelhafter Wirtschaftlichkeit – auch eine Selbstversorgung von >95% für möglich.
    • In jedem Fall sollte der verbliebene Wärmebedarf mit einer Brennwert-Gastherme gedeckt werden.

    Gruß, Sailor

    Viessmann Vitotwin 300-W (1 kWel, 6 kWth) seit 2012

    PV-Anlage 8,45 kWp (65 x Solarworld SW 130poly Ost/Süd/West, SMA 5000 TL und 3000) seit 2010

    Solarthermie Viessmann Vitosol 300 Vakuumröhren 13,8 qm (Vorgänger Flachkollektoren 14 qm 2004-2021, davor 8 qm 1979-2003)

  • Hallo sailor773 ,


    mit Deinem rechnerischen Sachverstand bist Du m.m. wirklich ein großer Gewinn für unser Forum . Mit welcher Energie Du Dich hier einbringst : Meine Hochachtung hast du !!!


    Aber , Du stellts meiner Meinung nach , z.b. die Blue Gen zu sehr in den Vordergrund , das mag ja auch rechnerisch vollkommen richtig sein .

    Das Wasserstoff ist u.a. wahrscheinlich für uns alle die Zukunfts - Energie , aber nur wenn der Wasserstoff aus erneuerbaren el. Energien gewonnen wird . Denn dann ist er auch 100 % SAUBER .

    Z.z. wird ja noch das Erdgas in den Geräten zu Wasserstoff chemisch umgeformt .

    Da aber dem angelieferten Erdgas teilweise noch andere Gase wie Propan, Butan usw. zugemischt werden dürfen ( 30 % Flüssiggas ist gesetzlich erlaubt ) ist es ein Gasgemisch der dem normalen Energiegehalt entsprechen muss .

    Aber ob bei der Umformung dieses Gasgemisch wirklich 100 % reines Wasserstoff , weiß m.m . nur ein auf diesen Gebiet arbeiteten Wissenschaftler .

    Das diese Gasbemischungen erlaubt sind , hängt mit den Kaufverträgen zwischen dem Gasgroßhändler ( Brigitta ) und den Stadtwerken bzw. ZVO usw. zusammen .

    Da bei wird eine gewisse maximale stündliche qm Gas - Entnahme aus der 80 Bar Hochdruckleitung vereinbart , die auf KEINEN Fall überschritten werden darf . Selbst bei einem unerlaubten entnommenden Qm , sind ca, 1000 - 10 000 Euro Strafe fällig ,

    das ist kein Scherz sondern Wirklichkeit .

    Um diese Strafen zu umgehen , werden in Kalten Wintern Abschaltung von Großabnehmern vorgenommen und auch die Einleitung von Propan o-ä. . manchmal sind auch noch Gasometer vorhanden .


    Hier im Forum wird bereits von einigen Betreibern den vorzeitigen Ausfall der Stacks gemeldet und sogar von Lieferschwierigkeiten berichtet .

    So wie es scheint wird wohl kein Stack seine Garantie erreichen . Dies wird auch Auswirkungen auf die Vollwartungsverträge haben .


    Alle meine geschilderten Vermutungen verstärken mich , den Ankauf z.B. einer Blue Gen zu vermeiden .


    Mein jetzt neu erworbener neo Tower 2,0 wird in Deutschland mit langlebigen Qualitätsprodukten gefertigt . Die ev. später benötigten Ersatzteile sind für jeden auf dem freien Markt zu günstigen Preisen erhältlich . So was wird bei einer Blue Gen garantiert nicht möglich sein . ( die Produktionswerkstatt von RMB wurde vor ca. 3 J. von einigen BHKW - FORUM Mitgliedern besichtigt )


    Wenn hier im Forum schon berichtet wird das es bereits für eine 3,5 Jahre alte Blue Gen keine Eratzteile mehr gibt und für den Ausfall Ersatzzahlungen bekommt aber gleichzeitig für den neuen Typ ein ( m.m. unanständiges Kaufangebot ) GEWORBEN wird , ist ein Hammer .


    Es wird auch nicht mehr lange dauern , bis wieder ein neuer Typ auf den Markt erscheint.


    Gruß

  • Moin fetti0,


    dass möglicherweise die Stacks von Brennstoffzellen durch Beimischungen von Propan etc. im Erdgas kaputt gehen, war mir neu. Das müsste dann ja so laufen, dass solche Gase im Reformer nicht wie Methan zu CO2 und H2 umgesetzt werden, sondern zu irgendetwas anderem. Nachdem es sich um eine katalytische Teil-Oxidation handelt, ist so etwas zumindest theoretisch denkbar und auch, dass solche Verbindungen dann (auch wenn es sich nur um Spuren handelt) im Dauerbetrieb im Stack Schaden anrichten. Als gelernter Elektrochemiker würde ich das zumindest nicht kategorisch ausschließen. Allerdings hätte ich eigentlich erwartet, dass die Entwickler von Brennstoffzellen die Qualität unseres Erdgases kennen und solche Effekte ggf. beim Design ihrer Geräte berücksichtigen.


    Gehört habe ich bislang nur von zwei Fällen, wo ein BlueGen Stack die Grätsche gemacht hat: bei KaJu74 im Jahr 2019 und jetzt bei NetterVermieter (September 2020). Es ist also (noch?) nicht wie seinerzeit bei den Stirlingmotoren, wo die Betreiber-Unterforen voll von Schadensberichten waren und zeitweise praktisch jede Woche ein neuer dazu kam. Natürlich kann das auch an einer geringeren Anzahl verbauter Geräte liegen: Ich weiß nicht wie viele BlueGen bei den Forumsmitgliedern laufen, und Hans Dampf (der die Dinger selbst verbaut) ist leider nicht mehr hier aktiv. Jedenfalls gab es 2019 bei KaJu74 noch Ersatzteile, und dass es bei NetterVermieter offenbar Versorgungsprobleme gibt, muss m.E. nicht unbedingt daran liegen, dass für die alte BlueGen mittlerweile die Ersatzteil-Vorhaltung eingestellt wurde. Für so etwas kann es viele Ursachen geben – Corona, eine unterbrochene Produktion für irgendwelche Teile womöglich in China, oder vielleicht hängt der Container mit den Stacks auch auf der "Ever Given" im Suezkanal fest?


    Die Frage ist, wie wirkt sich das in der Praxis beim Kunden aus. Grundsätzlich ist der ja durch den Vollwartungsvertrag für die ersten zehn Jahre vor den Kosten des Teile-Austauschs geschützt. Bei KaJu74 ging der Austausch dann ja wohl auch einigermaßen schnell. Ein Problem ist natürlich, wenn wie im Fall von NetterVermieter das Gerät mangels Ersatzteilen monatelang keinen Strom erzeugt. Aber in diesem Fall scheint mir das Angebot einer "Kulanzzahlung" seitens des Herstellers durchaus fair und angemessen – möglicherweise ist denen das selbst peinlich?


    Also ich würde aus dem bisher Bekannten jedenfalls noch nicht ableiten, dass die BlueGen Brennstoffzellen unzuverlässig seien. Natürlich ist das eine vergleichsweise neue Technik, und da kann grundsätzlich mehr passieren als bei einer ausgereiften Technik wie dem klassischen BHKW (besonders wenn es ein gutes Gerät ist wie anscheinend die RMB-BHKW's). Aber bislang sieht es so aus, als ob die Anbieter von Brennstoffzellen sich zumindest bemühen, in solchen Fällen kundenfreundliche Lösungen zu finden. Und dies konnte man in den letzten Jahren ausweislich der Beiträge hier im Forum keineswegs von allen BHKW-Herstellern sagen.


    Fazit: Ich habe in meinem Beitrag oben die BlueGen empfohlen, weil sie zu dem Bedarfsprofil anscheinend besser passt als ein klassisches BHKW. Wenn frankya allerdings die Brennstoffzelle (oder gar zwei davon) unheimlich sein sollte, wäre ein klassisches BHKW (insbesondere das NeoTower 4.0) bestimmt auch nicht schlecht. Das Problem beim klassischen BHKW ist halt, dass es bei dem genannten Wärmebedarf im Sommer – selbst gedrosselt – nicht genug Strom produzieren kann, und dass die klassische Abhilfe für dieses Problem – nämlich die Ergänzung durch eine PV-Anlage – in diesem speziellen Fall nicht geht. Trotzdem würde es sicher Sinn machen, sich neben den Angeboten für die BlueGen auch ein Angebot für ein neoTower 4.0 machen zu lassen: Kann ja sein, dass dies vergleichsweise (einschließlich Wartungskosten) so günstig ist, dass der Betrieb die genannten Nachteile dann gerne in Kauf nimmt.


    Die Entwicklung bei der BlueGen sollten wir jedenfalls weiter beobachten.


    Gruß, Sailor

    Viessmann Vitotwin 300-W (1 kWel, 6 kWth) seit 2012

    PV-Anlage 8,45 kWp (65 x Solarworld SW 130poly Ost/Süd/West, SMA 5000 TL und 3000) seit 2010

    Solarthermie Viessmann Vitosol 300 Vakuumröhren 13,8 qm (Vorgänger Flachkollektoren 14 qm 2004-2021, davor 8 qm 1979-2003)