BSZ mit PV Anlage kombinieren?

  • Hallo zusammen,

    ich benötige mal eure Hilfe. Ich würde gerne meine Heizung erneuern und damit für die Zukunft gerüstet sein. Es geht mir im Wesentlichen darum unabhängiger von den energiekosten zu werden.


    Zur Debatte stehen neben einer BSZ (Vitovalor PT2)

    alternativ auch eine moderne Brennwertkesselheizung mit Brauchwasserwärmepumpe die den PV Strom tagsüber nutzt sowie

    alternativ eine Hybridheizung mit Luft Luft Wärmepumpe


    Grundsätzliches:

    Welche Art der Heizung würdet ihr mir empfehlen?


    Mich reizt die BSZ, jedoch schrecken mich die zu erwartenden Verbrauchswerte (Eigenverbrauch BSZ und interne Brennwertheizung jeweils ca. 11800kWh) ab. Wenn das Angebot eines Energieberaters stimmt würde ich kaum weniger Gas benötigen. Warum dann also € 35.000 abzgl. Förderung in die Hand nehmen?


    Wie kann ich die BSZ mit der Batterie der PV Anlage kombinieren? regelt das der Heizungsinstallateur oder der Solateur? Wird eigendlich DC oder AC mit der BSZ produziert?


    VG Alf


    Verbrauchsdaten

    Jährlicher Stromverbrauch: 3950 kWh Tendenz steigend

    Jährlicher Brennstoffverbrauch: 25.000 kWh Tendenz mehr


    Derzeitige Heizung

    Energieträger der Heizung: Erdgas

    Alter und Typ der der Heiztechnik: Alt, Gasheizung (keine Brennwerttechnik, soviel ich weiß)

    Ist bereits eine Solarthermie vorhanden: Nein, auch nicht geplant

    Vorhandener Heizungspufferspeicher und Größe:

    Art der Warmwasserbereitung und Vorratsvolumen: Warmwasserspeicher 160L

    Gibt es ein besonderes Strom-/Wärmeverbrauchsverhalten: nein

    Hydraulischer Abgleich durchgeführt: nein

    Temperaturen der Heizkreise: Vorlauf ca. 60 65Grad / Rücklauf ca. 50 55 Grad

    Art der Heizkörper: Flachheizkörper


    Immobilie und Rahmendaten

    Beheizte Fläche, Anzahl Bewohner: 200m² 5 Personen

    Art und Baujahr der Immobilie: 1976

    Erfolgte Modernisierungen: Dachdämmung neu, neue Fenster

    Weitere geplante Modernisierungen: Kellerdeckendämmung, PV Anlage 13,3kWp mit Speicher 8kWh

    Zweiter Abgasstrang für BHKW frei: nein

    Erdgasanschluss vorhanden oder möglich: ja

    Zusammenschluss von Nachbarhäusern möglich: nein

    Die Heizung steht in einem separaten (immer molligwarmen) Kellerraum der Zugang nach Außen hat.

    E - Auto ist in der Warteschleife

  • Deine Heizkreistemperaturen sind ja jenseits allem guten oO


    Meine Huette is von '63, hab die originalen Rippenheizkoerper drin und bin bei dem heftigen Temperatur-Einbruch letzten Monat auf 55 Vorlauf gekommen.


    Jetzt gerade bei so 2 bis 8 Grad Aussentemperatur fahren wir 42 Grad tagsueber und 38 Grad nachts. Das Wohnzimmer hat Frauenkompatible 22 Grad.

  • Ich korrigiere, jetzt aktuell fahren wir 50 Grad Vorlauf und knapp 40 Grad Rücklauf

    Die o.g. Werte hatte ich im Tiefsten Wintereinbruch gesehen

  • Moin sandstern ,

    Wenn das Angebot eines Energieberaters stimmt würde ich kaum weniger Gas benötigen. Warum dann also € 35.000 abzgl. Förderung in die Hand nehmen?

    Mal abgesehen davon ob sich das bei Dir wirtschaftlich lohnt: Wenn Du mit Brennstoffzelle "kaum weniger" Gas brauchst als jetzt hieße das ja, dass Du die Energie, die Du jetzt nutzlos durch den Kamin jagst, zukünftig in ca. 5.000 kWh Strom verwandeln würdest. Also so schlecht fände ich das nicht. Der Zweck einer Brennstoffzelle ist ja nicht in erster Linie Gas zu sparen, sondern Bezugsstrom. Dass mit einer BZ tatsächlich weniger Gas verbraucht wird als vorher, geht allerdings nur wenn der Wirkungsgrad der aktuellen Heizung sehr niedrig ist.

    jetzt aktuell fahren wir 50 Grad Vorlauf und knapp 40 Grad Rücklauf

    Die o.g. Werte hatte ich im Tiefsten Wintereinbruch gesehen

    Das mit den Heizkreistemperaturen würde ich nicht so eng sehen, weil die Brennstoffzelle selbst – technisch bedingt – ohnedies keine Brennwertnutzung ermöglicht. Der Wirkungsgradverlust betrifft nur den Wärmeanteil, der aus der Zusatztherme bereitgestellt wird, in Deinem Fall also etwa die Hälfte. Trotzdem könntest Du versuchen, im Rahmen eines hydraulischen Abgleichs insbesondere die Rücklauftemperatur abzusenken. In dem Bereich bringt jedes Grad Absenkung fast ein halbes Prozent Einsparung beim Erdgasverbrauch der Zusatztherme.

    Jährlicher Stromverbrauch: 3950 kWh Tendenz steigend

    Dieser Stromverbrauch ist für den wirtschaftlichen Einsatz einer PT2 grenzwertig, und wenn Du gleichzeitig eine PV-Anlage anschaffen möchtest (insbesondere eine so große und gar mit Stromspeicher), dürfte sich beides zusammen nicht rechnen. Der Grund dafür ist, dass die Brennstoffzelle während der Heizperiode durchläuft (also ca. acht Monate im Jahr) und dann ein erheblicher Teil des sonst erreichbaren Eigenverbrauchs aus der PV-Anlage durch BZ-Strom substituiert wird. Weil man jede kWh nur einmal einsparen kann, kannst Du dafür nur 8 ct/kWh EEG-Vergütung rechnen anstatt 30 ct/kWh Bezugsstrom-Einsparung.


    Die Eigenverbrauchsanteile von PV-Anlagen mit und ohne Batterie lassen sich mit dem Tool hier grob abschätzen (in Deinem Fall muss man alle Größen halbieren, damit man innerhalb der Grenzen des Tools bleibt). Geht man von einer PV-Jahresproduktion von 13.000 kWh aus, so könntest Du ohne Batterie ca. 40% Deines Jahresverbrauchs aus der PV decken. Mit Batterie wären es rechnerisch fast 88%. Selbst wenn diese Werte zu optimistisch sind, würde mit dem Boliden von PV+Speicher für eine Brennstoffzelle kaum was übrig bleiben.


    Unter Gesichtspunkten des Eigenverbrauchs halte ich aber die geplante PV-Anlage und insbesondere den Stromspeicher sowieso schon für völlig überdimensioniert. In Zusammenarbeit mit einer Brennstoffzelle würde ich die Größe der PV-Anlage halbieren (es sei denn, die zusätzlichen Module rechnen sich allein aus der EEG-Einspeisevergütung) und den Speicher ganz weglassen. Das könnte insgesamt schon mal ca. 10-15.000 EUR an Investition sparen. Und entscheidend bei der Frage ob sich die Brennstoffzelle rechnet ist nicht der absolute Angebotspreis, sondern die Differenz zwischen dem Angebotspreis für die BZ und der (ohnedies notwendigen) Anschaffung einer konventionellen Ersatzheizung.


    In der Anlage füge ich eine Excel Tabelle zur Wirtschaftlichkeit ein, in der ich Deine Daten (soweit ich sie hatte) eingepflegt habe. Ich komme hier übrigens auf einen Gesamtgasverbrauch von fast 30.000 kWh (Hs): Könnte es sein, dass die Dir vorliegenden Verbrauchszahlen in Heizwert (Hi) statt Brennwert (Hs) angesetzt sind?


    Nach Korrektur der Daten (insbesondere Gas- und Strompreise sowie die Differenz der Investitionskosten in Feld J87) kannst Du die Netto-Investition für die BZ (Zeile 90) mit den Nettovorteilen über 10-20 Jahre (Zeilen 80-84) vergleichen. Mit diesen Daten halte ich das Ergebnis für grenzwertig, aber Du kannst ja mal mit der Tabelle "spielen" und sehen, was bei Eingabe anderer Zahlen rauskommt.


    Gruß, Sailor

  • weil die Brennstoffzelle selbst – technisch bedingt – ohnedies keine Brennwertnutzung ermöglicht.

    Das wusste ich nicht und irritiert mich dahingehend, dass da hinten doch CO2 und Wasser(dampf) rauskommt, oder kommt das Wasser schon flüssig raus?

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  • Ich gehe davon aus dass es jedenfalls erst mal flüssig anfällt. Soweit ich weiß liegt die Betriebstemperatur bei einer Niedertemperatur-BZ wie der von Panasonic unter 100°C. Aber frag' mich jetzt nicht, wie genau die das Wasser aus dem Stack rauskriegen. Vielleicht wird es ja im Rahmen des alle 48 Stunden stattfindenden zweieinhalbstündigen Regenerierungsprozesses "ausgeheizt". Dann würde alle 48 Stunden tatsächlich zweieinhalb Stunden lang Wasserdampf anfallen. Ein Gasverbrauch von 2,2 kWh/h bedeutet allerdings, dass in 45,5 Betriebsstunden mehr als 16 Liter Reaktionswasser anfallen: Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich so viel Wasser im Elektrolyten anreichern darf. Denkbar wäre daher auch, dass ein großer Teil des Wassers als "Luftfeuchtigkeit" mit dem Stickstoff aus der Zuluft und dem CO2 aus dem Reformer ausgetragen wird, aber auf einem Temperaturniveau und/oder in einer Verdünnung, die eine Kondensation an einer "Kühlung" mit 30-40°C nicht (oder kaum) ermöglichen. (Ich gebe zu, ich habe das nicht nachgerechnet.)


    Beim BlueGen (der hier nicht zur Debatte stand) ist dagegen schon Wasserdampf im Abgas. Da fällt auch der thermische Wirkungsgrad der BZ mit steigender Rücklauftemperatur, wie bei einer Brennwerttherme. An der TUM haben sie das im Rahmen einer Doktorarbeit nachgemessen.

    Viessmann Vitotwin 300-W (1 kWel, 6 kWth) seit 2012

    PV-Anlage 8,45 kWp (65 x Solarworld SW 130poly Ost/Süd/West, SMA 5000 TL und 3000) seit 2010

    Solarthermie Viessmann Vitosol 300 Vakuumröhren 13,8 qm (Vorgänger Flachkollektoren 14 qm 2004-2021, davor 8 qm 1979-2003)

    4 Mal editiert, zuletzt von sailor773 () aus folgendem Grund: Ergänzung

  • sailor773 Die PV Anlage ist groß, sehr groß sogar. Das stimmt. In Zusammenhang mit dem Speicher sehe ich das mittlerweile ähnlich wie du das so ausführlich beschrieben hast. Vielen Dank für diese präzise und umfangreiche Einschätzung :)


    Die aktuelle Planung bei mir sieht (aufgrund der PV Anlage und des Speichers) eine Hybridheizung mit Luft Wasser Wärmepumpe vor. Die Wärmepumpe soll dann möglichst mit Überschußstrom aus der PV / bzw. Nachts aus dem Speicher laufen.


    Die von dir angefügte Tabelle ist aber auch sehr interessant. Vielleicht lasse ich mich von meinem Installateur ja noch umstimmen (Termin morgen Nachmittag) und nehme doch eine BSZ?

    Dann sollte aufgrund der Stromerzeugung der BSZ der Stromspeicher von der PV entfallen, richtig? Die Größe der PV packe ich nicht mehr an weil ich der Überzeugung bin so für die Zukunft gerüstet zu sein. Wenn man sich im Netz umschaut sagt dir (fast)jeder, dass der Speicher sich nicht rentiert. Ganz abgesehen von der schlechten Umweltbilanz bei der Herstellung von Lithium Speichern.

  • Die aktuelle Planung bei mir sieht (aufgrund der PV Anlage und des Speichers) eine Hybridheizung mit Luft Wasser Wärmepumpe vor. Die Wärmepumpe soll dann möglichst mit Überschußstrom aus der PV / bzw. Nachts aus dem Speicher laufen.

    Das kann man machen, allerdings hätten in dem Fall die von Dir genannten Vorlauftemperaturen im Heizkreis einen erheblich größeren (negativen) Einfluss auf den Wirkungsgrad. Deswegen ist eine Luft-WP für den monovalenten Einsatz in einem un- oder teilsanierten Gebäude normalerweise wenig geeignet. Die WP in einer Hybridheizung – d.h. in Ergänzung zu einer Gastherme und mit einer Schaltung, welche die WP nur freigibt wenn ausreichend PV- oder Batteriestrom zur Verfügung ist – kann dagegen technisch durchaus Sinn machen, zumal die WP dann deutlich kleiner dimensioniert werden kann und außerdem vorrangig bei wärmeren Außentemperaturen läuft, wo der Wirkungsgrad höher ist. Ob sich das besser rechnet als andere Alternativen (immerhin kann man glaube ich 35% Förderung auf die Gesamtkosten bekommen), ist aus der Ferne schwer zu beurteilen.

    nehme doch eine BSZ?

    Dann sollte aufgrund der Stromerzeugung der BSZ der Stromspeicher von der PV entfallen, richtig?

    Richtig. Mit einer BZ und einer großen PV-Anlage müsstest Du auch ohne Speicher schon einen sehr hohen Autarkiegrad erreichen, so dass ein Stromspeicher (insbesondere in der geplanten Größe und bei den derzeitigen Speicherpreisen) rausgeschmissenes Geld wäre. Was Du machen könntest, wäre beim Bau der Anlage die mögliche spätere Nachrüstung eines Speichers zu berücksichtigen, z.B. bei Platz und Anschlussmöglichkeiten. Du solltest dann ein paar Jahre Deinen Bezugsstrom-Zukauf und die Einspeisung aus den beiden Anlagen regelmäßig aufschreiben, z.B. wöchentlich. Dadurch bekommst Du eine sehr gute Datenbasis um die sinnvolle Größe eines möglichen Speichers berechnen zu können. Anhand der (langsam aber stetig fallenden) Speicherpreise und der (langsam aber steig steigenden) Bezugsstrompreise kannst Du dann in aller Ruhe den richtigen Zeitpunkt zur Nachrüstung eines Speichers bestimmen. Ich würde aber wetten, dass die von Dir so ermittelte Speichergröße dann bei maximal 4 kWh liegt, eher darunter.

    Ganz abgesehen von der schlechten Umweltbilanz bei der Herstellung von Lithium Speichern.

    Bei Hausspeichern gibt es interessante Neuentwicklungen, die ohne Lithium & Co auskommen, z.B. den Salzwasserspeicher von Greenrock. Rechnen tun sich die im Moment genau so wenig wie die normalen Lithiumbatterien, und was sich zukünftig durchsetzt wird der Markt entscheiden. Aber Du hast ja alle Zeit der Welt um das zu beobachten: Im Moment sinkt bei einem Normalhaushalt – grob geschätzt – der Preis für einen Hausspeicher pro Jahr um einen ähnlich großen Betrag wie der Benutzer mit diesem Speicher im gleichen Jahr über weniger Strombezug hätte sparen können.

    Viessmann Vitotwin 300-W (1 kWel, 6 kWth) seit 2012

    PV-Anlage 8,45 kWp (65 x Solarworld SW 130poly Ost/Süd/West, SMA 5000 TL und 3000) seit 2010

    Solarthermie Viessmann Vitosol 300 Vakuumröhren 13,8 qm (Vorgänger Flachkollektoren 14 qm 2004-2021, davor 8 qm 1979-2003)