Heizungssanierung - was macht Sinn?

  • Hallo liebe Community,


    kurze Vorstellung: Nils mein Name, 45j und EFH Besitzer mit 5 Einwohnern.

    Ich bin taufrisch in dem Forum und hab' versucht mich ein bisschen einzulesen.

    Das macht mir hier alles einen sehr kompetenten Eindruck, daher hoffe ich, etwas Erleuchtung zu finden (mir raucht der Kopf von den vielen Möglichkeiten...)


    Zu unserer Situation:

    Wir wollen einen Pool im Garten bauen lassen, der mit einer Wärmepumpe beheizt werden soll.

    Das kostet Strom, daher hab' ich zuerst gedacht: oh, da lohnt sich doch ne PV Anlage auf's Dach zu stellen.

    Dann hab' ich mich etwas informiert und der Gedanke kam, evtl. macht es Sinn, ein BHKW oder eine BSZ für unsere 20 Jahre alte Fröling in Betracht zu ziehen?

    Mir fällt es allerdings schwer, die Pro/Contras bzw. technischen Voraussetzungen alle abzuwägen oder im Blick zu haben.

    Daher erhoffe ich mir von euch Hilfe für eine Entscheidungsfindung.

    Was PV Anlagen angeht habe ich mich mittlerweile recht gut eingelesen, aber Heizung ist schon noch ne Nummer komplexer finde ich.

    Zur Unterstützung habe ich ein par Fotos des Heizungskellers gemacht.


    Zu unserem Haus:

    Das Haus haben wir vor 8 Jahren gekauft.

    KG: jeweils 100m² mit Fußbodenheizung (1 Verteilerkasten) und Heizkörpern (4 Zimmer, 5 Heizkörper)

    EG: 240m² Fußbodenheizung mit 2 Verteilerkästen

    OG: 150m² Fußbodenheizung mit 1 Verteilerkasten

    Die Räume im Keller werden momentan nicht wirklich beheizt, für die Räume mit Heizkörper wird sich das auch nicht ändern.

    In unseren Badezimmern sind Anschlüsse für Handtuchhalter/wärmer in der Wand, die sind aber nicht genutzt (wollen wir auch nicht).


    Zu unserem Stromverbrauch:

    Momentan haben wir 6.000kWh/a, allerdings wird sich das spätestens nächstes Jahr erhöhen, wenn wir unseren Pool haben.

    Der wird ca. 80m³ Wasser haben und geplant ist eine Temperatur zw. 25-28°C. Was das an Stromverbrauch bedeutet bin ich mir nicht sicher, ich schätze zw. 4.000 und 6.000kWh/a.

    Dazu ist als nächstes Auto mittelfristig (wenn das alte seinen Geist aufgibt) ein E-Auto geplant, was nochmal zusätzlich ~2.000kWh/a bedeuten würde.

    In Summe wären wir dann schon bei 12.000kWh/a.


    Zu unserer Heizung:

    Es ist eine ca. 20j alte Fröling RendaCalor. Den Heizungskeller (16m²) habe ich fotografiert, siehe Fotos.

    Ich kenne mich so gar nicht aus, es ist eine Heizung, sie macht das Haus und das Wasser warm durch Verbrennung von Gas .

    2 mal im Jahr stelle ich die Uhr an der Steuerung um und mehr mache ich nicht. :rolleyes:

    Wir haben anscheinend zwei Heizkreise, jeweils für die Fußbodenheizung und die Heizkörper (die nicht benutzt werden).


    Fragebogen:


    Verbrauchsdaten

    Jährlicher Stromverbrauch: 6.000kWh (in Zukunft höher wegen Poolheizung und E-Auto, geschätzt +6.000kWh)

    Jährlicher Brennstoffverbrauch: 43.000kWh


    Derzeitige Heizung

    Energieträger der Heizung: Gas

    Alter und Typ der der Heiztechnik: Brennwert 20j

    Ist bereits eine Solarthermie vorhanden: nein

    Vorhandener Heizungspufferspeicher und Größe: bin ich überfragt

    Art der Warmwasserbereitung und Vorratsvolumen: Trinkwassererwärmer von Fröling (?) siehe Fotos

    Gibt es ein besonderes Strom-/Wärmeverbrauchsverhalten: Klimaanlage Splitgerät mit 4 Verbrauchern

    Hydraulischer Abgleich durchgeführt: nicht das ich wüsste

    Temperaturen der Heizkreise: bin ich überfragt, siehe Fotos(?)

    Art der Heizkörper: Fußbodenheizung und Heizkörper


    Immobilie und Rahmendaten

    Beheizte Fläche, Anzahl Bewohner: 500m², 5

    Art und Baujahr der Immobilie: 2001

    Erfolgte Modernisierungen: keine

    Weitere geplante Modernisierungen: Außen-Pool mit Wärmepumpe

    Zweiter Abgasstrang für BHKW frei: keine Ahnung

    Erdgasanschluss vorhanden oder möglich: vorhanden

    Zusammenschluss von Nachbarhäusern möglich: nein


    Ich würde mich sehr über eure Ratschläge freuen!


    VG

    Nils


    Fotos:




    PS: ich hatte heute einen Energy World Vertreter wegen einer BSZ da, der ging gar nicht...hat gefühlt nur Mist erzählt und wollte mir noch nicht einmal das Angebot, was er dabei hatte(!), da lassen. Jetzt hab ich im Forum gesehen, EW ist als 'schwarzes Schaf' schon bekannt :D

  • Moin Nils,


    auch wenn der Auslöser Deiner Frage die Poolbeheizung war, würde ich das gerne trennen und erst mal mit dem Haus selbst anfangen.


    Bei einem Strombedarf von 6.000 kWh plus X und einem Wärmebedarf von derzeit 40.000 kWh sind an sich die Voraussetzungen für ein BHKW gut. Eine Brennstoffzelle der 0,75 kW-Klasse wie die Viessmann PT2 wäre da fast schon zu knapp bemessen, weil sie selbst bei 7.000 Stunden Laufzeit nur 5.250 kWh Strom erzeugen würde. Besser passt da ein klassisches BHKW wie das neoTower 2.0: Das könnte bei Euch wohl auch auf 6.000 Stunden kommen und würde dann knapp 12.000 kWh Strom produzieren. Mit 2 kW(el) hätte es auch Leistung genug um ein E-Auto nachts, bei "Schnarchladung" mit 2,3 kW aus der Steckdose, zu ca. drei Vierteln mit BHKW-Strom zu laden.


    Was mich trotzdem zögern lässt Dir ein BHKW zu empfehlen ist dies:

    Ich kenne mich so gar nicht aus, es ist eine Heizung, sie macht das Haus und das Wasser warm durch Verbrennung von Gas .

    2 mal im Jahr stelle ich die Uhr an der Steuerung um und mehr mache ich nicht. :rolleyes:

    Wenn Du das so beibehalten möchtest, ist – fürchte ich – ein BHKW nichts für Dich. Um ein BHKW sollte man sich etwas mehr kümmern (wollen) als Du das beschreibst: Nicht etwa selbst dran rumbasteln, aber wenigstens regelmäßig die Werte ablesen und vielleicht auch das System durch Optimieren der Einstellwerte verbessern. Auch die bürokratischen Anforderungen (Finanzamt, Zoll, Netzbetreiber) sind zu bedenken (Näheres siehe die Beiträge hier im Forum). Wenn Du Dich darauf nicht einlassen möchtest – wofür ich tiefes Verständnis habe – wirst Du mit einem BHKW wohl nicht glücklich werden.


    Am ehesten ginge dann vielleicht noch eine BlueGen Brennstoffzelle, die das ganze Jahr über mit 1,5 kW durchläuft und mit Ausnahme der regelmäßigen Wartungstermine weder beaufsichtigt werden muss noch irgendwie betrieblich optimiert werden kann. Die BG erzeugt täglich 36 kWh Strom (13.000 kWh/Jahr) und 20 kWh Wärme. Wenn letztere im Sommer nicht (für Warmwasser) abgenommen wird, geht sie ungenutzt über Dach. Kümmern im eigentlichen Sinn muss (und kann) man sich also nicht, aber die Werte würde ich schon regelmäßig ablesen, schon allein weil es ja mal eine Störung geben kann. Und die Bürokratie ist dieselbe wie bei einem normalen BHKW.


    Sowohl die BlueGen als auch ein NeoTower BHKW erfordern zusätzlich die Installation einer Gastherme für die Spitzenlast. Das kostet Geld, hat aber auch den Vorteil, dass bei Dir nicht die Bude kalt wird wenn mit dem BHKW oder der BZ mal was ist.


    Was den Pool betrifft: Bei einem normalen BHKW wie dem NeoTower 2.0 könnte man versuchen, den Pool mit BHKW-Abwärme (5,2 kW) zu beheizen – natürlich nur wenn die Rohrleitungen nicht zu lang werden. Das würde auch im Sommer für sehr lange Laufzeiten mit dementsprechend hoher Stromproduktion sorgen. Bei einer BlueGen Brennstoffzelle lohnt sich das nicht, weil deren Wärmeleistung mit 0,85 kW dafür zu gering ist. Da braucht es dann in jedem Fall eine Wärmepumpe. Ob aber eine Pool-WP gut mit einer BlueGen zusammenarbeitet, hängt von der Leistungsaufnahme der Pool-WP ab. Falls die weniger als ca. 1 kW ist (was im Sommer einer Wärmeleistung von vielleicht 5 kW entspricht), könnte man die Poolheizung nachts, sowie tagsüber außerhalb der Spitzenlastzeiten, mit BZ-Strom laufen lassen. Bei deutlich größerer Leistungsaufnahme der WP würde ich empfehlen, dennoch zusätzlich eine PV-Anlage zu installieren.


    Und für das Laden eines E-Autos ist der Beitrag einer Brennstoffzelle begrenzt. Selbst wenn nachts im Haus nur Grundlast ansteht, bleiben von den 1,5 kW vielleicht 1,3 kW für das E-Auto übrig. Angenommen man lädt mit 2,3 kW aus der Steckdose, so käme etwas mehr als die Hälfte des Ladestroms aus der Brennstoffzelle. Beim Laden aus der Wallbox (11 kW) wären es kaum mehr als 10%.


    Gruß, Sailor

    Viessmann Vitotwin 300-W (1 kWel, 6 kWth) seit 2012

    PV-Anlage 8,45 kWp (65 x Solarworld SW 130poly Ost/Süd/West, SMA 5000 TL und 3000) seit 2010

    Solarthermie Viessmann Vitosol 300 Vakuumröhren 13,8 qm (Vorgänger Flachkollektoren 14 qm 2004-2021, davor 8 qm 1979-2003)

  • Hallo Sailor,


    vielen dank für die schnelle und ausführliche Antwort!

    Das mit der BSZ habe ich mir halb gedacht, da der EW Typ mir auch gesagt hatte, dass max. 7.000kWh/a Strom möglich wären.

    Die Mitversorgung des Pools hatte ich auch schon überlegt, aber das scheitert an der Entfernung und Praktikabilität. Da müsste man unter der Terrasse her bzw. die Strecke ist einfach zu lang. Der braucht einfach was eigenes...


    Was mit nicht klar ist: inwieweit eine Wärmepumpe als Heizung geeignet wäre, da wir ja auch einen Heizkörper Kreislauf mit hohen Temperaturen haben. Bei einer WP hat man normal ja auch eine Hybrid Lösung mit Gastherme dabei, übernimmt die dann immer diesen Heizkreislauf?


    Die PV Anlage auf dem Dach könnte bei knapp 30.000kWp so ca. 24.000kWh bringen.


    Auf jeden Fall Danke für die Infos, die bringen mich schon viel weiter.


    VG

    Nils

  • inwieweit eine Wärmepumpe als Heizung geeignet wäre, da wir ja auch einen Heizkörper Kreislauf mit hohen Temperaturen haben. Bei einer WP hat man normal ja auch eine Hybrid Lösung mit Gastherme dabei, übernimmt die dann immer diesen Heizkreislauf?

    In Deiner Darstellung oben steht, dass die Heizkörper nicht benutzt bzw. die Räume mit den Heizkörpern nicht beheizt werden. So lang das so bleibt, muss man den Heizkörper-Kreislauf auch nicht berücksichtigen.


    Ansonsten würde ich zunächst empfehlen, einen hydraulischen Abgleich zu machen. Der ist für Förderungen aller Art ohnedies Voraussetzung. Je nach den örtlichen Verhältnissen kann man mit Hilfe eines HA die Vorlauftemperatur reduzieren, weil alle Heizkörper dann gleichmäßiger versorgt und so besser ausgelastet werden.


    Der Sinn einer Hybridlösung ist, dass (v.a. in Bestandsgebäuden mit hohem Wärmebedarf und oft auch hohen Vorlauftemperaturen) die Gastherme zu den Zeiten die Heizarbeit übernimmt, wo eine Luft-WP wegen niedriger Außentemperatur und gleichzeitig hoher Vorlauftemperatur einen schlechten Wirkungsgrad (COP) hat. Der COP ist bei jeder WP abhängig von der Temperaturdifferenz, die zu überwinden ist, i.d.R. also Vorlauftemperatur minus Außentemperatur. Diese Differenz kann man aus der verwendeten Heizkurve direkt ablesen, z.B. die Heizkurve 1,0 verlangt bei AT= 0°C eine Vorlauftemperatur von 40°C, dann ist die Differenz 40 K. In den technischen Daten der Wärmepumpen findet man entweder eine COP-Kennlinie oder zumindest Angaben des COP für verschiedene Bedingungen, z.B. COP=3,5 bei AT -7°C/VLT 35°C, was einer Temperaturdifferenz von 42 K entspricht. Jetzt muss man nur noch die Stromkosten (ct/kWh) durch die Gaskosten (ct/kWh) teilen und erhält eine Zahl (normalerweise zwischen 3 und 5) für den COP, den man mindestens braucht um die WP wirtschaftlich betreiben zu können. Aus dem Vergleich dieser Zahl mit der COP-Kennlinie kann man dann die Außentemperatur abschätzen, unterhalb derer die WP sinnvollerweise nicht mehr betrieben werden sollte.


    Bei der Warmwasserbereitung ist der COP besonders schlecht, weil hier selbst im Sommer schon häufig Temperaturdifferenzen von 40 K überwunden werden müssen.


    Aus diesem Grund empfehle ich, beim Einsatz einer Wärmepumpe wenn irgend möglich eine PV-Anlage auf das Dach zu setzen, die groß genug ist um jedenfalls außerhalb der vier Wintermonate – zusätzlich zum Stromverbrauch des Anwesens – die WP allein zu betreiben. Die 8-16 Stunden am Tag, in denen die PV nicht genug oder gar keinen Strom liefert, würde ich mit einem Wärmespeicher überbrücken, der tagsüber von der WP aus PV-Strom geladen wird: Die Speicherung von Wärme ist viel billiger als die Speicherung von Strom. Um den COP muss man sich bei PV-Strom keine Gedanken machen, da PV-Strom nur mit der entgangenen EEG-Einspeisevergütung zu bewerten ist. Bei derzeit 8,16 ct/kWh EEG-Vergütung und angenommenen Gaskosten von 6 ct/kWh könnte man eine WP mit 100% PV-Strom theoretisch bis zu einem COP von 1,36 wirtschaftlich betreiben.


    In Deinem speziellen Fall würde es um zwei Wärmepumpen gehen, eine für den Pool und eine fürs Haus. Aber wenn Du 30 kWp PV installieren kannst, bringt das auch bei Bewölkung in der Übergangszeit wahrscheinlich weit mehr als die Wärmepumpen verbrauchen. In dem Fall könnte es sich lohnen, eine elektronische Mimik zu installieren, welche die Haus-WP (oder auch beide WP's) unabhängig von der Außentemperatur immer freigibt, wenn für deren Betrieb ausreichend PV-Strom vorhanden ist.

    Viessmann Vitotwin 300-W (1 kWel, 6 kWth) seit 2012

    PV-Anlage 8,45 kWp (65 x Solarworld SW 130poly Ost/Süd/West, SMA 5000 TL und 3000) seit 2010

    Solarthermie Viessmann Vitosol 300 Vakuumröhren 13,8 qm (Vorgänger Flachkollektoren 14 qm 2004-2021, davor 8 qm 1979-2003)

  • OK, das klingt für mich erstmal nach viel Rechnerei. ^^


    Gibt es eine gute Seite/Infos, wie man die WP und alles was dazu gehört berechnet/dimensioniert?
    Ich habe jetzt spontan hier im Forum keine FAQ/Wissensseiten gefunden...

    Das mit dem Tipp der Wärmespeicherung statt Stromspeicherung klingt gut, wusste ich bisher noch nicht :thumbup: