Lohnt sich bei diesem MFH ein BHKW?

  • Hallo.

    Ich saniere ein Mehrfamilienhaus mit 4 Etagenwohnungen die insgesamt ca. 410m2 Fläche haben.


    Es ist ein gemauerter Altbau der keine wärmedämmung von außen bekommt.

    Mauer Stärke 40 wird nach oben natürlich weniger bis auf 24er Mauer Werk glaube ich.


    Es soll flächendeckend Fußboden Heizung verbaut werden.


    Lohnt es sich hier ein BHKW zu installieren?

    Die sollen ja mindestens 5000 Betriebsstunden benötigen um sich halbwegs zu lohnen. Also 14std pro Tag im Jahr.


    Oder kommt man mit einer Kombination aus Gas, Wärmepumpe und eventuell solar besser?


    Bin über Tipps, Erfahrungen und Ratschläge dankbar :)

  • Daniel, um hier irgendwelche Ratschläge geben zu können, bräuchten wir mindestens folgendes:

    • Jahreswärmebedarf im sanierten Zustand (z.B. aus dem Gutachten des Energieberaters)
    • Anzahl Bewohner (zur Abschätzung des Warmwasserbedarfs außerhalb der Heizperiode)
    • Strombedarf.

    Besser wäre, Du könntest den Fragebogen ausfüllen.


    Unabhängig davon: Sofern Du mit dem BHKW-Strom alle Wohnungen versorgen willst, musst Du berücksichtigen, dass auf Stromlieferungen an "Dritte" die volle EEG-Umlage abzuführen ist. Das bedeutet einschl. USt eine Kostenerhöhung um ca. 8 Cent pro gelieferter kWh, die bei der Wirtschaftlichkeitsrechnung für ein BHKW einzurechnen wäre. Für Strom aus einer PV-Anlage gilt grundsätzlich dasselbe, wobei man dort gemäß Mieterstromgesetz einen Zuschuss beantragen und – unter Inkaufnahme von viel Bürokratie – einen (kleinen) Teil des Schadens ausgleichen kann. Für Strom aus einem BHKW gibt es nicht einmal diese fragwürdige Option.

    Viessmann Vitotwin 300-W (1 kWel, 6 kWth) seit 2012

    PV-Anlage 8,45 kWp (65 x Solarworld SW 130poly Ost/Süd/West, SMA 5000 TL und 3000) seit 2010

    Solarthermie Viessmann Vitosol 300 Vakuumröhren 13,8 qm (Vorgänger Flachkollektoren 14 qm 2004-2021, davor 8 qm 1979-2003)

  • Den Fragebogen habe ich übersehen sry.

    Einen Energieberater gibt es noch nicht.

    Werde mal versuchen alles fragen halbwegs zu beantworten die ich beantworten kann.


    Pro Wohnung rechne ich mit mindestens 2000kw/h im Jahr.


    Verbrauchsdaten

    Jährlicher Stromverbrauch: 8000kw/h

    Jährlicher Brennstoffverbrauch: /


    Derzeitige Heizung

    Energieträger der Heizung: Gas

    Alter und Typ der der Heiztechnik: wird neu gebaut

    Ist bereits eine Solarthermie vorhanden: nein

    Vorhandener Heizungspufferspeicher und Größe: nein

    Art der Warmwasserbereitung und Vorratsvolumen: flexibel

    Gibt es ein besonderes Strom-/Wärmeverbrauchsverhalten: nein

    Hydraulischer Abgleich durchgeführt: nein

    Temperaturen der Heizkreise: /

    Art der Heizkörper: Fußboden Heizung


    Immobilie und Rahmendaten

    Beheizte Fläche, Anzahl Bewohner: 410m2 10 Bewohner

    Art und Baujahr der Immobilie: Mehrfamilienhaus ungedämmt ca. 1930

    Erfolgte Modernisierungen: keine

    Weitere geplante Modernisierungen: geschoss und Keller decken dammung

    Zweiter Abgasstrang für BHKW frei: /

    Erdgasanschluss vorhanden oder möglich: ja

    Zusammenschluss von Nachbarhäusern möglich: eventuell

  • Moin Daniel,


    ohne eine realistische Zahl zum zukünftigen Wärmebedarf ist es schwer, hier einen Ratschlag zu geben. Und so lang es kein Energiegutachten gibt (Achtung: Kann auch Voraussetzung für die Bewilligung von Förderungen sein!) kann man den Wärmebedarf wirklich nur über den Daumen peilen. Deswegen, mit aller gebotenen Vorsicht, mal eine Peilung über drei breite Seemannsdaumen:


    Nach dieser Quelle kann man für ein Haus Baujahr 1930 einen Heizwärmebedarf von 150 kWh/qm ansetzen, das wären bei Dir ca. 60.000 kWh im Jahr. Der Warmwasserbedarf für 10 Personen kommt mit ca. 8000 kWh/a hinzu.


    Die Dämmung der obersten Geschossdecke soll standardmäßig eine Einsparung von 7% bei der Heizwärme bringen, die Kellerdecke 5%. Zusammen wären das 12% oder ca. 7.200 kWh. Es ist also wahrscheinlich nicht völlig daneben, wenn man den zukünftigen Wärmebedarf Deines Objektes (Heizung + Warmwasser) mit 60.000 kWh ansetzt. Die Heizlast bei Nenntemperatur könnte – noch gröber geschätzt – irgendwo um die 30 kW liegen. Den Warmwasserbedarf für 10 Personen schätze ich auf 20-25 kWh pro Tag.


    Wenn das alles auch nur halbwegs stimmt, würde ich (trotz der WP-freundlichen Fußbodenheizung) von einer Wärmepumpe abraten, weil Dich (bzw. Deine Mieter) die Stromkosten wahrscheinlich auffressen würden.


    Ein BHKW der 2 kW-Klasse wie das NeoTower 2.0 mit 5,2 kW(th) könnte dagegen unter den genannten Umständen auf durchaus beachtliche Laufzeiten kommen, ich halte sogar über 6000 Betriebsstunden im Jahr für möglich. Damit könntest Du auf 12.000 kWh Stromerzeugung kommen, von denen vielleicht ca. 6-7000 kWh im Haus verbraucht werden. Wenn Du ein Übriges tun willst, kannst Du eine PV-Anlage aufs Dach packen und das BHKW außerhalb der Heizperiode vorwiegend abends laufen lassen, dann hättest Du auch ohne einen (in aller Regel, insbesondere bei Mietobjekten, völlig unwirtschaftlichen) Stromspeicher auch im Sommer bis zu 20 Stunden am Tag Strom aus Eigenversorgung. Für die Wärme-Spitzenlast im Winter brauchst Du zusätzlich eine Gastherme. Aber wenn die vorhandene Therme noch geht und vom Wirkungsgrad her halbwegs OK ist, kannst Du sie weiter nutzen.


    Aber das ist eine rein technische Betrachtung. Ob sich das bei Dir auch rechnet (insbesondere abzüglich der EEG-Umlage, welche die Wirtschaftlichkeit eines BHKW um ca. 500 EUR/Jahr mindern würde, und einschließlich der Wartungskosten), traue ich mich nicht zu beurteilen. Du solltest darüber hinaus berücksichtigen, dass die NK-Abrechnung mit den Mietern komplexer wird als bei einer Standardheizung. Und im Vergleich zu einer Gastherme bringt ein BHKW zusätzlichen Bürokratie-Aufwand mit Finanzamt, Zoll (für die Energiesteuer-Rückerstattung) und Netzbetreiber (Näheres dazu in den einschlägigen Beiträgen hier im Forum). Manche Forumskollegen raten deswegen unter den aktuellen Randbedingungen von BHKW-Mieterstrom-Modellen grundsätzlich ab. Du solltest Dich jedenfalls mal hier zu allen Aspekten der Thematik schlau machen und dann entscheiden, ob Du die Sache weiter verfolgen willst.


    Gruß, Sailor

    Viessmann Vitotwin 300-W (1 kWel, 6 kWth) seit 2012

    PV-Anlage 8,45 kWp (65 x Solarworld SW 130poly Ost/Süd/West, SMA 5000 TL und 3000) seit 2010

    Solarthermie Viessmann Vitosol 300 Vakuumröhren 13,8 qm (Vorgänger Flachkollektoren 14 qm 2004-2021, davor 8 qm 1979-2003)

  • Danke für diese aufschlussreiche Antwort. Das ist ja echt irre wie kompliziert das ganze ist. Typisch Deutschland.

    Da ich eh schon selbstständig bin vereinfacht es die Sache minimal.

    Trotzdem ist das alles tatsächlich ein Grund die Sache sein zu lassen 🤷‍♂️

    Sich mit dieser ganzen Bürokratie auseinander zu setzen muss sich schon lohnen.

    Das kann aber wohl nur ein Energieberater festellen.