PV-Anlage auf fremdem Dach und Anlagenverklammerung?


  • Ein paar Fragen in die Runde,Wer kann da weiterhelfen?

    Gegebenheit:

    Landwirtschaftliches Grundstück

    Die Tochter (mit Familie) zieht in das (große) Wohnhaus ein, es gehört ihr aber nicht.

    Dazu gibt es ein Nebengebäude „ums-Eck“ im 90° Winkel

    Ein Schenkel Südost, einer Südwest. Da soll eine PV-Anlage drauf.


    1. Kann sie auf einem „fremden“ Dach eine PV-Anlage errichten, ohne Miet/Pachtvertrag? (irgendwann erbt sie sowieso)

    2 Können auf demselben Grundstück von zwei Betreibern (1xEltern, 1xTochter) unabhängig jeweils eine Anlage mit 10kWp gemeldet werden?

    3. Wenn es nur eine Anlage wäre mit 50% süd-ost und 50% süd-west, wie wird bei der unterschiedlichen Ausrichtung der Peak-Wert berechnet?

    Lesen gefährdet die Dummheit! Denken gefährdet Vorurteile!
    Der geistige Horizont mancher Menschen hat einen Radius von NULL. Das nennen sie dann Standpunkt.

  • Moin Bluwi

    1. Kann sie auf einem „fremden“ Dach eine PV-Anlage errichten, ohne Miet/Pachtvertrag? (irgendwann erbt sie sowieso)

    Kein Problem. Die privatrechtlichen Vereinbarungen zur Nutzung des Dachs gehen außer den Beteiligten niemanden etwas an.

    2 Können auf demselben Grundstück von zwei Betreibern (1xEltern, 1xTochter) unabhängig jeweils eine Anlage mit 10kWp gemeldet werden?

    Da sehe ich ein Problem. In § 9 Abs. 3 EEG findet sich folgende Vorschrift:

    Zitat von §9 Abs. 3 EEG

    (3) Mehrere Solaranlagen gelten unabhängig von den Eigentumsverhältnissen und ausschließlich zum Zweck der

    Ermittlung der installierten Leistung im Sinne der Absätze 1 und 2 als eine Anlage, wenn

    1. sie sich auf demselben Grundstück oder Gebäude befinden und

    2. sie innerhalb von zwölf aufeinanderfolgenden Kalendermonaten in Betrieb genommen worden sind.

    Wenn Ihr also die beiden Anlagen gleichzeitig errichten lasst, würden sie im Sinne des EEG zu einer Anlage mit 20 kWp zusammengefasst. Das hätte mehrere nachteilige Folgen:

    • Erstens gilt für den eingespeisten Strom aus Anlagen ab 10 kWp ein etwas niedrigerer EEG-Vergütungssatz.
    • Zweitens liegt eine Anlage mit 20 kWp über der Schwelle von § 61a EEG, so dass auf den selbst verbrauchten Strom zumindest 40% der EEG-Umlage abzuführen wären.
    • Drittens hätte die zusammengefasste Anlage mehrere Personen (bzw. Haushalte?) als Betreiber, was zumindest das Risiko einer vollen EEG-Umlagepflicht auf den gesamten selbst verbrauchten Strom beinhaltet. Nur wenn alle Personen in einem gemeinsamen Haushalt leben, gilt das soweit ich weiß nicht.

    Meine Empfehlung wäre daher, dass zuerst beispielsweise die Eltern eine Anlage mit 10 kWp auf ihrem Gebäudeteil in Betrieb nehmen. Angenommen die Inbetriebnahme wäre im September 2020, dann könnte die Tochter ihre eigene 10 kWp Anlage ab 01. Oktober 2021 in Betrieb nehmen. Dabei muss auf alle Fälle jede Anlage ihren eigenen Einspeisezähler haben. Ob es darüber hinaus formaljuristisch erforderlich ist die Netze der beiden Gebäudeteile zu trennen (so dass kein Strom aus der E-Anlage an den T-Haushalt geliefert werden kann und umgekehrt) weiß ich nicht.

    3. Wenn es nur eine Anlage wäre mit 50% süd-ost und 50% süd-west, wie wird bei der unterschiedlichen Ausrichtung der Peak-Wert berechnet?

    Der Peak-Wert hat nichts mit der Ausrichtung zu tun, sondern errechnet sich aus den technischen Daten der verwendeten Module. Es sind also bei gegebenen Modulen immer 10 bzw. 20 kW(Peak).


    Gruß, Sailor

    Viessmann Vitotwin 300-W (1 kWel, 6 kWth) seit 2012

    PV-Anlage 8,45 kWp (65 x Solarworld SW 130poly Ost/Süd/West, SMA 5000 TL und 3000) seit 2010

    Solarthermie Viessmann Vitosol 300 Vakuumröhren 13,8 qm (Vorgänger Flachkollektoren 14 qm 2004-2021, davor 8 qm 1979-2003)

    Einmal editiert, zuletzt von sailor773 () aus folgendem Grund: Präzisierung

  • Vielen Dank an den Skipper!

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  • 3. Wenn es nur eine Anlage wäre mit 50% süd-ost und 50% süd-west, wie wird bei der unterschiedlichen Ausrichtung der Peak-Wert berechnet?

    Der Peak-Wert hat nichts mit der Ausrichtung zu tun, sondern errechnet sich aus den technischen Daten der verwendeten Module. Es sind also bei gegebenen Modulen immer 10 bzw. 20 kW(Peak).


    Gruß, Sailor

    Wenn Die Frage auf die 10KW bzw. 10.000kWh Grenze bei der EEG Abgabe abzielt ist es bei einer Ost-West Anlage durchaus anders.

    Bei 20kWp Ost-West auf einem 10KW Wechselrichter wird diese Grenze nicht gerissen. Die Erzeugerleistung in KW meint hier m.M. den Wechselrichter nicht die "Generatorleistung" der Module in kWp.


    mfg

  • "Installierte Leistung" bezieht sich immer auf den Generator, daher die PV-Module. Die Leistung des Wechselrichters ist nicht erheblich.

    Man achte darauf, dass der BHKW-Lieferant nicht gegen § 312 StGB verstößt. :neo:

  • Na jetzt ist ja alles klar ;(<X

    "Installierte Leistung" bezieht sich immer auf den Generator,

    Es geht. wie Alikante erkannt hat, um das 10kW-Grenze.

    Und die maximale Leistung hängt von der Ausrichtung ab.

    Deshalb die Frage, was da zugrunde gelegt wird.

    Lesen gefährdet die Dummheit! Denken gefährdet Vorurteile!
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  • Das sagte ich doch bereits: Maßgeblich ist ausschließlich die kumulierte Modulleistung (§ 3 Nr. 43b EEG). Die Ausrichtung spielt dabei keinerlei Rolle. Auch nicht, wenn die Module in Richtung Norden oder in Richtung Erdboden montiert werden.


    Die PV-Module sind der Generator. Wenn man an eine Anlage mit 29 Modulen a 350 Wp, daher in Summe 10,15 kWp, einen Wechselrichter mit 7 kW hängt (70-Prozent-Regel) und die Module nach Norden ausrichtet, bleibt es trotzdem eine Anlage mit 10,15 kWp, die größer 10 kWp ist und der uneingeschränkten EEG-Umlagepflicht auf den Eigenverbrauch unterliegt, weil die 10-kWp-Bagatellgrenze des § 61a Nr. 4 EEG überschritten wird. Siehe auch Tenorziffern 3 und 4 der Empfehlung 2014/31 der Clearingstelle EEG|KWKG.

    Man achte darauf, dass der BHKW-Lieferant nicht gegen § 312 StGB verstößt. :neo:

  • OK, die Formulierung der Empfehlung ist Eindeutig jedoch ist die Sinnhaftigkeit fraglich.

    Unter 6. wird sogar noch im Hinblick auf die Messung auf Theorie und Praxis verwiesen. Unklar ist mir auch ob die aus 2014 stammende Empfehlung auf das EEG2017 u.v. anzuwenden ist.

    Hier müsste m.M. die Clearingstelle nachbessern da eine 20kWp Ost-West-Anlage eben nicht die doppelte Leistung hat wie eine 10kWp Südanlage - weder theoretisch noch praktisch. Das die Clearingstelle sehr wohl die technischen Eigenheiten einer solchen Anlage einzuschätzen weiß kann man hier lesen https://www.clearingstelle-eeg-kwkg.de/schiedsrv/2019/4

  • Die Gesetze macht der Gesetzgeber, nicht die Clearingstelle. Die Clearingstelle macht die abstrakten Gesetze nur anhand von Anwendungsfragen verständlich und produziert Papiere, wie die Gesetze zu verstehen sein sollten. Und Sinn ergibt die ganze Enegiewendeverhinderungspolitk unserer geschätzten Kohlelobbyregierung der letzten 10 Jahre keine. Nachbessern muss hier der Wähler bei der nächsten Bundestagswahl.


    Die Frage aber, was die Leistung einer PV-Anlage im rechtlichen Sinne ist, war vor über 10 Jahren mal etwas unklar (ich meine, das EEG 2009 hatte da versehentlich etwas an der bereits die 9 Jahre bis dahin geltenden Definition gedreht). Aber seitdem ist (weiterhin) klar: Die Summe der PV-Generatoren (PV-Module) ist die "installierte Leistung", nicht die des Wechselrichters. Da hat sich auch mit dem EEG 2017 und den ganzen anderen Novellen der letzten 10 Jahre nichts mehr geändert. Natürlich gab es immer mal wieder Nebelkerzen einiger PV-Verbände, die gerne lieber auf die Wechselrichter abstellen würden, aber das hat keinerlei rechtliche Bedeutung. Zudem wäre dies ein Pyrrhussieg. Denn dann müsste man bei einer 10 kWp Anlage, die einen 7 kWp Wechselrichter hat, diesen wegen der 70 Prozent-Regel nochmals auf 4,9 drosseln – oder einen 10 kWp Wechselrichter installieren, um diesen auf 7 kWp zu drosseln. Oder anders gesagt: Würde man die Definition ändern, wäre auch der genannte Schiedsspruch 2019/4 nicht mehr im Sinne des Anlagenbetreibers zu entscheiden. Denn hier darf eine Anlage nur 70 Prozent der installierten Leistung auch tatsächlich einspeisen. Wie dies bewerkstelligt wird, ist egal. Die Ausrichtung der Module ist dafür ausreichend. Ist doch eine tolle Lösung. Wäre es anders, müsste der Anlagenbetreiber mehr Module installieren und diese wieder abregeln – das wäre Unsinn.


    Also kurzum: Bestrebungen die Definition der Anlagenleistung zu ändern, würden mehr Rückstoß als Schlagkraft produzieren. Die jetzige Definition ist zudem eindeutig und in der Praxis leicht zu verstehen (Datenblatt der Module lesen, mit der Modulzahl multiplizieren, Leistung kennen). Bei der 10-kWp-Grenze ist die Definition etwas unbequem – damit kann man aber besser leben, als das ganze EEG auf den Kopf zu stellen.

    Man achte darauf, dass der BHKW-Lieferant nicht gegen § 312 StGB verstößt. :neo:

  • Moin

    Nachbessern muss hier der Wähler bei der nächsten Bundestagswahl.

    Das ist ohne Frage der richtige Weg.


    Trotzdem sehe ich bei der 10KW Grenze "Auslegungsspielraum", und genau das ist es was die Clearingstelle tut - Sie fragt was der Gesetzgeber dem Sinn nach wollte und legt dann praxistaugliche Grenzen dazu fest.

    Im Falle der 10KW Grenze wollte der Gesetzgeber das die Eigenstromversorgung bis 10KW frei von der EEG Umlage ist. Die Clearingstelle hat sich m.M. zu sehr darauf konzentriert den Anlagenbegriff durchgängig konsistent zu halten ( was nicht falsch ist ), hat dabei aber außer Acht gelassen das wir im Regelfall Strom nur in seiner AC Form nutzen !!

    Auch liegt der Focus zu sehr auf PV ( was 2014 ja noch die Kernaufgabe war) worunter aber die Gleichbehandlung verschiedener Erzeuger leidet.

    Ein Beispiel :

    - ich kaufe ein 10KW BHKW was unter der Grenze bleibt ABER

    - laut Typenschild 10KW Leistungsabgabe "Netto" es produziert aber 10,1KW "Brutto" ( 100Watt für Nebenaggregate, richtig nach KWKG )

    - auf dem Generator steht 11,5KW bzw. 13KVA :popcorn:

    Verstehst Du was ich meine ?


    Das die Clearingstelle auch selbst Grenzen die nicht im Gesetz stehen festlegen kann wenn es nötig ist hat sie mit den 7,69kWp schön gezeigt. Bis zu dieser Schwelle benötigt keine PV Anlage einen Erzeugerzähler weil sie physikalisch nie 10.000kWh erzeugen kann, dank der Clearingstelle ist das Rechtssicher.

    Es könnte also gut möglich sein ein "Ost-West-Äquivalent" zu berechnen bis zu dem eine optimal ausgerichtete Ost-West Anlage unter 10KWp Süd bleibt. Ich könnte mir da auch eine klare Abgrenzung von Leistung und Entsprechung durch Schreibweise vorstellen zb.: "2x8kWp 90°Ost-270°West entsprechen 10kWp"

    Dazu muß nicht der Anlagenbegriff geändert werden sondern nur der Wille des Gesetzgebers neu überprüft werden.

    Es ist recht eindeutig begründbar warum 10.000kWh AC Wirkarbeit und 10KW AC Wirkleistung gemeint sein müssen.


    mfg

  • Danke an Neuendorfer!


    Mir reicht das aus. Meine Frage zielte ja nur auf das Verständnis, wie es geht und ich denke auch , dass eine einfache und klare Regelung die beste Lösung ist, weil sie Konfliktstoff bei der Auslegung minimiert.


    Nachbessern muss hier der Wähler bei der nächsten Bundestagswahl.

    Nun sind wir hier aber im BHKW-Forum. Da stelle ich, ohne politisch zu werden, die Frage: Von wem soll sich die fossile KWK denn was substanzielles versprechen? (Siehe Alikantes Kommentar oben) Und bei wem wird die Bürokratie weniger? Wer will denn die EEG-Umlage auf KWK-Strom abschaffen? Wäre das dann eine "Alternative"? Offen gesagt sehe ich da in keine Richtung Licht am Horizont. Vernunft ist in der Politik ein rares Gut geworden.

    Lesen gefährdet die Dummheit! Denken gefährdet Vorurteile!
    Der geistige Horizont mancher Menschen hat einen Radius von NULL. Das nennen sie dann Standpunkt.

  • Moin

    Nachbessern muss hier der Wähler bei der nächsten Bundestagswahl.

    Trotzdem sehe ich bei der 10KW Grenze "Auslegungsspielraum", und genau das ist es was die Clearingstelle tut - Sie fragt was der Gesetzgeber dem Sinn nach wollte und legt dann praxistaugliche Grenzen dazu fest.

    Genau da sind wir unterschiedlicher Meinung. Die 70-Prozent-Regel ist im Gesetz so technologieoffen formuliert, dass die Clearingstelle EEG es so auslegen kann, dass eine passende Ausrichtung der Module ausreicht. Auch die "7,xx kWp Anlagenleistung bedingten zwangsweise maximal 10 MWh Ertrag" Handreichung ist ebenso physikalisch bedingt.


    Auslegung von Gesetzen bedeutet auch nicht nur zu erforschen, was der Gesetzgeber wollte, sondern geht weit darüber hinaus, siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/…Recht)#Auslegungsmethoden


    Bei der Anlagenleistung handelt es sich aber um eine Kerndefinition des Gesetzes. Da kann man nicht mal einfach "anders auslegen", weil es einem grad in den Kram passt. Das ist in etwa so realistisch zu sagen wie: Schön, dass die Wissenschaft sich mit dem Klimawandel einig ist, "glaube" ich aber nicht. Jeder kann seine Meinung haben. An der Definition der Anlagenleistung gibt es aber nichts zu glauben, die steht schwarz auf weiß im Gesetz und wurde über die letzten 20 Jahr hundertfach gerichtlich geklärt und auch die Clearingstelle hat dazu schon viele Empfehlungen und Hinweise gegeben. Jedes kundige Gericht wird sich daran halten.


    Nur weil es jetzt in diesem Fall schöner wäre, wenn blau doch besser grün wäre, ist das nicht plötzlich so und da kann man auch wenig dran wackeln.


    Nachbessern muss hier der Wähler bei der nächsten Bundestagswahl.

    Nun sind wir hier aber im BHKW-Forum. Da stelle ich, ohne politisch zu werden, die Frage: Von wem soll sich die fossile KWK denn was substanzielles versprechen? (Siehe Alikantes Kommentar oben) Und bei wem wird die Bürokratie weniger? Wer will denn die EEG-Umlage auf KWK-Strom abschaffen? Wäre das dann eine "Alternative"? Offen gesagt sehe ich da in keine Richtung Licht am Horizont. Vernunft ist in der Politik ein rares Gut geworden.

    Sehe ich auch so. Früher konnte man sagen: Wer Energiewende will, wählt grün. Dank Personen wie Kretschmann (Dieselfan statt Verkehrswende), Palmer (Rechtspopulist), Globuli-Esoterik, Wissenschaftsablehnung und Impfgegnern sowie der Gesamtentwicklung der Partei hin zu einer Öko-CDU in wirtschaftlichen Fragen, halte ich die inzwischen auch für unwählbar. Aber gut – das soll jetzt hier kein Politikthema werden.

    Man achte darauf, dass der BHKW-Lieferant nicht gegen § 312 StGB verstößt. :neo: