Weshalb muss bei Variante 1 die Viertelstundenmessung gemacht werden?
Das Problem scheint gar nicht die Messung der Erzeugung zu sein, sondern die des Verbrauchs. Das Haupt-Argument der BNA ist, dass mit zunehmender Verbreitung von Prosumer-Anlagen die – ansonsten für Verbraucher ohne Viertelstundenzähler notwendige und übliche – Anwendung der sogenannten Standardlastprofile für die Netzbetreiber zu Störungen führt. Haushalte mit PV-Anlagen haben ein abweichendes Verbrauchs-(genauer: Netzbezugs-)Profil, insbesondere der "Mittags-Peak" fällt außerhalb der Wintermonate komplett weg. Nach den Aussagen der BNA führt das dazu, dass am Markt Strommengen kontrahiert werden (müssen), die anschließend von der zunehmenden Anzahl an Prosumern wegen des Eigenverbrauchs aus ihren PV-Anlagen nicht abgenommen werden. Stromspeicher würden dieses Problem nicht lösen sondern verschärfen, weil sie i.d.R. dazu führen, dass im Vergleich zum Standardlastprofil zusätzlich zum Mittagsverbrauch auch der Abendverbrauch wegfällt.
(Sofern ich das laienhaft unkorrekt ausgedrückt habe, bitte ich hier evtl. mitlesende Fachleute um konstruktive Kritik.)
Das Ganze gilt in abgewandelter Form natürlich auch für Prosumer mit BHKW, deren Anlagen problemlos nach dem von Dir beschriebenen Prinzip abgerechnet werden, und wo kein Mensch den Weiterbetrieb mit gleicher Mess- und Verrechnungsmethode nach Ende der Förderung in Frage stellt. Der Grund dafür ist meiner Meinung nach einfach, dass Prosumer-Anlagen mit BHKW's weit weniger verbreitet sind als solche mit PV-Anlagen. Deswegen geht die Frage der Standardlastprofile bei BHKW's im Grundrauschen unter, während das bei PV-Anlagen – zumindest nach Auffassung der BNA – schon in den kommenden Jahren nicht mehr der Fall sein wird.
Warum es (gemäß der BNA-Behauptung) den Netzbetreibern unmöglich sein soll, Standardlastprofile für Haushalte mit Eigenverbrauchs-PV zu erstellen, entzieht sich zugegebenermaßen meinem Begriffsvermögen. Es ist aber eigentlich auch egal: Die Digitalisierung der Zähler ist ja spätestens seit 2017 gesetzlich vorgeschrieben und wurde nur bisher durch technische Schwierigkeiten immer wieder verzögert. So wie ich das verstanden habe, sollen davon auf Dauer alle Stromverbraucher (aber insbesondere alle Prosumer-Haushalte und -Betriebe) erfasst werden, so dass die Ära der Standardlastprofile so oder so wohl spätestens zum Ende dieses Jahrzehnts der Vergangenheit angehören wird.
Bei der Erstellung zukunftsfähiger Modelle ist es daher m.E. zulässig, vom universellen Vorhandensein smarter Zähler auszugehen – und diese scheinen das Problem der Standardlastprofile ja offenbar zu lösen.
Die Frage ist nur a) gibt es unter dieser Voraussetzung für Energiewende und Betreiber bessere Modelle als das Modell 1 der BNA, und b) wie gestaltet man die Übergangsphase in den ca. 5-10 Jahren, bis die genannten Voraussetzungen vorliegen. Sofern das Problem mit den Standardlastprofilen tatsächlich jetzt schon so dringend ist wie von der BNA behauptet wird, bleibt m.E. nur der vorläufige Weiterbetrieb der ausgeförderten Anlagen nach Modell 2. Wenn nicht, spricht aus meiner Sicht auch nichts dagegen, den Eigenverbrauch dieser Anlagen vorläufig nach dem von Dir vorgeschlagenen Modell abzurechnen. Sie müssten dazu halt mit Zweirichtungs-Zählern ausgestattet werden, die dann wohl spätestens nach Ende der Eichdauer (8 Jahre) durch smarte Zähler ersetzt würden.
Bei kleinen Anlagen macht der Kostenaufwand für die Messung das ganze doch uninteressant.
Kann sein. Aber wie gesagt: Wenn ich die Bestimmungen über die Einführung der smarten Zähler richtig verstanden habe, ist das Ziel so oder so die vollständige Umstellung aller Zähler. Die Haushalte mit Verbrauch unter 6.000 kWh bzw. mit PV-Anlagen unter 7 kW(p) kommen nur nicht als erste dran, aber auf die Dauer wird sich dem keiner entziehen können. Spätestens dann ist es egal, ob man auch noch eine PV-Anlage mit EV über den Zähler laufen lässt. Wem das vorher zu teuer ist, der kann ja einstweilen ggf. mit seinem vorhandenen Zähler nach Modell 2 abrechnen.
Den Ausführungen von Neuendorfer schließe ich mich im Übrigen zu 100% an.