SOFC mit Biomethan aus dem Gasnetz betreiben

  • Hallo Forum,


    die Fragestellung ist für mich, inwieweit es (praktisch) möglich ist, heute eine Brennstoffzelle mit Biomethan zu betreiben. Das ist ja hier im Forum zum Teil schon andiskutiert worden.


    Der Grund für die dezentrale Verstromung in Brennstoffzellen mit hohem elektrischem Wirkungsgrad incl. Abwärmenutzung, kommt von der Erfahrung, dass Biogas-BHKW in den letzten 10-15 Jahren auf hohe elektrische Wirkungsgrade getrimmt wurden, was ja z.T. bei den BHKW-Herrstellern eine mutige Entscheidung war, weil die technologischen Hürden unklar waren und die Standfestigkeiten nicht ganz von Anfang an gesichert waren. Biogas bzw. Biomethan ist ein teurer Brennstoff, und die hohe Einspeisevergütung nach EEG (die signifikant höher war als der "übliche Preis" bzw. Marktpreis im KWKG plus KWKG-Zuschlag als Marktprämie) hat dazu geführt, dass ein hoher ökonomischer Druck da war, den Anteil elektrischer Energie zu erhöhen. Die Wärme war nur zum anlegbaren Preis zu vermarkten, d.h. da steht der Gas- oder Ölkessel als Referenz da.


    Mit der SOFC von Solidpower (ca eta_el = 55%, eta_th= 30%, vergleichbar mit den Performancewerten von großen GuD-Heizkraftwerken) haben wir einen Energiewandler, der eine hohe exergetische Effizienz liefert, die noch über der von großen Biogas-BHKWs liegt. Bei einem Carnotfaktor für die Wärme von η_c = 1 - 273/(273+50) = 0,15 ist der Arbeitswert des Outputs 55% + 0,15*30% = 59,5%. Überschlagsweise liegt somit die Effizienz der "virtuellen Kraftwerksscheibe" bei 60%, die Effizienz des "virtuellen Kessels" bei 400% (Gedankenexperiment, den Imputstrom des Brennstoffes in eine KWK-Anlage in eine Nur-Strom-Scheibe und eine Nur-Wärme-Scheibe aufzuteilen).


    Nimmt man Biomethankosten von 6 ct/kWh (plus Netzentgelte + Strukturierung) an, dann ergeben sich für die Gestehungskosten

    a) beim Strom: 6 ct/kWh / 0,6 = 10 ct/kWh

    b) bei der Wärme: 6ct/kWh / 4 = 1,5 ct/kWh


    Die Wärme ist somit trotz des hohen Brennstoffpreises als preislich sehr attraktiv zu bewerten. Die variablen Kosten für den KWK-Strom sind liegen unter dem üblichen Netzstrombezug für Haushaltskunden (ca 30 ct), d.h. die Eigenstromnutzung ist ebenfalls attraktiv. Was die Bluegen-SOFC von Solidpower jedoch vertrieblich auf sehr große Haushalte oder kleine Gewerbekunden eingeschränkt hat, war die maximale Leistung von 1,5 kW und die mögliche elektrische Jahresproduktion von 13 MWh. Bei einer Überschusseinspeisung, die nur den "üblichen Preis" erwirtschaftet, ist diese Betriebsweise nicht attraktiv. Wenn man nun nach EEG einspeist, und einen Biomethan-Tarif erhält, dann sieht die Sache anders aus. Die SOFC eignet sich dann aufgrund ihrer hohen Stromkennzahl auch für (kleinere) Wärmesenken, d.h. man muss keine Einfamilienhäuser ausschließen, nur weil der Eigenstrombedarf zu klein ist.


    Als Vorteile ergäben sich:
    - Der Markt für passende Standorte erweitert sich, weil nicht nur Gebäude mit 10.000 kWh - 20.000 kWh elektrischem Bedarf hinzukommen, sondern von den 15 Mio EFH alle mit Gasanschluss.
    - Die Biomethan-Erzeuger hätten eine zusätzliche Absatzquelle, die zudem auch exergetisch optimiert arbeiten (im Vergleich zum Verkehrssektor), was volkswirtschaftliche Vorteile hätte.
    - Weiterhin bringt es die Markteinführung der BZ voran, und lässt über größere Stückzahlen ggf. deren Preis sinken.
    - Kunden entdecken ggf. den Geschmack an Bio-Wärme, die bezahlbar bleibt und die eben nicht wie bei X Raummeter Scheitholz mit Abschlägen im Komfort (Holzhacken, Beschicken, Ascheentsorgung) und Luftqualität (Feinstaub) verbunden sind.


    Wie einfach kann man also auf seinem Gasvertrag eine Belieferung mit Biomethan ankreuzen?

    Was kostet das dann für den Endkunden, der ca 20.000 kW pro Jahr abnehmen möchte? Wie oben gesagt, heute ist der Biomethanpreis auf Großhandelsebene mit ca 6 ct/kWh vergleichsweise niedrig, aber dazu kommen noch Netzentgelte, Vertriebsmarge, Strukturierung etc...


    Viele Grüße,


    Gunnar

    Ist die Wärme kraftgekoppelt, wird die Energie gedoppelt. (Ulli Brosziewski)

  • Nimmt man Biomethankosten von 6 ct/kWh

    Ist das eine realistische Annahme?

    Ja. 6 ct/kWh plus minus. Wie schon geschrieben ist das nur der aktuelle (Großhandels)Preis für das Produkt Biomethan. Dazu kommen noch Netzentgelte, Vertriebsmarge und Strukturierung - letzteres ist für eine Brennstoffzelle, die überwiegend in der thermischen Grundlast läuft, aber relativ billig.


    Momentan ist der Biomethanpreis recht gering, weil einige Biomethanverbraucher die Grätsche gemacht haben und sich zu aktuellen EEG-Konditionen nicht so einfach neue KWK-Abnehmer finden lassen. D.h. man muss nach meinem Kenntnisstand mit alten Motoren und deren Rechten zur Biomethanverstromung arbeiten.


    Der Biomethanmarkt ist ja recht diffizil. Da hat ja jeder Gaseinspeiser seinen eigenen Mix aus Zuschlägen und Boni (Gülle, Nawo, biogener Abfall, etc.). Es wäre meines Erachtens besser, wenn man den Prozess nicht nur bei der Biomethanroute, aber auch bei einem kleinen Netz von Rohbiogasleitungen und mehreren Satelliten-BHKW trennt:


    1. Substrat -> Fermenter -> Biogas/Biomethan (eigene Stufe mit CAPEX + OPEX)

    2. biogenes Gas -> KWK-Anlage -> elektrische und thermische Energie


    Meiner Meinung nach sollte man im KWKG die Biomethan-Förderung verankern und dafür einen besonderen KWK-Zuschlag für den Brennstoff Biomethan vereinbaren. Das ist ja nur ein anderer Brennstoff mit einem anderen Preis - anlagentechnisch ist es das selbe in Grün.


    Im EEG bräuchten wir dann eine Unterstützung bei der Erzeugung von aufbereitetem Biogas = Biomethan, was dann ins Erdgasnetz eingespeist wird (oder in eine Rohbiogasleitung, die mehrere Sat-Biogas-BHKW versorgt). Dieser Gaseinspeisetarif hätte dann die unterschiedlichen Substratkosten und die unterschiedlichen Fermentergrößen zu kompensieren, aber am Ende kommt ein gleichartiges Produkt raus, was einen großen gemeinsamen Biomethanmarkt bedienen kann, und eben nicht einen zersplitterten Markt mit zig Untersorten Biomethan versorgt.


    Gruß,

    Gunnar

    Ist die Wärme kraftgekoppelt, wird die Energie gedoppelt. (Ulli Brosziewski)

  • Das Problem ist doch, dass es keinen Versorger gibt, der kleine BHKW und Brennstoffzellen mit EEG-zertifiziertem Biomethan beliefert. Die normalen „Biogas“ oder „Ökogastarife“ sind nämlich kein zertifiziertes EEG-Biomethan...

    Man achte darauf, dass der BHKW-Lieferant nicht gegen § 312 StGB verstößt. :neo:

  • Meiner Meinung nach sollte man im KWKG die Biomethan-Förderung . . .

    Im EEG bräuchten wir dann eine Unterstützung bei . . .

    Jaja, die Liste sinnvoller Paragraphen, die gemacht werden sollten, ist lange. Nur stellt sich dabei die Frage, ob es nicht noch wichtiger wäre, die unsinnigen abzuschaffen?

    Damit will ich Dir nicht widersprchen, nur war das früher deutlich besser und wurde immer schlechter. Deshalb erwarte ich nicht, dass sich hier viel bewegen lässt.

    Lesen gefährdet die Dummheit! Denken gefährdet Vorurteile!
    Der geistige Horizont mancher Menschen hat einen Radius von NULL. Das nennen sie dann Standpunkt.

  • Das Problem ist doch, dass es keinen Versorger gibt, der kleine BHKW und Brennstoffzellen mit EEG-zertifiziertem Biomethan beliefert. Die normalen „Biogas“ oder „Ökogastarife“ sind nämlich kein zertifiziertes EEG-Biomethan...

    Das ist IMHO der Knackpunkt. Wie bekommt man die Biomethan-Versorger dazu auch für Kleinabnehmer mit rund 20 MWh pro Jahr die Erbsenzählerrei mit der Nachverfolgung von EEG-Biomethan anzufangen?

    Ist die Wärme kraftgekoppelt, wird die Energie gedoppelt. (Ulli Brosziewski)