Netzdienlicher BHKW-Betrieb: Selbstregelung vs. Fernsteuerung

  • Moin, Moin,


    das Prinzip der Selbstregelung ist ja nicht neu. Gemessen wird Frequenz (Indikator für die globale Leistungsbalance) und Spannung (Indikator für die lokale Leistungsbalance) und in Abhängigkeit von Frequenz- und Spannungsschwankungen moduliert eine disponible Anlage dann ein wenig rauf und runter und erbringt auf diese Weise ohne komplexe Smart Meter Infrastruktur Systemdienstleistungen wie Frequenzhaltung, Spannungshaltung, aber hat über die P(U)-Funktion auch eine ausgleichende Wirkung auf den Lastfluss.


    Die kniffelige Frage ist weniger die Technik, sondern die des Anreizsystems. Was bewegt einen Netznutzer, so eine Funktion mit einzukaufen bzw. zu aktivieren, und warum sollten Hersteller diese Funktion implementieren? Ich persönlich halte einen SDL-Bonus, wie man ihn bei der Windenergie mal vor Jahren eingeführt hat, als einen gangbaren Weg, weil dieser die Transaktionskosten gering hält. Sofern man in den elektrischen Eigenschaften nachweist, dass die Anlage wie gewünscht auf Frequenz- und Spannung reagiert (Standardisierte Eigenschaft eines Gerätes für den Massenmarkt mit Konformitätsnachweis z.B. per Typzertifikat), dann gibt es eine pauschale Entlohnung für real erbrachte Leistung, sozusagen als Mindestlohn.


    Zu den technischen Details: die P(f)-Kennlinie ist gemäß der VDE-AR-N 4105 in Erzeugungsanlagen schon seit rund 10 Jahren implementiert, allerdings fängt sie erst ab 50,2 Hz an, mit einem Gradienten von 40% Hz (auch als Statik bekannt) die Leistung zurückzunehmen. Dies ist als Notfall-Maßnahme bei Großstörungen wie einem System-Split gedacht. Man könnte aber auch die Freiheitsgrade einer flexiblen KWK-Anlage incl. Wärmespeicher, die nicht rund um die Uhr in Betrieb ist, dazu nutzen, auch innerhalb der Bandbreite von 59,8 Hz - 50,2 Hz die Frequenz zu stützen. Gleiches gilt für die Spannung: Nicht erst bei 110% Überspannung abschalten, sondern schon früher Leistung zurücknehmen, damit die Überspannung auf einer Leitung erst gar nicht passiert. Das sollten disponible Anlagen im Lastfolgebetrieb übernehmen und weniger die nicht-disponiblen, dargebotsabhängigen Erntemaschinen, die Wind- und Solarenergie nutzen.


    Gruß,

    Gunnar


    PS.

    Wie das Ganze auch mit schaltbaren Geräten (AN-AUS) klappt, wurde am Beispiel eines Kühlschranks gezeigt:

    - A dynamically-controlled refrigerator, Oktober 2005

    Die Kombination von Frequenz und Spannung ist auch kein Hexenwerk:

    - Netzgeführte Temperaturregelung bei Kühlgeräten, November 2011

    Die Standardisierung dezentraler Systemdienstleistungen hilft dabei, den Massenmarkt mit niedrigen Transaktionskosten zu erschließen.

    Ist die Wärme kraftgekoppelt, wird die Energie gedoppelt. (Ulli Brosziewski)

  • Im Bundesverband Solare Mobilität (BSM) läuft ein ähnliches Projekt PiVoZwo, (Plugged-in Vehicle, optimiert - zweiter Teil) das sich mit disponiblen Lasten beschäftigt. Wir hier wären auf der Seite der disponiblen Erzeuger. Ich halte es nicht für verkehrt und technisch relativ einfach umsetzbar, Frequenz- und Spannungsmessungen in die Anlagensteuerung zu integrieren.


    Siehe auch: Dezentrale Netzstützung mit Blockheizkraftwerken


    Die Frage ist für mich eher, wie man das Anreizsystem gestaltet, also das Geschäftmodell.

    - Reicht es aus, wenn jemand einen "microgrid ready" Aufkleber auf seinem Gerät für sexy hält und es deswegen kauft?

    - Wäre eine Art SDL-Bonus sinnvoll in einem Förderprogramm für Mini-KWK-Anlagen?

    - Brauchen wir eine Einspeisevergütung vor Systemdienstleistungen, die gesetzlich geregelt werden sollte?

    - Ist die frequenz- und spannungsabhängige Einspeisung ein SDL-Produkt, für dass sich Netzbetreiber im Sinne ihrer Effizienzvorgaben durch die BNetzA interessieren sollten, um die eigenen Kosten zu minieren und das Netz besser auszulasten?


    Ich würde mich freuen, hier eine konstruktive Diskussion mit Brainstorming-Anfang zu starten.


    Gruß,

    Gunnar

    Ist die Wärme kraftgekoppelt, wird die Energie gedoppelt. (Ulli Brosziewski)

  • Unter wirtschaftlichen Aspekten würde mich interessieren, wie hoch die Mehrkosten für ein "microgrid ready" BHKW überhaupt wären. Am Gerät selbst (v.a. wenn dieses von Haus aus die Leistung modulieren kann) könnte ich mir vorstellen, dass dafür nur ein paar Programmierzeilen mehr auf den Chip gedruckt werden müssen, d.h. die Mehrkosten pro Gerät liegen womöglich im Cent-Bereich. Aber was ist mit der dafür notwendigen externen Steuerelektronik (Rundsteuer-Empfänger oder Smart Meter oder was auch immer)? Die muss doch ziemlich aufwändig sein, sonst würde z.B. bei PV-Anlagen kein Betreiber die "70% hart" Regelung wählen.


    Die zweite Frage wäre, ab welcher BHKW-Größe eine solche Einrichtung (aus Sicht der Netzbetreiber bzw. der Volkswirtschaft) einen nennenswerten Beitrag zur Netzstabilität leisten würde – und sei es unter der optimistischen Annahme, dass zukünftig überall dort, wo ein BHKW überhaupt Sinn macht, ein solches auch installiert wäre. Im Bereich unter 2 kW(el) dürfte es sowieso zukünftig nur noch Brennstoffzellen geben: Die sind (jedenfalls nach aktuellem Stand) aus technischen Gründen für einen netzdienlichen Betrieb weitgehend ungeeignet.


    Jedenfalls: Sofern die Mehrkosten pro Gerät tatsächlich gering sind, könnte der Gesetzgeber eine "microgrid ready" Ausrüstung für neue BHKW's ab 2 kW(el) (oder 5 oder 50 oder was auch immer) einfach vorschreiben. Dann könnte es dem Verteilnetz-Betreiber überlassen bleiben, ob dieser auf seine Kosten eine geeignete Steuerungs-Einrichtung am Zähler installiert. Die Alternative wäre, die Förderung umzubauen: Beispielsweise könnte für Betreiber, welche eine "microgrid-ready" Steuerung vorhalten, die neue 3.500 VBh-Grenze bei der KWK-Zulage entfallen. Ob sich das für Betreiber und Netzbetreiber rechnen würde, kann ich allerdings nicht beurteilen.

    Viessmann Vitotwin 300-W (1 kWel, 6 kWth) seit 2012

    PV-Anlage 8,45 kWp (65 x Solarworld SW 130poly Ost/Süd/West, SMA 5000 TL und 3000) seit 2010

    Solarthermie Viessmann Vitosol 300 Vakuumröhren 13,8 qm (Vorgänger Flachkollektoren 14 qm 2004-2021, davor 8 qm 1979-2003)

  • d.h. die Mehrkosten pro Gerät liegen womöglich im Cent-Bereich.

    Sagen wir "im überschaubaren Rahmen". Man unterschätzt gerne, wie viel Zeit es kostet, sowas im realen Umfeld zu testen und gegebenenfalls zu zertifizieren. Da sind 100T€ schnell beieinander.

    Lesen gefährdet die Dummheit! Denken gefährdet Vorurteile!
    Der geistige Horizont mancher Menschen hat einen Radius von NULL. Das nennen sie dann Standpunkt.

  • Da sind 100T€ schnell beieinander.

    Einverstanden. Angenommen der Hersteller setzt 5000 Geräte ab, dann könnte er mit 20 EUR Aufpreis (bezogen auf vielleicht 20.000 EUR Gesamt-Herstellkosten, es ginge also um ein Promille) seine Kosten wieder hereinholen, und ab dem 5001. Gerät verdient er. Ich halte das für machbar.

    Viessmann Vitotwin 300-W (1 kWel, 6 kWth) seit 2012

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  • Ist das ganze nicht recht banal umsetzbar? Wenn nun endlich die Umstellung auf Smartmeter erfolgt, wird es ja für den Strombezug zukünftig anreize geben (flexibler Strompreis) Strom zu verbrauchen wenn gerade zuviel im Netz ist. Das gleiche könnte man umgekehrt auch für die Stromerzeugung machen, fehlt Strom bekommt man einen zusätzlichen Bonus fürs einspeisen.


    Das BHKW über die Netzfrequenz anzufordern sollte auch recht leicht machbar sein.


    Das bedarf dann keiner teuren Zusatztechnik wie Rundsteuerempfänger etc.

    2005 Dachs HR 5.3 mit Kondenser 56.500 Betriebsstunden

    2007 Dachs RS 5.0 mit Kondenser 34.000 Betriebsstunden

    2008 PV 12,9 kWp Süd 30° Volleinspeisung

    2019 BYD 13,8 kW und 3 x Multiplus II-48 3000 35-32

    2019 PV 9,8 kWp Ost West 10° Überschusseinspeisung

    2021 3x Go e Charger Homefix 11kW

  • Moin Gemeinde,

    Das BHKW über die Netzfrequenz anzufordern sollte auch recht leicht machbar sein.


    Das bedarf dann keiner teuren Zusatztechnik wie Rundsteuerempfänger etc.

    Die technische Machbarkeit ist das eine, die ist ja anscheinend gegeben. Die zweite Frage ist, wie das dann für den Betreiber in der Praxis aussieht. Reality Check am praktischen Beispiel:


    In den drei Wintermonaten läuft unser BHKW wie wohl die meisten nahezu ununterbrochen durch. Wenn jetzt v.a. nachts bei viel Wind und wenig Verbrauch die Frequenz hochgeht, wäre ein automatisches Herunterregeln auf beispielsweise 60% problemlos möglich, weil die verbliebene Stromerzeugung für unsere Grundlast locker ausreicht. (Die dann auch fehlende Wärmeerzeugung wird ggf. von der Spitzenlasttherme übernommen.) Anders wäre das, wenn die Leistungsminderung abends zwischen 16:00h und 23:00h auftritt, wo der BHKW-Strom vollständig im Haus benötigt wird. Nur dürfte dieser Zustand äußerst selten eintreten, da sich unser Verbrauchsprofil wohl weitgehend mit dem der restlichen Gesellschaft deckt. (Bei einem BHKW in einem Gewerbebetrieb – oder wenn nachts ein E-Auto geladen werden soll – könnte das allerdings anders aussehen.)


    Was dem Betreiber also in den meisten Fällen lediglich entgeht, ist die Einspeisevergütung plus der KWK-Bonus für den nicht erzeugten Strom. Dafür spart er etwas Gas. Trotzdem ist die Stromerzeugung einschl. KWK-Bonus natürlich Bestandteil der Wirtschaftlichkeitsrechnung. Man müsste also dem "Microgrid Ready" Betreiber hierfür einen Ausgleich bieten. Das Einfachste wäre, für die so betriebenen BHKW's einen Aufschlag auf den KWK-Bonus für eingespeisten Strom zu bieten (2 ct/KWh?) und diesen Aufschlag auch nach Ablauf der Förderungsdauer weiter zu zahlen. (Das ist auch volkswirtschaftlich sinnvoll, da aus solchen Anlagen gerade in Stunden niedriger Strompreise i.d.R. weniger Strom eingespeist wird.) Außerdem wäre für diese BHKW die 3.500 VBh-Grenze zu streichen.


    Was allerdings im Winter nicht geht, wäre bei niedriger Frequenz die Leistung zu steigern, denn ein BHKW läuft normalerweise eh schon mit Volllast. Wollte man auch dies erreichen, müsste man "microgrid ready" BHKW's anders auslegen: Sie würden dann normalerweise nicht wie jetzt mit Volllast sondern im Mittel des Modulationsbereichs betrieben, also beispielsweise ein NeoTower 2.0 nicht mit 2 kW(el) sondern mit 1,6 kW(el). Je nach Frequenz würde das BHKW dann zwischen 1,1 kW und 2,0 kW arbeiten. Das hat zwei Nachteile: Zum Einen müsste der Betreiber bei gegebenem Verbrauchsprofil ein leistungsfähigeres BHKW kaufen als er eigentlich braucht, d.h. er müsste mehr Geld investieren. Und zweitens geht bei den meisten BHKW's in Teillast der elektrische Wirkungsgrad zurück, was sich ebenfalls negativ auf die Wirtschaftlichkeit auswirkt. Beides zusammen auszugleichen würde also eine deutlich höhere Förderung erfordern. Da es nur um die drei Wintermonate geht, glaube ich nicht, dass sich das volkswirtschaftlich lohnt.


    Außerhalb der Wintermonate (d.h. acht oder neun Monate im Jahr) läuft ein BHKW in Teillast, d.h. es moduliert oder taktet. Da alle BHKW's einen Wärmespeicher haben, wäre es sicher kein Problem, ein modulierendes BHKW je nach Frequenz hochzufahren. Das Herunterfahren wäre ebenso problemlos möglich, sogar das Ausschalten, und anscheinend (wenn unser "Dachs" Recht hat) auch das Anfordern eines ruhenden BHKW – jedenfalls so lang der Wärmespeicher aufnahmefähig ist. Die in dieser Zeit für den Betreiber entstehenden Nachteile halte ich für gering. Die o.g. Förderung wäre dann ein zusätzliches Incentive.


    (Um Nachteile durch Leistungsreduzierung beim Eigenverbrauch zu vermeiden, könnte man evtl. ein zusätzliches Regel-Element vorsehen, welches bei hoher Frequenz ein Herunterregeln maximal bis auf Höhe des Eigenverbrauchs zulässt. Kostet aber natürlich auch wieder Geld.)


    Fazit:

    • Im Winter sehe ich die Möglichkeit, BHKW-Leistungen bei hoher Frequenz herunterzufahren, das Gegenteil eher nicht.
    • Außerhalb der Wintermonate sehe ich beide Möglichkeiten.
    • Als Förderung für "Microgrid Ready"-Anlagen schlage ich einen maßvollen Aufschlag auf den KWK-Bonus für eingespeisten Strom vor, der auch nach Ablauf der 60.000 VBh weiter gezahlt wird, sowie Befreiung von der 3.500 VBh-Grenze.

    Gruß, Sailor

    Viessmann Vitotwin 300-W (1 kWel, 6 kWth) seit 2012

    PV-Anlage 8,45 kWp (65 x Solarworld SW 130poly Ost/Süd/West, SMA 5000 TL und 3000) seit 2010

    Solarthermie Viessmann Vitosol 300 Vakuumröhren 13,8 qm (Vorgänger Flachkollektoren 14 qm 2004-2021, davor 8 qm 1979-2003)

    2 Mal editiert, zuletzt von sailor773 () aus folgendem Grund: Ergänzung

  • Es kommt auch vieles aufs drum herum an, ich nahm bisher an das es nur um Neuanlagen geht und das die 3500h Regelung zutrifft. Dadurch würden die BHKWs der Zukunft eh etwas überdimensioniert, also häufiger auf Teillast laufen, was ein hochfahren ermöglicht. Wenn nun die Zeiten in denen ein BHKW (erfolgreich) angefordert wird auf die 3500 h aufgeschlagen werden wäre das natürlich auch super. EV Nachteile sehe ich keine, da bei hoher Frequenz ja nicht nur heruntergeregelt wird, sondern auch der Bezugspreis für Strom fällt, vielleicht ja sogar negativ wird. Und sich so auch ein Bezug lohnen kann. Ich würde aber was den Bonus angeht höher ansetzen, schon alleine wegen der Netzentlastung müsste hierfür Geld übrig sein, vielleicht 4 ct? Weiterhin müsste es für die Vergütungssätze eine steigende Dynamik geben um z. B. höhere Wartungskosten, oder Gaskosten zu kompensieren.

    2005 Dachs HR 5.3 mit Kondenser 56.500 Betriebsstunden

    2007 Dachs RS 5.0 mit Kondenser 34.000 Betriebsstunden

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  • Gemessen wird Frequenz (Indikator für die globale Leistungsbalance) und Spannung (Indikator für die lokale Leistungsbalance)

    Ich "programmiere grade im Kopf" eine solche Regelung. Wonach richte ich mich denn nun in welcher Form?

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  • Netzfrequenz? Die Werte wären ja variabel zu bestimmen, als Beispiel 49 Hz Anforderung, 51 Hz abwürden (ggf. nur wenn über externe Erfassung eingespeist wird) In der Praxis wäre es vermutlich klug bei jeder Anlage etwas andere Werte zu nehmen, z. B. um 0,2 Hz versetzt, so das nicht alle paralell ans Netz gehen. Sobald ein 2. Wärmeerzeuger vorhanden ist sollte diese Regelung Vorrang vor der thermischen Anforderung haben, unter 50,5 Hz würde wärmegeführter Betrieb stattfinden.

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  • ich nahm bisher an das es nur um Neuanlagen geht und das die 3500h Regelung zutrifft. Dadurch würden die BHKWs der Zukunft eh etwas überdimensioniert, also häufiger auf Teillast laufen, was ein hochfahren ermöglicht.

    Ich glaube kaum, dass sich jemand wegen der 3500h Regel ein größeres BHKW kauft. Das Geld wird doch mit einem BHKW nicht in erster Linie über den KWK-Bonus verdient, sondern über den eingesparten Zukaufstrom. Damit das (ohne einen – stets unwirtschaftlichen – Stromspeicher) möglich ist, muss das BHKW auf alle Fälle länger laufen als 3500 Stunden. Der Ausweg wäre, ein zu großes BHKW zu kaufen und dieses i.d.R. in Teillast laufen zu lassen. Extremes Beispiel: Ließe man ein NeoTower 2.0 ausschließlich in Teillast (1,1 kWel) laufen, so bekäme man für 3.500 Vollbetriebsstunden über 6.300 tatsächliche Betriebsstunden. Sofern sich ein solches Gerät im Rahmen der Modulationsspanne stromgeführt betreiben lässt (d.h. es würde hochfahren, sobald im Haus der Strombedarf über 1,1 kW steigt) könnte sich das sogar lohnen. Der Pferdefuß dabei ist, dass z.B. beim NeoTower 2.0 der elektrische Wirkungsgrad von 28% bei Volllast auf 22% bei Minimallast zurückgeht. Möglicherweise ist das bei anderen Geräten weniger ausgeprägt, aber ich würde jedenfalls sehr genau rechnen, bevor ich mich wegen der 3.500h Regel auf so etwas einlasse.

    49 Hz Anforderung, 51 Hz abwürgen

    Laut BHKW-Infothek gilt für PV-Anlagen gemäß VDE-AR-N 4105 eine obere Abschaltfrequenz von 51,5 Hz, wobei schon ab 50,2 Hz die an das System angeschlossenen Anlagen die Einspeiseleistung schrittweise reduzieren müssen. M.E. wäre es sinnvoll, bei BHKW's analog zu verfahren. Da das Ganze schrittweise erfolgt, braucht es auch keine Versetzung der Anlagen.


    Bei der Anforderung von BHKW's könnte es umgekehrt laufen, d.h. unterhalb 49,8 Hz könnten in Teillast fahrende Anlagen hochgefahren und stehende Anlagen angefordert werden. Das Potential hierfür halte ich aber nach wie vor für begrenzt: In Zeiten hohen Strom- und Wärmebedarfs (Winterabende ohne Wind) fahren die meisten BHKW's wahrscheinlich eh schon Volllast. Und in der Übergangszeit oder gar im Sommer könnte es sein, dass stehende BHKW's einfach deswegen stehen, weil der Wärmespeicher geladen ist. Die kann man dann nicht so einfach anfordern.

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    2 Mal editiert, zuletzt von sailor773 () aus folgendem Grund: Ergänzung

  • Netzfrequenz?

    Das ist genau die Frage. Das würde bedeuten, dass man auf die Lokale Situation keine Rücksicht nimmt.


    Die Werte wären ja variabel zu bestimmen, als Beispiel 49 Hz Anforderung, 51 Hz abwürden (ggf. nur wenn über externe Erfassung eingespeist wird) In der Praxis wäre es vermutlich klug bei jeder Anlage etwas andere Werte zu nehmen

    Willkürlich unterschiedliche aber fixe Referenzfrequenzen zu setzen gefällt mir nicht. Da würde ich eher eine Formel definieren, wie sich das aus der "Dringlichkeit" des Wärmebedarfs und der lokalen Spannung zusammensetzt. Meine Fragestellung zielte auf eine solche Formel oder Algorithmus.

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  • Den Wärmebedarf würde ich aus der Formel rauslassen, da zu dessen Deckung beim Herunterregeln eines BHKW nahezu immer ein Spitzenlastbrenner zur Verfügung stehen dürfte.


    Warum geht man nicht einfach proportional mit der örtlich vorliegenden Frequenz und Spannung? Beispiel: Bis 50,2 Hz und 235 V (oder was auch immer) kein Einfluss, bei höheren Frequenzen oder Spannungen werden die BHKW's linear heruntergeregelt bis zur Minimalleistung, und bei >51,5 Hz abgeschaltet. Im Interesse des Betreibers könnte man zusätzlich eine Logik einbauen, nach der nur so weit abgeregelt werden kann bis die Einspeisung den Wert Null erreicht hat. Das Abschalten bei 51,5 Hz halte ich nicht für Willkür, da ich annehme, dass die Verfasser der VDE-AR-N 4105 sich bei diesem Wert was gedacht haben.

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    Einmal editiert, zuletzt von sailor773 ()

  • Den Wärmebedarf würde ich aus der Formel rauslassen, da zu dessen Deckung beim Herunterregeln eines BHKW nahezu immer ein Spitzenlastbrenner zur Verfügung stehen dürfte.

    Wir sind uns einig, dass ab einer bestimmten Schwelle grundsätzlich abzuschalten ist. Das Ganze ist natürlich auch eine Frage des Regelwerkes für Vergütungen. Das ist aber nicht das Thema, das mich beschäftigt.


    Meine Überlegung zielt auf ein Regelwerk (Algorithmus), dem jedes („teilnehmende“) BHKW folgt und das einen „Schwarm“ von BHKW befähigt, stabilisierend auf das Netz zu wirken, ohne dass eine zentrale Steuerung erforderlich wäre. Dazu sind harte Marken nicht dienlich. Harte Marken wirken wie Banden und führen letztlich zu Sprüngen. Da hat man ja auch schon schlechte Erfahrungen gemacht. Die Regeln sollten sanfte Übergangsbereiche schaffen und innerhalb der Übergangsbereiche können sich die aktuellen Bedarf-Anforderungen ausbalancieren.


    Grobes Beispiel:

    Jedes BHKW hat eine bestimmte Leistungsspanne für den Verbrennungsmotor, in dem es sich sinnvoll bewegen kann. (Wenn es das nicht kann, kann es auch nicht regeln)

    Wenn 50Hz anliegen, läuft es in der Mitte dieses Regelbereichs.

    Mit steigender Frequenz regelt das BHKW ab und umgekehrt.

    Der Regelbereich wird z. B. mit +- 0,5Hz festgelegt


    Wenn der Wärmepuffer voll wird, tendiert der Regelbereich kontinuierlich nach unten, bis auf -1.0 – 0.0 d.h. das BHKW läuft tendenziell auf weniger Leistung, regelt aber noch mit.

    Wenn der Puffer leer wird, das Gegenteil.


    So arbeiten diejenigen BHKWs mehr, bei denen der Puffer leer wird und umgekehrt, aber alle bringen ihre Regelleistung abhängig von der Frequenz ein.

    Der Schwarm kann also relativ schnell reagieren und balanciert nebenbei selbst den Bedarf der einzelnen Mitglieder aus.


    Es stellt sich aber die Frage, inwieweit sich die lokale Spannungsthematik mit abdecken lassen würde.

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