Uni-Projekt der HTW-Berlin zu BHKW-Auslegung

  • Guten Morgen,


    wir benötigen im Rahmen unseres Studiums für Regenerative Energien an der HTW Berlin ein bisschen Nachhilfe in Sachen BHKW's und erhoffen uns Hilfe von euch.


    Für ein Semesterprojekt sollen wir ein Neubauquartier mit Matlab simulieren. Die Anzahl der Wohneinheiten (WE) in dem Neubauquartier soll variabel sein, d.h. die Größe der Erzeugungsanlagen variiert ebenfalls. Das BHKW wird mit Gas betrieben.


    In dem Quartier soll die Energieversorgung wie folgt sichergestellt werden:

    Wärmeseitig: BHKW, Pufferspeicher, Fernwärmenetz

    Stromseitig: PV-Anlage, Stromspeicher, BHKW, Stromnetz


    Für die Programmierung der Simulation haben wir folgenden Fragen:

    1. Das Quartier soll zwischen 50 WE und 500 WE abdecken. In welcher Größenordnung liegen die wärmegeführten BHKW's?

    2. Welche Anlaufzeiten für ein Otto-Motor betriebenes BHKW müssen wir einkalkulieren? -> vermutlich unterscheiden sich diese je nach Größe des BHKW oder?

    3. Die Simulation erfolgt in 15-Minuten-Schritten. Kann die Leistung des BHKWs alle 15 Minuten geregelt werden oder wäre es besser das BHKW über einen längeren Zeitraum bei konstanter Leistung zu fahren.

    4. Wie groß darf ein Lastsprung bei einer Taktung sein? Angenommen wir haben ein BHKW mit P(el) = 100 kW und haben einen sehr großen Lastabfall, da z.B. der Pufferspeicher voll ist und dieser nun das Quartier versorgen soll. Kann die Leistung des BHKW von z.B. 80 kW auf 30 kW sehr schnell runtergeregelt werden?

    5. In welchem Größenverhältnis sollte der Pufferspeicher zum BHKW ausgelegt werden? Hier benötigen wir lediglich einen Richtwert, da das natürlich stark von der Nutzungsweise abhängt. Angenommen wir betreiben ein BHKW mit 50 kW; eins mit 100 kW und eins mit 500 kW.

    6. Welchen Zeitraum der Wärmeversorgung sollte ein Pufferspeicher in einem Quartier allein abdecken können, wenn er vollgeladen ist?


    Wir freuen uns sehr über eure Antworten!

  • BHKW-Berechnung mit Matlab?

    Ein 100 kWel BHKW?

    Ohne Spitzenlastkessel?

    Dafür eine Kaskade aus drei BHKW?

    Modulation auf < 50 Prozent Nennleistung?

    Stromspeicher bei BHKW und PV in einem wirtschaftlichen Projekt?


    Jeder dieser sechs Punkte aus der Aufgabenstellung ist so fernab der Realität, dass sich jede weitere Befassung mit dem Projekt erübrigt.


    Vorschlag: Matlab vergessen und sich eine Lizenz für BHKW-Ultimate besorgen. Von der BHKW-Auslegung, Pufferspeicherauslegung usw. löst das alle Probleme. -> https://www.erfurth-braunholz.…te/bhkw-ultimate#features

    Man achte darauf, dass der BHKW-Lieferant nicht gegen § 312 StGB verstößt. :neo:

  • Vielen Dank für deine Antwort.


    Uns ist durchaus bewusst, dass dieses Projekt nicht der Realität entsprechen kann. Dafür müssen zu viele Annahmen getroffen werden.

    - das 100kW BHKW sollte nur für die Beispielrechnung dienen um den Lastsprung zu verdeutlichen.

    - ggf. integrieren wir noch einen Spitzenlastkessel anstelle des Fernwärmenetzanschlusses. Zur Vereinfachung der Simulation haben wir den Kessel erstmal vernachlässigt.

    - wir wollen nicht 3 BHKW gleichzeitig betreiben. Wie ich bereits oben erwähnte, geht es uns um ein realistisches Großenverhältnis des Pufferspeichers zu den drei unterschiedlichen Größen des BHKW. Wir simulieren lediglich eins.

    - Das BHKW-Ulimate-Tool ist uns bekannt, jedoch ist das Ziel des Semesterprojektes nun mal eine Matlab-Simulation.


    Über hilfreiche Antworten zu den oben genannten Punkten wären wir dankbar.

  • 1. Das Quartier soll zwischen 50 WE und 500 WE abdecken. In welcher Größenordnung liegen die wärmegeführten BHKW's?


    Man kann im Neubau ca. 7.000 kWh Wärme im Jahr pro EFH (140-160m²) ansetzen. Abgeleitet aus der ENEV Wärmebedarf für KfW-70 Wohngebäude und der benötigten jährlichen Wärmemenge/Quadratmeter (45kWh/m²a). (Rechnung: 160 m² * 45 kWh/m²a = 7.200 kWh/a). Man sollte aber immer das Nutzerverhalten berücksichtigen, aber da es sich bei euch um eine wissenschaftliche Arbeit handelt, nehmt am besten nur die Werte aus der Theorie.


    Zitat

    2. Welche Anlaufzeiten für ein Otto-Motor betriebenes BHKW müssen wir einkalkulieren? -> vermutlich unterscheiden sich diese je nach Größe des BHKW oder?

    Was meint ihr mit Anlaufzeiten? Das BHKW schaltet sich innerhalb von wenigen Sekunden an, sobald die Regelung merkt, dass die Pufferspeicher kalt werden.

    Oder meint ihr die Vollbenutzungsstunden?

    Bei den folgenden Ausführung gehe ich immer davon aus, dass ihr das BHKW Wärmegeführt fahren wollt. Ich berücksichtige jetzt auch nicht die Netzverluste im FW-Netz von 15-20% (ihr müsst ja auch noch ein wenig Arbeit haben ;) )


    Berechnung Vollbenutzungsstunden:

    50 WE * 7.000 kWh Wärme = 350.000 kWh Wärme

    350.000 kWh : 40 kWh th. = 8.750h


    Ich würde euch jetzt ein XRGI 20 (20kW el.) von EC Power empfehlen. Es hat eine Thermische Leistung von ca. 40 kW. Das bedeutet ihr könntet mit diesem BHKW theoretisch 350.000 kWh Wärme in 8.750 Vollbenutztungsstunden im Jahr abdecken. Mit vernünftig großen Pufferspeichern könntet ihr also mit einem BHKW alle 50 WE mit Wärme versorgen. Das ist aber natürlich nicht die Realität, da die Netzverluste nicht eingerechnet wurden und das Nutzerverhalten keine Berücksichtigung findet. Aus Erfahrung und selbst geplanten und realisierten Projekten nutzt man deshalb 2x XRGI 15, um zusätzlich eine Redundanz zu schaffen und somit eine Versorgungssicherheit neben dem Spitzenlastkessel.


    Zitat

    3. Die Simulation erfolgt in 15-Minuten-Schritten. Kann die Leistung des BHKWs alle 15 Minuten geregelt werden oder wäre es besser das BHKW über einen längeren Zeitraum bei konstanter Leistung zu fahren.

    In der Regel reguliert das BHKW komplett automatisch (sekündlich) seine Leistung. Ihr habt gar keine Möglichkeit das BHKW eigenständig zu regeln. Die BHKWs von EC Power regulieren sich Leistungsabhängig komplett automatisch hoch und runter. Je heißer die Pufferspeicher werden, desto weiter regelt das BHKW automatisch über die Regelung runter.

    Zitat

    4. Wie groß darf ein Lastsprung bei einer Taktung sein? Angenommen wir haben ein BHKW mit P(el) = 100 kW und haben einen sehr großen Lastabfall, da z.B. der Pufferspeicher voll ist und dieser nun das Quartier versorgen soll. Kann die Leistung des BHKW von z.B. 80 kW auf 30 kW sehr schnell runtergeregelt werden?

    Wie schon bei 3. beschrieben, wird die Regelung der BHKWs merken wenn die Speicher heißer werden und ein sprunghafter Lastabfall wird nicht vorkommen, gerade nicht bei einem Fernwärmenetz mit Wohnbebauung. Hierzu kann ich euch auch gerne mal Unterlagen zukommen lassen, wo ihr draus erkennt, wie man BHKWs in ein Puffermanagament und eine Heizungsanlage einbindet. Ihr seht nämlich, dass die Wärme aus den BHKWs in der Regel immer über die Pufferspeicher verteilt wird. Die Pufferspeicher werden im Normalfall über den Rücklauf der Kessel entleert, so merkt die Kesselregelung das genug Wärme vorhanden ist und der Spitzenlastkessel nicht angeht. Die Pumpen drücken dann den heißen Rücklauf in den Vorlauf und die Gaskessel gehen so gut wie nie an und wenn hat man eine direkte Rücklauftemperatur-Anhebung und der Gaskessel wird mittels BHKW unterstützt.


    Zitat

    5. In welchem Größenverhältnis sollte der Pufferspeicher zum BHKW ausgelegt werden? Hier benötigen wir lediglich einen Richtwert, da das natürlich stark von der Nutzungsweise abhängt. Angenommen wir betreiben ein BHKW mit 50 kW; eins mit 100 kW und eins mit 500 kW.

    Es ist schwierig zu sagen wie man die Pufferspeicher auslegt, das ist immer Objekt / Fernwärmenetz abhängig.

    Also bei einem XRGI 20 solltet ihr mindestens 1.000-2.000 Liter vorsehen, ich baue derzeit sogar 6.000 Liter mit einem 20er ein. So kann ich die Lastspitzen von Morgens - Mittags besser abdecken. Bei einem FW-Netz von 50 WE solltet ihr aber mindestens 8.000 Liter mit den 2x XRGI 15 einplanen, wobei das FW-Netz selbst auch als Pufferspeicher dienen kann. Ein 100 kW BHKW kann je nach Lastgang und Länge des FW-Netz zwischen 10 und 50m³ Pufferspeicher auskommen.

    Große BHKWs mit einer Feuerungsleistung von 1 MW also 1000 kW th. werden z.B. in größeren Krankenhäusern eingesetzt. Da dort rund um die Uhr warmes Wasser zum Heizen und Duschen etc. benötigt wird kann man auch ein 500 kW el. BHKW mit einem 10m³ Speicher nur ausstatten. Ihr merkt schon, es kommt komplett auf die Umstände an, wo das BHKW eingesetzt werden soll. Aber nehmt mal im FW-Netz ca. 60-75 Liter / 1kW el. an.


    Zitat

    6. Welchen Zeitraum der Wärmeversorgung sollte ein Pufferspeicher in einem Quartier allein abdecken können, wenn er vollgeladen ist?

    Am besten nur die Spitzenzeiten, also morgens von 6-9 Uhr und Abends von 17-20 Uhr. Die Pufferspeicher müssen so groß ausgelegt sein, dass die BHKWs genug Zeit haben diese in der Nacht und am Tag auch durchzupuffern. Nur im Notfall (unter -5°C Außentemperatur) sollte der Spitzenlastkessel zuschießen. Es gibt da bestimmte Formeln die mit "Q = " anfangen und das Puffervolumen sowie die Temeperaturdifferenz abfragen und damit die Wärmemenge in kWh berechnet werden kann, um die Spitzen morgens abzudecken (ein bisschen Recherche müsst ihr ja auch noch betreiben). Googlet mal "Berechnung / Auslegung von Pufferspeichern" bzw. "Wie viel Wärme kann ein Pufferspeicher aufnehmen".


    Ich hoffe die Antworten bringen euch ein klein wenig weiter. Sonst gerne mehr per PN ;) Grüße