Vitovalor PT2

  • Hallo zusammen ich habe mir auch, wie so viele, ein Angebot der Firma EW-Energy-World eingeholt. Leider ist mir dabei ein nicht unentscheidender Fehler unterlaufen.

    Ich habe das Alter meiner Heiziungsanlage mit ca. 20 Jahren angegeben. Diese wurde allerdings in 2009 durch eine Öl-Brennwertheizung ersetzt.

    Warum auch immer ich nicht daran gedacht habe, braucht hier nicht weiter kommentiert werden;), ist halt so.

    Da ich nun, nicht nur in diesem Forum, gelesen habe, das die Firma EW ihre Angebote wohl recht "Schön" rechnet und es darüber hinaus auch noch einige steuerliche Ungereimtheiten gibt, stellt sich für mich umsomehr die Frage, ob sich ein Umstieg auf diese neue Technik für mich jetzt schon rechnet und lohnt.

    Ich muß darüber hinaus die Anlage finanzieren und zudem auch noch einen Gasanschluß legen lassen, der bei meinem örtlichen Versorger ca. 1200€ kostet. Desweiteren wurde in meiner Berechnung die Wohnfläche "bis 280m²" angenommen, obwohl ich ca. 230m² angegeben habe.

    Ich füge der Einfachheit halber mal das Angebot von EW mit den fehlerhaften Angaben bei.


    Viele Grüße

    Thomas Schneider

  • Hallo nochmal. was in der Berechnung von EW noch fehlt, ist, das ich auch noch eine Solaranlage für WW und Heizungsunterstützung betreibe.


    Gruß

    Thomas Schneider

  • Moin Honka,


    Beginnend bei Deinem Beitrag #2: Wenn Du eine Solarthermie-(ST)-Anlage betreibst (und weiter betreiben möchtest), ist das von Haus aus schon mal ein gewichtiges Argument gegen eine PT2. In den technischen Unterlagen zur PT2 steht klipp und klar folgendes:


    Der Betrieb von Vitovalor PT2 in Verbindung mit Solarthermie ist nicht möglich. Dies würde die Laufzeiten von Vitovalor PT2 verkürzen und ein wirtschaftlicher Betrieb wäre nicht mehr gewährleistet.


    Zum Einen verträgt die PT2 keine hohen Rücklauftemperaturen, wie sie nun mal im Sommerhalbjahr meistens in einem ST-Speicher herrschen, aber auch mal mitten in der Heizperiode z.B. an einem sonnigen Februartag vorkommen können. Deshalb muss die PT2 hydraulisch vollständig vom ST-Speicher getrennt werden. ST-Heizungsunterstützung geht also mit einer PT2 schon mal gar nicht.


    Jetzt könnte man wahrscheinlich beide Systeme separat betreiben, z.B. indem man den ST-Speicher vom Heizkreis abtrennt und die TWW-Versorgung händisch oder über elektrisch ansteuerbare Ventile auf ST umschaltet, sobald im ST-Speicher ausreichende Temperaturen herrschen. Die PT2 würde sich dann einfach abschalten, sobald sie ihren eigenen Speicher geladen hat und keine Wärme mehr abgenommen wird. Das geht genau einmal am Tag. Rechnen dürfte sich der Aufwand eher nicht. Und da Du keine PV-Anlage hast (und nachts sowieso) musst Du in dieser Zeit den gesamten Strom aus dem Netz beziehen. Das geht auf die Wirtschaftlichkeit.


    Zu deren Beurteilung taugt die EW-Rechnung wie üblich nicht. Ein paar gröbere Klopper fallen einem sofort ins Auge:


    1) Gasverbrauch: Angesetzt werden 13.651 kWh für die PT2 und 7.800 kWh für den Zusatzbrenner, zusammen 21.451 kWh. Nach Wirkungsgrad und ohne den Anteil der Stromerzeugung kommen damit nicht mal 15.000 kWh Wärme im Jahr zusammen. Das passt in keiner Weise zu den derzeitigen 2.800 Litern Heizölverbrauch, so schlecht kann eine Heizung überhaupt nicht sein. Konservativ würde ich den Gasverbrauch der Therme deshalb locker um 8-10.000 kWh höher ansetzen als in der Rechnung.


    2) Stromerzeugung: Angesetzt werden 380 kWh Stromzukauf, demnach müssten 3.420 kWh (90%) aus der PT2 kommen. Das wäre selbst dann optimistisch, wenn die PT2 das ganze Jahr über durchlaufen würde. Mit dem angesetzten Gasverbrauch kann die PT2 aber nur ca. 6.200 Stunden laufen und 4.650 kWh Strom erzeugen. Nimmt man an, dass die PT2 vom 1.10. bis 30.4. durchläuft und 3.650 kWh Strom erzeugt, so wäre in dieser Zeit eine Autarkiequote von vielleicht 85% realistisch, das entspricht 1.900 kWh Eigenverbrauch. Angenommen die im Sommer ohne Solarthermie erzeugten 1.000 kWh könnten dank Energiemanager zu 100% selbst verbraucht werden, so kämen insgesamt maximal 2.900 kWh zusammen. Mit Solarthermie dürfte die Zahl eher gegen 2000 kWh gehen. (Dafür würden dann die Gaskosten um vielleicht 130 EUR niedriger ausfallen.)


    3) 90 EUR Einsparung durch eine neue Heizpumpe: Laut Fußnote 14, und einschließlich der 50 kWh, die eine Hochleistungspumpe für 5000 Stunden im Jahr immer noch braucht, hieße das, dass die jetzige Pumpe 400 kWh/a oder 80 Watt zieht. (Die TWW-Ladepumpe läuft so wenig, dass deren Verbrauch vernachlässigbar ist.) Da Deine Heizung 2009 erneuert wurde, halte ich es für nahezu ausgeschlossen, dass ein Wahnsinniger Dir damals noch ein solches Teil eingebaut hat. Wenn aber doch, so könntest Du jetzt für ca. 350 EUR eine neue Heizpumpe z.B. von Wilo oder Grundfos einbauen lassen und hättest vier Jahre Amortisationszeit. Eine Vitovalor brauchst Du dafür jedenfalls nicht.


    4) Die Wartungskosten der Vitovalor sind mit 300 EUR/Jahr angegeben. Laut den Beiträgen anderer User wird aber die Vitovalor nur mit obligatorischem Vollwartungsvertrag über 10 Jahre verkauft. Ich habe die Zahl jetzt nicht genau im Kopf, meine aber, dass der dafür anzusetzende Betrag (der beim Kauf vorab für 10 Jahre zu zahlen ist) aufs Jahr gerechnet eher bei 600 als bei 300 EUR liegt. In jedem Fall müsste man sich hier die Vertragsbedingungen noch mal genau durchlesen.


    5) Ein echtes EW-Sahnestückchen: Bei den Kosten werden EUR 272 "abzgl. KWK-Zuschlag" angerechnet. Mal abgesehen davon, dass diese Zahl sehr optimistisch ist: Bekommen tut man dieses Geld nur, wenn man auf die Pauschalzahlung für 60.000 Betriebsstunden mal 0,75 kW mal 4 ct/kWh = 1.800 EUR verzichtet - siehe auch Fußnote 5. Trotzdem taucht dieser Betrag unter den "Staatlichen Förderungen" mit 1.800 EUR noch mal auf, wird also doppelt gerechnet.


    5) Und natürlich stehen auch hier wieder EUR 1.130 "Einkommensteuer-Ersparnis". Zum letzten Mal, denn danach soll es mir egal sein: Mit einer Vitovalor (oder auch einem anderen Nano-BHKW KANN man keine Einkommensteuer sparen! Entweder es ist steuerneutrale Liebhaberei, oder man muss dafür sogar (wenn auch meist nur einen zweistelligen Betrag) Einkommensteuer zahlen.


    Jetzt kannst Du alle diese Zahlen mal in die Rechnung einpflegen und sehen was rauskommt. Ich fürchte, dass es für die Vitovalor in Deinem Fall nicht gut aussieht. Wenn aber doch, dann lass' Dir besser von einem seriösen Handwerker in Deiner Nähe ein Angebot machen. Die Seriosität der EW-Rechnungen hat sich leider offenbar nicht geändert.


    Gruß, Sailor

    Viessmann Vitotwin 300-W (1 kWel, 6 kWth) seit 2012

    PV-Anlage 8,45 kWp (65 x Solarworld SW 130poly Ost/Süd/West, SMA 5000 TL und 3000) seit 2010

    Solarthermie Viessmann Vitosol 300 Vakuumröhren 13,8 qm (Vorgänger Flachkollektoren 14 qm 2004-2021, davor 8 qm 1979-2003)

  • Hallo Sailor, vielen Dank für deine äußerst ausführliche Antwort, so ähnlich hab ich mir das schon gedacht.

    Die "Berater" von EW haben mir zwar auch gesagt, dass die Solaranlage dann überflüßig ist, das war mir schon klar,

    hätte ich aber in Kauf genommen.

    Leider ist es mit diesem Angebot genauso, wie mit allen anderen auch, wenn sich etwas (viel) zu gut anhört, müssen einem alle Alarmglocken klingeln, das war ja auch der Grund, mich im Internet zu informieren wodurch ich auf dieses Forum gestoßen bin.


    Vielen Dank dafür, das es dieses Forum, Euch, gibt.


    Wünsche allen ein schönes Wochenende.