Ökonomische Regelkreise nicht nur im EEG sondern auch im KWKG?

  • Guten Morgen,


    ich habe etwas Interessantes gefunden, was die Idee zur Impulsförderung incl. atmenden Deckel unterstützen könnte.


    Für die Regelungstechnik-Spezis: Statt dem PI-Regler würde ich vorerst einen einfacheren Proportional-Regler bevorzugen. Solange man die Regelstrecke (=Markt) nicht kennt und die Parametrisierung falsch wählt, kann es zu Überschwingern dank dem Integralanteil kommen. Was meint Ihr dazu?


    Wenn das hier Konsens ist, müssten wir noch mal eine Briefaktion für unsere MdBs starten. Ich habe mir sagen lassen, dass zur 50,2-Hertz-Nachrüstverordnung eine gut vierstellige Anzahl von Briefen eingetrudelt ist. Wer noch nicht an BNetzA, BMWi und BMU geschrieben hat, kann das gerne noch tun. Scheinbar ist das letzte Wort, wer die Nachrüstung bezahlen soll, noch nicht gesprochen. Das hat auch Relevanz bzgl. der rückwirkenden Retrofits, die ggf. mal durch den ENTSO-E Network Code wirksam werden. Das betrifft dann eventuell auch Anlagen vom Typ A, d.h. ab 400 Watt.


    Gruß,
    Gunnar



    Optimierung und Umstrukturierung der EEG-Förderung
    zur verbesserten Netz- und Marktintegration Erneuerbarer Energien,
    Gutachten im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi)
    http://www.photovoltaik.eu/fil…ten_Consentec_r2b_FGH.pdf


    Zusatzuntersuchung zur zukünftigen Ausgestaltung der Vergütungsregelung für Fotovoltaikanlagen (AP 8), S. 160ff


    8.5 Vorschlag zum zukünftigen Vergütungskonzept


    "Wir schlagen deshalb eine Vergütungsregelung mit flexibler Degression der Vergütungssätze vor, die auf einem selbstlernenden und somit automatisch nachsteuernden Mechanismus beruht, der keine periodischen Neujustierungen erfordert. [..] Dabei sollte die Vergütung in der Folgeperiode über einen sogenannten ökonomischen Regelkreis, d. h. eine Übertragung aus technischen Prozessen bekannter Regelungsmechanismen auf ökonomische Fragestellungen, bestimmt werden. Wir schlagen hier konkret die Anwendung eines sogenannten Proportional-Integral-Reglers vor." (S. 172f)

    Ist die Wärme kraftgekoppelt, wird die Energie gedoppelt. (Ulli Brosziewski)

  • Zitat

    Dabei sollte die Vergütung in der Folgeperiode über einen sogenannten ökonomischen Regelkreis, d. h. eine Übertragung aus technischen Prozessen bekannter Regelungsmechanismen auf ökonomische Fragestellungen, bestimmt werden.


    Hi,


    zu den ökonomischen Regelkreisen in der Energiepolitik ist mir neben dem atmenden Deckel (= zubauabhängige Vergütungsanpassung mit P-Regler) auch ein Anwendungsfall für die KWK eingefallen.


    Sie betrifft die Flexibilisierung des KWK-Zuschlags (vgl. mit der Präsentation Seite 9ff). Somit besteht auch bei kleinen KWK-Anlagen bis 2 MW (Abrechnung nach üblichem Preis, d.h. dem vorherigem Quartalsdurchschnitt), die mit einem RLM-Zähler ausgestattet sind (> 100.000 kWh Einspeisung pro Jahr, d.h. bei 5000 Vbh Anlagen ab 20 kW) der Anreiz den Ertrag über einen flexiblen KWK-Zuschlag zu maximieren. Wenn man es nicht ungeschickt macht, dann wird man natürlich die Niedrigpreiszeiten aussparen und die KWK-Anlage immer zu Höchstpreiszeiten betreiben.


    Die kleine KWK-Anlage hätte dann bei der Stromvermarktung nach wie vor niedrige Transaktionskosten, weil die nach KWKG der Netzbetreiber zum üblichen Preis abnehmen muss. Zusätzlich würde das Gesamtsystem profitieren, wenn auch kleine, nicht marktintegrierte Anlagen sich gemäß der Preisreferenz des Spotmarktes (1 h Werte) oder besser noch des Intraday-Handels (Viertelstundenwerte) marktkonform verhalten. Man müsste nur einen Radioempfänger installieren, der die verteilten Preisdaten (ähnlich wie Staumeldungen) aus der Luft saugt.


    Was haltet Ihr von diesem Vorschlag?


    Gruß,
    Gunnar

    Ist die Wärme kraftgekoppelt, wird die Energie gedoppelt. (Ulli Brosziewski)

  • Moin,


    Weiterhin wäre beim ETS - European Trading System, dem Handelssystem für Emissionszertifikate, ein ökonomischer Regelkreis ebenfalls hilfreich. Wenn man zusätzlich zum Mengeninstrument der Volumenbegrenzung ein Preisinstrument einfügt, könnte dies dabei helfen, die CO2-Preise wieder auf ein Niveau zu heben, die eine Anreizwirkung haben. Praktisch müsste man die Menge der EUA-Emissionszertifikate bei fallenden Preisen stärker als die Eindreiviertel Prozent pro Jahr reduzieren (und umgekehrt). Es würden dann bei niedrigen Preisen, weniger neue Zertifikate auf den Markt kommen und dies wäre ein Faktor, dass der Preis auf ein Niveau steigt, bei dem auch reale Einsparmöglichkeiten umgesetzt werden.


    Der Britische Carbon Price Floor, der über eine Zusatzsteuer die Kosten der CO2-Emissionen von 2013 and bei 16 GBP/Tonne CO2 stabilisieren und auf 30 GBP bis 2020 anheben soll, könnte dabei als Vorbild für die Referenzpreisentwicklung dienen.


    Gruß,
    Gunnar

    Ist die Wärme kraftgekoppelt, wird die Energie gedoppelt. (Ulli Brosziewski)

  • Moin Gunnar,


    soweit mir bekannt ist ja die anpassung der Zertifikatspreise nicht zuletzt an den deutschen Parlamentariern gescheitert. Die Briten haben Ihre CO2-Steuer auch nicht für oder wegen der Umwelt erfunden sondern ausschließlich um die heimischen Atomkraftwerke "Salonfähig" zu halten.


    http://www.global2000.at/site/…meuropa/article-akwuk.htm


    mfg

  • Ist da nicht immer eine Hysterese, sprich, eine Totzeit eingebaut, die immer zum Schwingen neigt? Der Radioempfang würde die Totzeit sicherlich verringern und wer auf die Anzeige schaut sicher auch gleich weiter "differenzieren", sprich, trends vorherzusagen. Ja, das ist ein gutes Argument für variable Einspeisepreise. Ja, proportionale, auf jeden Fall aber stetige Regelung. Ohne festen Deckel.



    Als Elektroautofahrer habe ich ja noch Schnelleres, Flexibleres, vor. Es geht ja nie um Leistungsergänzung, sondern immer um Überschuss. Lithium-Batterien halten am längsten, wenn sie in der Nähe von 1/3 Vollladung gehalten werden. Klar, erhält jedes Elektrofahrzeug solch ein Radio. In der heißen Mittagssonne oder bei Sturm zu fahren, ist eh beschwerlich.
    10 Millionen Fahrzeuge am Netz, das macht eine Aufnahmekapazität von 100 GWh. Der Deckel würde sich sehr hüten, sich sehr weit anzuheben.
    Zusätzliche Batteriebänke sind meiner Meinung nach überflüssig. 80 Gramm Lithium sind pro kWh Speicherfähigkeit erforderlich.20 Millionen Fahrzeuge zu 20kWh Speicherfähigkeit benötigen 32.000Tonnen Lithium. Die Weltproduktion beträgt derzeitig etwa 10.000 Tonnen, die überaus preiswert ausbeutbaren Vorräte betragen nach "MIR" 6 Millionen Tonnen. In Wahrheit ist der Lithiumvorrat unersättlich (Ozean) und auch dann noch preiswert zu gewinnen.
    LKWs haben wenig Standzeit und sind zur Netzstabilisierung ungeeignet.
    Ob man diesen Punkt, Zusammenwirken von BHKW, Windanlagen, PV und PKWs, möglichst auch in einem getrennten Stabilisierungsnetz im Mittelspannungsbereich, einmal ansprechen sollte? Immerhin besitzen die Mittelspannungstransformatoren in der Regel als einzige Anzapfungen zur Spannungsstabilisierung.
    Die Kleinst-BHKWs würden dann allerdings in den Hintergrund treten und würden auch ungeregelt keinen Schaden anrichten.


    Zitat aus Wikipedia ," Lithium-Akku":


    "In einer Studie[40] aus dem Jahr 1975 werden die Kosten für die Extrahierung von Lithium aus Seewasser auf 22 bis 32 US-Dollar pro Kilogramm geschätzt. Selbst wenn man diese Kosten für heute um den Faktor 10 multiplizieren müsste, wird der Preis für metallisches Lithium dadurch sehr viel weniger beeinflusst als durch die wechselnde Nachfrage. Die Menge des in den Ozeanen gelösten Lithiums übersteigt den Bedarf, der durch die vollständige Elektrifizierung des weltweiten Verkehrs entstünde, um viele Größenordnungen. Selbst für die Pufferung von Wind- und Solarstrom aller Stromnetze weltweit wären die Lithiumvorräte weit mehr als ausreichend."


    40:aus: ↑ Meyer Steinberg, Vi-Duong Dang: Preliminary Design and Analysis of a Process for the Extraction of Lithium from Seawater. 1975 (Lithiumextraktion aus Seewasser).


    Es sind sehr viele falsche Zahlen im Umlauf. Das sollte man auch einmal ansprechen.

  • Zitat

    soweit mir bekannt ist ja die anpassung der Zertifikatspreise nicht zuletzt an den deutschen Parlamentariern gescheitert. Die Briten haben Ihre CO2-Steuer auch nicht für oder wegen der Umwelt erfunden sondern ausschließlich um die heimischen Atomkraftwerke "Salonfähig" zu halten.


    Die Briten wollen ihre neu zu bauenden Kernkraftwerke vor allem mit einem Einspeisetarif refinanzieren. Aufgrund der negativen Lernkurve von Kernkraftwerken sehe ich selbst auf diesem Weg keine Renaissance der Kernenergie.


    Die Anhebung der CO2-Zertifikatspreise würde allerdings zu einem Fuel Shift führen, d.h. alte Kohlekraftwerke mit niedrigem Wirkungsgrad und hohem Kohleverbrauch könnten bei genügend hohem CO2-Preis durch moderne GuD-Kraftwerke (wie das darbende eon Kraftwerk in Irsching) ersetzt werden. Weiterhin wäre auch die optisch unangenehme Höhe der EEG-Umlage etwas gemildert, weil dann die Differenzkosten zurückgehen. Der Baseloadstrom aus Braunkohle kann nicht mehr für 10-20 €/MWh angeboten werden, sondern bei rund 1000 g CO2/kWh käme noch ein erheblicher variabler Kostenanteil für die Emissionen dazu. Auf diese Weise würde man die BK-Blöcke zu mehr Flexibilität erziehen, d.h. sie könnten nicht einfach für ein paar Stunden durchfahren, sondern wären ökonomisch gezwungen auch abzuschalten wenn genügend regenerativer Strom verfügbar ist.


    Des Weiteren hätte ein höherer Strompreis auch Vorteile bei der KWK, weil man für den eingespeisten Strom bessere Erlöse erzielen kann. Eigenverbrauch ist zwar extrem wichtig, aber nicht das alleinige Kriterium für die Wirtschaftlichkeit und den Ausbau des gesamten Potentials.


    Gruß,
    Gunnar

    Ist die Wärme kraftgekoppelt, wird die Energie gedoppelt. (Ulli Brosziewski)