BHKW - möglichst Eigenbau - bei diesen Eckdaten sinnvoll?

  • Guten Morgen zusammen,


    ich bin 22-jähriger Maschinenbau-Student aus dem Raum Würzburg. Im Wohnhaus meiner Eltern


    Wohnfläche: ca. 350qm
    Wärmebedarf: ca. 50.000 kWh/Jahr
    Strombedarf. ca. 7.000 kWh/Jahr
    erbaut vor ca. 150 Jahren


    nähert sich die Ölzentralheizung (21 KW) dem Ende ihrer technischen Betriebsdauer und fällt vor allem im Winter häufiger aus. Deswegen, und wegen der hohen Stromkosten wollen wir die Öl-Heizung gerne durch ein BHKW ersetzen, wissen aber nicht, ob sich das wirtschaftlich darstellen lässt.


    Ein Teil des Warmwassers wird noch mittels Boilern erzeugt, deren Strombedarf allerdings nicht bei den 7.000 kWh berücksichtigt ist. Falls wir mit dem BHKW "günstiger" Wärme erzeugen könnten, würden wir die Warmwassererzeugung vollständig darüber laufen lassen und noch einige - bisher ungheizte - Räume anschließen, wodurch der Wärmebedarf auf über 60.000 kWh steigen würde.


    Den überschüssigen Strom würden wir dann ins Netz des Energieversorgers (EON) einspeisen.


    Meine Frage ist nun, ob Ihr auf Basis dieser Daten abschätzen könnt, ob ein BHKW in unserem Fall geeignet wäre. Aus persönlichem Interesse würde ich das BHKW gerne selber bauen - falls das sinnvoll ist.


    Vielen Dank und Gruß


    Remi


  • Wohnfläche: ca. 350qm
    Wärmebedarf: ca. 50.000 kWh/Jahr
    Strombedarf. ca. 7.000 kWh/Jahr
    erbaut vor ca. 150 Jahren
    Ölzentralheizung (21 KW) am Ende ihrer technischen Betriebsdauer


    Habt ihr Erdgas vor der Tür? In der Regel wird von einer Dieselmaschine abgeraten, wenn Alternativen verfügbar sind: Höhere Wartungskosten, niedrigere Wartungsintervalle, höhere Störanfälligkeit. Liegt meist an der Rußentwicklung und den höheren Verbrennungsdrücken.


    Zitat

    Falls wir mit dem BHKW "günstiger" Wärme erzeugen könnten, würden wir die Warmwassererzeugung vollständig darüber laufen lassen und noch einige - bisher ungheizte - Räume anschließen, wodurch der Wärmebedarf auf über 60.000 kWh steigen würde.


    Das Warmwasser zentral über das BHKW zu erzeugen ist eine sinnvolle Maßnahme, das gibt zusätzliche Laufzeit im Sommer bei nutzvoller Verwendung der Wärme. Das Verschwenden von Wärme ist allerdings kontrapoduktiv (z.B. der geheizte Carport). Wärme kostet auch Geld und daher sollte auch im Rahmen einer Heizungsmodernisierung darüber nachgedacht werden, ob nicht auch einfach zu realisierende Dämmmaßnahmen (Dach bzw. oberste Geschossdecke, Kellerdecke) gleichzeitig realisiert werden können.


    Zitat

    Den überschüssigen Strom würden wir dann ins Netz des Energieversorgers (EON) einspeisen.


    Damit verdient man kein Geld. Ein Mini-BHKW hat variable Erzeugungskosten für den Strom von rund 10 ct/kWh. Für die Einspeisung bekommt man den üblichen Preis (EEX) und vermiedene Netznutzungsentgelte (vNNE). Das sind rund 5-6 ct/kWh. Dazu kommt in den ersten 10 Jahren noch der KWK-Zuschlag von rund 5 ct, den gibt es für den produzierten Strom, d.h. auch für den Eigenverbrauch. Wenn nach 10 Jahren der Zuschlag wegfällt, dann wird aus dem Nullsummenspiel ein Verlustgeschäft.
    Merke: Bei Mini-Kraftwärmekopplern in Deutschland immer darauf achten, dass der Strom überwiegend objektintern genutzt wird.


    Zitat

    Meine Frage ist nun, ob Ihr auf Basis dieser Daten abschätzen könnt, ob ein BHKW in unserem Fall geeignet wäre. Aus persönlichem Interesse würde ich das BHKW gerne selber bauen - falls das sinnvoll ist.


    Ich schätze mal, dass Deine Eltern um die 50 sind und es bei Dir nicht zu 100% sicher ist, dass Du die nächsten 15-20 Jahre noch bei Deinen Eltern wohnen wirst bzw. nach Abschluss deines Studiums in der Gegend bleibst. Daher glaube ich, dass es Deine Eltern zu schätzen wissen, wenn Sie eine Servicenummer anrufen können und dann ein Kümmerer vorbeikommt. Das funktioniert bei Eigenbauten eher nicht. Der Eigenbau ist etwas für den situierten und fähigen Bastler im Eigenheim, der seinen Heizungskeller zur Hobbywerkstatt ausbauen möchte.


    Gruß,
    Gunnar

    Ist die Wärme kraftgekoppelt, wird die Energie gedoppelt. (Ulli Brosziewski)

  • Hallo Gunnar,


    vielen Dank für die schnelle Antwort.


    Dass die Einspeisung ins öffentliche Netz derart uninteressant ist, hätte ich nicht gedacht, aber gut, das macht die Angelegenheit dann (hoffentlich) auch einfacher in der Umsetzung.


    Lohnt sich ein BHKW in unserem Fall dann überhaupt, unser therm. Energiebedarf ist ja 7 mal so hoch wie der elektrische? Wenn man dann die 7000kWh Strom erzeugt hat, erhält man dabei ja ca. 15.000 kWh thermische Leistung. Für den restlichen Wärmebedarf blieben nur drei Möglichkeiten:


    - Den Strom einspeisen ( uninteressant?)
    - Über eine andere Heizung zuheizen (wir bräuchten noch eine neue Ölheizung)
    - Auch den erzeugten Strom zum Heizen verwenden


    Ich hoffe meine Fragen sind nicht allzu anfängerhaft, stehe aber erst am Anfang der Einarbeitung in das doch recht komplexe Thema.


    Vielen Dank und Gruß


    Remi

  • Dazu kommt in den ersten 10 Jahren noch der KWK-Zuschlag von rund 5 ct, den gibt es für den produzierten Strom, d.h. auch für den Eigenverbrauch. Wenn nach 10 Jahren der Zuschlag wegfällt, dann wird aus dem Nullsummenspiel ein Verlustgeschäft.


    So nicht ganz richtig. Ich habe noch keinen Motor gesehen, der bei diesen Werten länger als 10 Jahre hält. Wird die Anlage wesentlich erneuert ( 50% ) gibt es wieder die ca. 5 ct KWK-Zuschlag. Ein neuer Motor plus ein einige andere Updates gilt als wesentliche Erneuerung. Welche Gesetze aber in 10 Jahren gelten wissen wir alle nicht. Das KWK-Gesetz ist in den letzten 10 Jahre min. 3 mal geändert worden. Nicht zu reden von den begleitenden Maßnahmen. Außerdem sollte man so kalkulieren, dass ein BHKW nach 10 Jahren abgeschrieben ist. Bei den vorgenannten Verbrauchsdaten ist dies nach meiner Meinung sinnvoll.

    Rechnen hilft. Bleistift, Stück Papier und ein Taschenrechner und man wird sich über einige Ergebnisse wundern. ?(
    http://perdok.info/
    Oscar Perdok GmbH
    Gildeweg 14, 46562 Voerde
    Beratung, Planung und Installation von: KWK-Anlagen, PV-Anlagen, Stromspeicher mit Notstromfunktion, Eigene Herstellung von Ladestationen für E-Mobile, Energie-Effizienz incl. Kosten/Nutzen-Betrachtung, Ladestation für E-Mobile (kostenlos)


  • Lohnt sich ein BHKW in unserem Fall dann überhaupt,


    Du kommst aus Baden-Württemberg?
    Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWärmeG) in BaWü
    Auch im Bestand ist beim Austausch der Heizung der Einsatz erneuerbarer Energien zu 10% vorgeschrieben.
    Oder eine Ersatzmaßnahme, wozu auch eine stromerzeugende Heizung als Energieeffizienzmaßnahme gehört.


    Moment mal: Google Maps verrät mir, dass Neubronn in Franken liegt - da ist bei Deinem Profil etwas durcheinandergeraten.
    Als bayerischer Staatsbürger hast Du Pech gehabt. Dann lohnt sich ein Mikro-BHKW nicht, da du nicht verpflichtet bist, in eine Solarheizung oder etwas Alternatives zu investieren. Das BHKW im EFH ist vorerst als persönliche Liebhaberei und Ausdruck eines Ökobewusstseins zu verstehen, weniger als schnell rentierliche Cash Cow.


    Zitat

    Wenn man dann die 7000kWh Strom erzeugt hat, erhält man dabei ja ca. 15.000 kWh thermische Leistung.


    Arbeit. Die Leistung beträgt 21 kW Ölkessel, macht also rund 2500 Betriebsstunden pro Jahr für die 50.000 kWh_th.


    Zitat


    Für den restlichen Wärmebedarf blieben nur drei Möglichkeiten:
    - Den Strom einspeisen (uninteressant?)
    - Über eine andere Heizung zuheizen (wir bräuchten noch eine neue Ölheizung)
    - Auch den erzeugten Strom zum Heizen verwenden


    BHKWs sind teure Grundlastaggregate, sie werden in der Regel mit einem billigen Spitzenlastaggregat (Kessel) ergänzt. Die Mikro-Stirlings haben den Zusatzbrenner normalerweise mit integriert. Variante 2 ist die übliche. Für 3 braucht man kein aufwendiges BHKW: wenn der Strom sowieso wieder in Wärme gewandelt wird, dann reicht auch ein einfacher Kessel. Variante 1 kann man manchen, wird auch teilweise gemacht, aber über eine Modulation kann man die Stromerzeugung besser anpassen an den Strombedarf (siehe ecopower 3.0)


    Könnt ihr auf Gas umstellen? Kleine Heizöl-BHKW haben höhere Betriebskosten und die Auswahl ist nicht so groß.


    Gruß,
    Gunnar


    @Oscar hat schon recht, in 10 Jahren kann eine Menge passieren. Allerdings sehe ich einen Motortausch noch als Instandhaltungsmaßnahme, die sowieso nach 20-40 Th fällig wird. Hier im Forum gibt es schon die ersten Fälle, die 2012 aus der Förderung nach KWKG fallen. Dann ist ein BHKW, das nicht im Eigenverbrauch läuft, sondern 3/4 des Stromes zurückspeist, eine Geldverbrennungsmaschine. Man erzeugt Strom für rund 8-10 ct und bekommt etwa 5 dafür. Abschalten und Kessel einschalten ist hierfür eine Lösung.

    Ist die Wärme kraftgekoppelt, wird die Energie gedoppelt. (Ulli Brosziewski)

  • Wird die Anlage wesentlich erneuert ( 50% ) gibt es wieder die ca. 5 ct KWK-Zuschlag.

    Bist Du ganz sicher???? 50% Erneuerung stimmt ABER nur einhergehend mit einer Effizienzsteigerung - genau das ist aber bei aktuellen mini BHKW schlecht möglich!!


    mfg

  • ABER nur einhergehend mit einer Effizienzsteigerung


    Keine Effizienzsteigerung sondern die erneuerten BHKWs müssen hocheffizient sein. Nach der EU-Definition ist das ecopower das immer schon gewesen. Beim Senertec mit Gas müsste man den Kondensor nachrüsten, wenn dieser nicht vorhanden ist. Bei Heizölgeräte ist das wohl ein Problem.

    Rechnen hilft. Bleistift, Stück Papier und ein Taschenrechner und man wird sich über einige Ergebnisse wundern. ?(
    http://perdok.info/
    Oscar Perdok GmbH
    Gildeweg 14, 46562 Voerde
    Beratung, Planung und Installation von: KWK-Anlagen, PV-Anlagen, Stromspeicher mit Notstromfunktion, Eigene Herstellung von Ladestationen für E-Mobile, Energie-Effizienz incl. Kosten/Nutzen-Betrachtung, Ladestation für E-Mobile (kostenlos)


  • Keine Effizienzsteigerung sondern die erneuerten BHKWs müssen hocheffizient sein. Nach der EU-Definition ist das ecopower das immer schon gewesen. Beim Senertec mit Gas müsste man den Kondensor nachrüsten, wenn dieser nicht vorhanden ist. Bei Heizölgeräte ist das wohl ein Problem.


    Im KWKG §3(11) wird zur Definition auf die KWK-Richtlinie 2004/8/EG verwiesen. Im Anhang III ist das Hocheffizienzkriterium der KWK erläutert: Primärenergieeinsparung um 10% gegenüber der getrennten Erzeugung von Strom und Wärme.
    Kleinstanlagen bis 50 kW werden per se als hocheffient angesehen. (Die ursprünglichen 500kW aus Art 3m wurden später herunterkorrigiert, so dass die Größenstufung auch zum deutschen KWK-G gleichgeschaltet ist - vielleicht war es auch nur ein Tippfehler.)


    Gruß,
    Gunnar

    Ist die Wärme kraftgekoppelt, wird die Energie gedoppelt. (Ulli Brosziewski)