Grenz - CO2 pro kWh im Strommix z.b. in DE

  • Hallo in die Runde,
    in Anlehnung an das bekannte Wort "Grenzkosten" in der BWL möchte ich mal die CO2-Emissionsfaktoren der Stromprokuktion als Grenz - CO2 pro kWh im Strommix zu Diskussion stellen.


    Hintergründe sind z.B. folgende:

    1) Wenn ich ein eMobil oder eine Wärmepumpe ans Netz anschließe, muss i.d.R. zusätzlicher Strom breitgestellt werden. Dieser Strom hat sicherlich nicht den Footprint des mittleren Strommixes, da ja zusätzliche Kraftwerke durch diese Art von neuer Anwendung aufgeschaltet werden, z.B. auf Steinkohle basierende mit einem 2x höheren Emissonswert als der aktuelle Mittelwert des Strommixes.
    2) Wenn ich PV einspeise ist anderes rum. Hier kann "das Steinkohle Kraftwerk" abgeschaltet werden. Der CO2 Effekt wäre möglicher Weise höher, wenn ich den PV-Strom einspeise und nicht im eMobil selbst nutze und statt dessen ein hocheffizientes Dieselfahrzeug mit Primärenergie fahre.

    Jetzt zu meiner Frage: Die mittleren spezifischen Emissionen z.B. des deutschen Strommix findet man recht schnell z.B. auf der Seite des UBA. Bzgl. Aussagen zum Grenz - CO2 pro kWh im Strommix bin ich auf die Schnelle nicht fündig geworden. Sicherlich hat sich schonmal jemand damit beschäftigt z.B. als Standarabweichung der Emissionsbeiträge im mittleren Strommix. Wer könnte mir hier bei Suche bitte etwas auf die Sprünge helfen.

    Danke im Voraus + Grüsse, KWK

  • Das ist eigentlich nicht schwer.

    Spitzen werden eigentlich immer mit Erdgas Kraftwerken aufgefangen, und lustigerweise haben genau diese die niedrigsten Co2 Emissionen

    (von den fossilen Teilnehmern der Merit Order)


    Von der Seite her kannst du dir deinen Diesel auch nicht mehr schönrechnen ^|__|^

    Ein BEV mit 100% Erdgasstrom ist um Welten co2 ärmer als dein Diesel.

    50kw elektrisch Erdgas BHKW von Yados

    25kw Absorptionskältemaschine aus BHKW-Abwärme

    Photovoltaikanlage 99,9 kwp

  • Ich bin davon überzeugt, dass diese Rechnung nur dazu geeignet ist, den Blick aufs Wesentliche zu vernebeln.

    Man muss für alles den Strommix ansetzen. Außerdem werden erneuerbare Energien zugebaut während der Verbrauch (zumindest einige Jahre) gesunken ist...


    Schau Dir die Argumentation anders herum an: Wenn ich einen Moment abpasse, wo 100% EE im Netz ist - das passiert z:B. um Ostern herum gelegentlich - und ich dann alle Stromverbraucher in meinem Haushalt anschalte und an lasse, dann müssten die ja folglich dauerhaft mit super sauberem EE-Strom laufen. Weil ja die anderen dann das Kraftwerk fordern, was die schlechteren Emissionen hat.


    Es klingeln bei mir übrigens immer sämtliche Alarmglocken, wenn jemand in einer Diskussion von hocheffizienten Dieselfahrzeugen schreibt

  • Also was es gibt ist diese Seite, auf der man den CO2-Faktor des Strommixes aktuell in Echtzeit – oder für einstellbare längere Zeiträume – abgebildet findet.


    Grundsätzlich lässt sich sagen, dass (auch einschließlich Vorkette) die Stromerzeugung aus Erdgas die niedrigsten Klimagas-Emissionen pro erzeugter kWh hat. Steinkohle und insbesondere Braunkohle sind deutlich schlechter. Aber die Unterschiede sind nicht so gewaltig, dass es sich beispielsweise lohnen würde, bevorzugt in Zeiten eines hohen Gasanteils zu laden und bei hohem Kohle-Anteil eher nicht. Was für den Emissionsfaktor im Strommix allein zählt, ist der EE-Anteil.


    Deshalb ist es besser Seiten wie diese aufzurufen. Dort siehst Du sehr gut, wie sich zu verschiedenen Tages- und Jahreszeiten der Strommix zusammensetzt und kannst dann die CO2-Emissionen mit den Faktoren aus Tabellen wie z.B. hier umrechnen. Aber auf die genaue Umrechnung kommt es nicht an: Es genügt, wenn man sieht zu welchen Jahres- und Tageszeiten relativ viel fossiler Strom im Netz ist und wann üblicherweise EE-Strom überwiegt.


    Daraus lässt sich auch ableiten, welcher Zeitpunkt in der Vergangenheit für das Laden des E-Autos unter Klimagesichtspunkten der richtige gewesen wäre. In den Wintermonaten ist das fast egal, da müsste man das Auto theoretisch laden wenn Wind weht. Das lässt sich natürlich nicht vorhersagen. Immerhin ist die Stromnachfrage in der Nacht verlässlich geringer, so dass bei gegebener Windleistung der EE-Anteil am Mix nachts durchschnittlich höher ist als am Tag. Ungefähr ab Woche 9 kehrt sich das um, weil ab März die PV-Stromerzeugung am Mittag deutlichere "Dellen" in die fossile Erzeugung macht als die schwächere Nachfrage in der Nacht.


    Unterm Strich würde ich als Faustregel formulieren: November bis Februar eher nachts von 23:00h bis 05:00h laden, März bis Oktober eher in den Mittagsstunden von ca. 10:00h bis 16:00h. Die Feinsteuerung kannst Du anhand der o.g. Diagramme und des Wetterberichts vornehmen. :)

    Der CO2 Effekt wäre möglicher Weise höher, wenn ich den PV-Strom einspeise und nicht im eMobil selbst nutze und statt dessen ein hocheffizientes Dieselfahrzeug mit Primärenergie fahre.

    Wie Du aus den Diagrammen siehst bzw. errechnen kannst, ist zu den Jahres- und Tageszeiten, wo Du Dein Auto mit PV-Strom laden kannst, die Emission aus dem Strommix fast immer günstiger als zu den restlichen Tageszeiten. Der Grund dafür ist einfach, dass – wenn Deine PV-Anlage gut läuft – alle anderen PV-Anlagen das auch tun und deswegen den emissionsfreien Anteil am Mix steigern. Deshalb lohnt es sich unter Klimagesichtspunkten eigentlich immer (wenn man kann) mit PV zu laden. Aber was ist, wenn die Sonne mal nicht scheint?


    Dieselkraftstoff hat einschl. Vorkette Emissionen von 3,32 kg CO2/Liter. Ein hocheffizientes Mittelklasse-Dieselfahrzeug wie der Passat 2.0 TDI verbraucht laut technischen Daten 4,3 l Diesel auf 100 km. Angenommen diese Angabe wäre im Praxisbetrieb erreichbar (wir wissen alle, dass das kaum möglich ist), so würde dieses Fahrzeug einschl. Vorketten-Emissionen 4,3*3320/100= 142 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen. Bei einem realistischeren Verbrauch von 5 Litern wären es 165 g/km.


    Ein E-Auto in der Mittelklasse dürfte in der Praxis ca. 20 kWh/100 km verbrauchen. Würdest Du es – rein theoretisch – mit reinem Steinkohlestrom laden (820 g CO2/kWh) so kämest Du damit auf 20*820/100= 164 g/km.


    Fazit: Wenn Du im März bis Oktober Dein E-Auto mit Sonne lädst und die Sonne dann plötzlich weggeht, ist im Vergleich zum sparsamen Diesel immer noch kein Schaden entstanden. Nur der Klimavorteil des E-Autos ist in dem Fall vorübergehend weg.

    Viessmann Vitotwin 300-W (1 kWel, 6 kWth) seit 2012

    PV-Anlage 8,45 kWp (65 x Solarworld SW 130poly Ost/Süd/West, SMA 5000 TL und 3000) seit 2010

    Solarthermie Viessmann Vitosol 300 Vakuumröhren 13,8 qm (Vorgänger Flachkollektoren 14 qm 2004-2021, davor 8 qm 1979-2003)

    Einmal editiert, zuletzt von sailor773 () aus folgendem Grund: Typos

  • wenn man sieht zu welchen Jahres- und Tageszeiten relativ viel fossiler Strom im Netz ist und wann üblicherweise EE-Strom überwiegt.

    In meinen Augen ist der Schlüssel nicht der Mix, was ich reinlade. Entscheidend ist, ob gerade alle verfügbare EE genutzt wird, oder ob es Abschaltungen/Reduzierungen gibt. Wenn ich den Ladevorgang in eine Zeit der Abschaltung von EE verlegt bekomme, dann habe ich "sauberen Strom" Strom. Zu allen anderen Zeiten ist die Rechnung lediglich "linke Tasche - rechte Tasche".


    p.s. De facto ist auch der Eigenverbrauch von PV-Strom ökologisch ein Nullsummenspiel. Wenn ich PV-Strom einspeise braucht halt ein anderer weniger Kohlestrom.

    Der Vorteil ist rein finanziell.

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    Einmal editiert, zuletzt von bluwi () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von bluwi mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • Wenn in einem Netzgebiet EE Anlagen abgeregelt werden müssen, wegen zu hoher Netzspannung könnte man genau dann laden

    und dann muss eben um den "geladenen" Strom weniger abgeregelt werden.

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  • Wenn man beim Laden jedesmal darauf warten will bis (ansonsten) abgeregelter PV-Strom zur Verfügung steht, dann sollte man besser zum "hocheffizienten Diesel" greifen. PV-Strom wird derzeit noch nur sehr wenig abgeregelt. Beim Windstrom ist das anders – nur beschränkt sich die Empfehlung dann wegen der fehlenden Übertragungsleitungen auf Norddeutschland. In Süddeutschland kann es passieren, dass bei hohem Windaufkommen an der Küste (um die Netzstabilität zu gewährleisten) alles Fossile was sich noch dreht – inklusive alter Ölkraftwerke – angeworfen werden muss.


    Natürlich wird sich das ändern, wenn mal das Dreifache an PV-Kapazität installiert ist und vielleicht auch endlich die Netzengpässe beseitigt sind.


    Also wenn ich mal ein E-Auto habe, werde ich es von März bis Oktober mittags und im Winter nachts laden (wir haben eine PV-Anlage, einen Zweitarifzähler und ein BHKW), und gut is'. Nach der 80/20 Regel passt das nicht nur finanziell sondern auch vom Klima her, und genauer kriegt man das als Privatperson sowieso nicht hin. Und in zehn Jahren entscheidet das dann die KI in der smarten Wallbox: Vielleicht kann man bis dahin sogar über eine App wählen ob man klima- oder finanzoptimiert laden möchte. Wobei ich überzeugt bin, dass diese Alternativen auch zukünftig weitgehend deckungsgleich sein werden.

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    Einmal editiert, zuletzt von sailor773 ()

  • Wenn in einem Netzgebiet EE Anlagen abgeregelt werden müssen, wegen zu hoher Netzspannung ........

    Meines Wissens ist eine zu hohe Netzspannung nicht das Problem, sondern wenn dann eine steigende Frequenz.

    Die Reduzierung der Einspeisung wird dann als negative Regelenergie bezeichnet.


    Das Problem wurde bereits angesprochen, dass abgeregelt werden muss, da die Übertragungsleitungen insbesondere nach Bayern nicht zur Verfügung stehen.

    Somit kannst Du z.B. bei abgeregelten Windstrom in Norden Deutschland im Süddeutschland dein Elektroauto nicht mit "abgeregelten Windstrom" laden.

  • Dieselkraftstoff hat einschl. Vorkette Emissionen von 3,32 kg CO2/Liter.

    Ich möchte nicht kleinlich sein, aber du meinst sicherlich Gramm pro Liter.


    Kannst du auch einen entsprechenden Wert für a) Pflanzenöl (oder Biodiesel) und b) (Bio)Ethanol angeben? Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wo ich sowas suchen muss, aber diese Zahlen müssten, wenn ich mit ganz spitzem Bleistift rechne, dem Kraftstoff ja noch angerechnet werden.

    Alternative: Ich fahre meinen Pkw Diesel mit Pflanzenöl oder den Benziner mit Bioethanol - die müssten das BEV doch beide gut unterbieten?

    Werkstatt:

    PV 4,8 kWp BHKW Senertec Dachs HR AltölumbauHolzvergaser Atmos DC30GSE

    Haus:

    PV 5,4 kWp Inselwechselrichter 5,0 kW26 kWh Batteriespeicher BHKW Senertec Dachs HR NE Holzvergaser Buderus Logano S161 ● Windrad Makemu Domus 0,0 kW ● Autarkie: 100%

  • Wenn in einem Netzgebiet EE Anlagen abgeregelt werden müssen, wegen zu hoher Netzspannung könnte man genau dann laden

    und dann muss eben um den "geladenen" Strom weniger abgeregelt werden.

    nur als Ergänzung: das war "theoretisch" gemeint von mir, weil man natürlich den Zeitpunkt nicht kennt an dem abgeregelt wird.


    Ich wollte damit nicht sagen daß man damit sein E-Auto zu 100% laden kann.


    Aber die Menge an abgeregelter Energie ist auch nicht gerade zu vernachlässigen, da könnte man schon was sinnvolles anstellen damit:

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  • Aber die Menge an abgeregelter Energie ist auch nicht gerade zu vernachlässigen, da könnte man schon was sinnvolles anstellen damit

    Das ist uns allen klar, zum einen müssen ganz massiv Leitungen von Nord nach Süd gelegt werden, was Süddeutschland ja nicht will und Jahrezehnte lang prima verhindert hat.


    Zum anderen wird man wohl künftig Wasserstoff machen, meines Wissens.